Ein Lord mit besten Absichten
nur getan hat, weil er sie vor dir beschützen wollte.«
»Daran glaubt sie fest«, sagte Noble verbittert und ließ den Blick grimmig auf seine Stiefel sinken.
»Wegen jener Nacht, Noble – ich weiß, du möchtest nicht darüber reden, aber hast du Gillian erzählt, was passiert ist? Was wirklich passiert ist, nicht, was Carlisle ihr erzählt haben dürfte?«
»Dafür war noch keine Zeit. Nach meinem Gespräch mit Nick hielt Gillian es für das Beste, ihn mit etwas Fröhlichem abzulenken, und ist mit ihm in den Zoo gegangen.«
Rosse rückte seine Brille gerade. »Ich kann mir gut vorstellen, was Carlisle ihr erzählt hat – ich hatte damals schwer zu kämpfen, ihn von dir herunterzuzerren. Ich dachte wirklich, ich wäre zu spät gekommen, als ich die Pistolenschüsse hörte und dich in der Blutlache fand, mit Carlisles Händen wie einem Schraubstock um deine Kehle.«
Noble verzog das Gesicht und rieb sich den Hals. »Ich konnte wochenlang nicht sprechen. Gott sei Dank hast du mich damals nicht im Stich gelassen.«
»Das waren keine schönen Zeiten für dich«, sagte Rosse in lockerem Ton. »Du brauchtest ein freundliches Gesicht um dich, bei all deinen sauertöpfischen Verwandten. Ich habe nie herausgefunden, warum Carlisle in der Nacht da war – du etwa?«
»Ja. Er hat mir eine Nachricht von Elizabeth gezeigt, in der stand, sie hätte mitangehört, dass ich ihre Ermordung plante. Er war gekommen, um den Ritter in glänzender Rüstung zu spielen, der die holde Jungfer in Not rettet.«
Rosse blinzelte vorsichtig, als er die Wut in der Stimme seines Freundes bemerkte. »Du meinst … sie hat ihn dort hingelockt?« Seine Gedanken rasten, sprangen schnell über falsche Eindrücke hinweg, hin zu logischen Schlussfolgerungen. »Hatte sie vor, dir etwas in die Schuhe zu schieben? Etwas, das mit Carlisle zu tun hatte?«
Noble schüttelte den Kopf und rieb sich die Hände. Allein der Gedanke an jene Nacht ließ ihn frösteln. »Nein. Mittlerweile denke ich – jetzt, da ich von dem zweiten Mann weiß –, ich denke, er und Elizabeth hatten vor, Carlisle zu benutzen.«
»Wofür?«
»Als Sündenbock für meine Ermordung.«
Rosses Kiefer klappte herunter.
»Da seid ihr ja! Du meine Güte, Weston, die Kunde geht durch alle Clubs – du hast das Duell abgesagt? Du hast dich entschuldigt? Bei meiner Ehre, ich hätte nie gedacht, dass du mal eine Forderung zurücknehmen würdest!«
»Ich habe mich entschuldigt«, sagte Noble gelassen, während er dem Marquis einen Blick zuwarf, der ihn wissen ließ, dass ihr Gespräch beendet war.
»Aber … aber warum?«, stammelte Sir Hugh. »Das … das sieht dir nicht ähnlich, Mann, ganz und gar nicht. Du fühlst dich doch hoffentlich gut? Oder bist du etwa krank? Doch nichts Ernstes?«
»Mir geht es ganz gut, Tolly, du brauchst nicht über mir zu wachen wie eine Riesenglucke.«
Sir Hugh errötete, als er bemerkte, mit welchem Abscheu Noble seine pflaumenfarbene Weste mit der scharlachroten Stickerei betrachtete. »Ich konnte es nicht glauben, aber wenn du sagst, dass es so ist …« Sir Hugh zuckte die Achseln und machte es sich im nächstbesten Sessel bequem. »Warum die langen Gesichter, wenn die ganze Sache doch erledigt ist?«
Noble wollte ihn gerade aufklären, als ein Schatten über sie fiel.
»Ich nehme die Entschuldigung an«, sagte Lord Carlisle, während er mit einem Paar weicher Lederhandschuhe in der Hand vor Noble stehenblieb. »Betrachte diesen Punkt als erledigt. Ich habe mich jedoch erkundigt. Das war dein Haus. Und wenn du meinst, du könntest deinen Crouch verkleiden, indem du seine hässliche Visage hinter einem schwarzen Seidentuch versteckst, irrst du dich.«
Noble zuckte nicht mal mit der Wimper, als Carlisle ihm mit einer kurzen Bewegung aus dem Handgelenk die Handschuhe an die Wange klatschte. »Sieh dies als Herausforderung an.«
Noble schürzte die Lippen für einen Moment, dann bückte er sich, um die Handschuhe aufzuheben, die Carlisle ihm vor die Füße geworfen hatte. Er gab sie ihm zurück. »Nein.«
Sir Hugh verschlug es den Atem. Carlisle starrte ihn an. »Wie nein?«
»Nein. Ich nehme die Herausforderung nicht an. Ich kann sehr gut verstehen, dass dich das, was meine Frau getan hat, aufregt. Daher entschuldige ich mich für sie.«
Carlisle glotzte nur. »Du … entschuldigst dich?«
Noble nickte. »Richtig. Die ganze Aktion war allein ihre Idee, und zwar, weil sie kein Blutvergießen zwischen uns wollte. Da sie jedoch meine
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