Ein Lord mit besten Absichten
– wir finden heraus, wer Nobles Feinde sind, und befragen sie.«
Die Quasten baumelten verwegen vor ihren Augen hin und her, als sie zur Bekräftigung nickte.
Charlotte schien Zweifel zu haben. »Wie willst du seine Feinde ausfindig machen?«
»Na ja …« Gillian balancierte das Kissen auf den Zehen eines Fußes, während sie wieder überlegte. Dann erhellte langsam ein Lächeln ihr Gesicht, als sie das Kissen mit einem Tritt hoch in die Luft schleuderte. Nick sprang auf, um es zu fangen. »Ich werde die Menschen fragen, die ihn am besten kennen.«
Sie klopfte ihrer Cousine auf die Schulter und erhob sich. »Wer kennt einen Mann besser als alle anderen, Char?«
»Seine Freunde? Seine Familie? Sein Kammerdiener?«
Gillian schüttelte jedes Mal den Kopf. »Leg das Kissen hin und verabschiede dich von deiner Cousine, Nick. Nein, Charlotte, ich denke da an jemanden, der alle
on-dits
kennt, jemand, der mit dem Klatsch vertraut und bereit ist, dieses Wissen mit mir zu teilen. Ich treffe mich also mit« – sie setzte ein triumphierendes kleines Lächeln auf – »seinen Bettkaninchen.«
»Bettkaninchen?« Charlotte prustete laut los und klammerte sich an das Kissen, als sie vor Lachen hintenüberkippte. »Bettkaninchen? Ich glaube, du meinst Betthasen!«
»Oh.« Gillian schnitt eine Grimasse. »Wie auch immer sie heißen, die werde ich fragen. Sie können mir bestimmt sagen, was ich wissen will.«
»Weißt du was, Cousinchen«, sagte Charlotte, die noch immer lachen musste, »ich glaube, wenn jemand so etwas fertigbringt, dann du. Keine andere Frau hätte den Schneid, geschweige denn den Wunsch, mit den Exmätressen ihres Mannes zu sprechen. Wenn euch Unzivilisierten aus den Kolonien danach ist, tut ihr einfach so, als ob ihr nichts von den Regeln der vornehmen Geburt und des feinen Benehmens versteht. Ach, ich wünschte, ich könnte dabei sein, wenn du sie befragst. Ich würde das Nadelgeld eines ganzen Jahres dafür hergeben, ihre Gesichter sehen zu können, wenn du sie nach Lord Weston fragst.«
Gillian schob ihren Stiefsohn sanft in Richtung Tür. »Sehen wir uns morgen, um uns gemeinsam eine Strategie auszudenken?«
Charlotte nickte und wirbelte das Kissen herum. Gillian verabschiedete sich, ging zur Tür und öffnete sie.
»Ach, Char?« Ihre Cousine blickte mit leicht kraus gezogener Stirn auf. Gillian lächelte. »Gib nichts mehr von deinem Nadelgeld aus. Du wirst mir nämlich helfen, die Betthasen zu befragen. Schließlich kann ich das unmöglich alleine erledigen, so unzivilisiert wie ich bin, und wo ich doch so wenig von den Regeln der vornehmen Geburt weiß. Ich bin sicher, dass deine adelige Abstammung und dein exquisites Benehmen genau das Richtige sind, um sie aufzutauen und dazu zu bringen, uns alles zu erzählen, was wir wissen wollen.«
Gillian entwischte durch die Tür, kurz bevor das Kissen aufschlug. Sie lachte leise über den einer Dame wenig würdigen Wortschwall hinter der Tür und folgte Nick nach unten in die Halle.
»Crouch, ich möchte zu Lord Carlisles Haus. Haben Sie die Adresse?«
»Was wolln Se tun, M’lady?«
»Ich möchte zu Lord Carlisles Haus. Morgen.«
Crouch starrte Gillian an, als er ihr in die Kutsche half. »Lord Carlisle, M’lady?«
»Ja, Lord Carlisle, Crouch. Ist das ein Problem?«
Crouchs Augen wurden immer glasiger, als ihm sämtliche Probleme durch den Kopf schossen, die die ungewöhnliche Bitte seiner Herrin nach sich ziehen würde. Allein die Anzahl reichte aus, dass ihm der Kopf schwirrte. »Aye, M’lady, könnt man so sag’n. Und zwar ’n gewaltiges.«
»Kennen Sie die Adresse etwa nicht?«
»Äh … na ja, also, wenn Se mich so direkt fragen, M’lady …«
»Ausgezeichnet. Dann, nehme ich an, dürften Sie in der Lage sein, Lady Charlotte und mich morgen zu begleiten, wenn wir Lord Carlisle einen Besuch abstatten.«
Crouch kletterte sprachlos neben Kutscher John auf den Bock. »Hol mich der Teufel, Johnny. Was häl’s du davon?«
»Das haut mich wirklich um.« Kutscher John schüttelte den Kopf. »In deiner Haut möchte ich nicht stecken, wenn du das Seiner Lordschaft erzählst, Crouch.«
Crouch, der den Leuten bekanntlich nur sein vernarbtes Gesicht zu zeigen brauchte, damit sie Angst vor ihm bekamen, wurde schreckensbleich, als er sich vorstellte, was sein Dienstherr wohl dazu sagen würde.
»Die Frage is’ nich, was er
sagt
, sondern was er
tut
«, korrigierte er.
»Aye, da hast du wohl recht. Er macht dich einen Kopf kürzer,
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