Ein Lord mit besten Absichten
meine Meinung, mein Freund«, erwiderte Rosse, während er aufstand und zum Fenster schlenderte, um auf die Straße zu blicken, »und ich denke, es war eine gute Idee von dir, um zusätzlichen Schutz zu ersuchen. Ich fürchte, du wirst ihn brauchen.«
Was Rosse seinem Freund nicht erzählte, war, dass auch er zwei weitere Männer angeheuert hatte, und zwar ausschließlich, um dem Earl und seiner Countess zu folgen. Einer der Männer befand sich in diesem Augenblick in Lady Garfields Haus, getarnt als Aushilfsdiener. Für den anderen hatte Lord Rosse – gegen einen nicht geringen Gefallen – eine Einladung zur Abendgesellschaft beschafft, und so war der Mann ebenfalls auf dem Fest zugegen. Zufrieden, alles in seiner Macht Stehende getan zu haben, um seinen Freund und dessen bezaubernde Frau zu schützen, ging Rosse noch einmal seinen Plan durch.
»Lord Rosse?« Ebendiese Frau saß ihm jetzt in seiner Kutsche gegenüber und blickte ihn äußerst missmutig an.
»Ich bitte um Verzeihung, Lady Weston, ich habe über ein Problem nachgedacht. Wie war doch gleich Ihre Frage?«
»Es ging um Noble und sein albernes Duell …«
Rosse zwinkerte erstaunt. »Sie wissen von dem Duell?«
»Natürlich weiß ich davon; ich war schließlich dabei, als Noble den armen Lord Carlisle herausgefordert hat.«
»Ach. Nun … äh … ich glaube nicht, dass es üblich ist, die Frau des Duellanten mit den Einzelheiten vertraut zu machen, Mylady.«
»Das müssen Sie aber. Sie sind doch Nobles Sekundant, oder?«
»Ja, aber …«
»Ausgezeichnet. Dann müssen Sie mir helfen, das Duell zu verhindern.«
»Meines Wissens fühlen sich die meisten Damen geehrt, wenn sie der Anlass für ein Duell sind.«
»Ich bin aber nicht die meisten Damen, Mylord.«
Nein, das war sie ganz bestimmt nicht. Rosse konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, während sie fortfuhr.
»Mir widerstrebt die Vorstellung, dass mein Mann einem anderen Mann erlaubt, mit einer Pistole auf ihn zu zielen und fröhlich einen Schuss abzugeben, Mylord, und ich werde Himmel und Hölle in Bewegung setzen, damit er sich auf gar keinen Fall in dieser Situation wiederfindet. Wo und wann soll das Duell stattfinden?«
Rosse schüttelte den Kopf. »Ich habe Lord Carlisle noch nicht aufgesucht, Mylady.«
»Aber Sie werden ihm doch Zeit und Ort des Duells vorschlagen, oder etwa nicht?«
»Als Nobles Sekundant ist es meine erste Pflicht, für eine friedliche Lösung des Konflikts zu sorgen.«
Gillian schnaubte auf höchst unschickliche Weise. »Sie kennen doch Noble, und Lord Carlisle ebenso, nehme ich an – zwei dickköpfigere und stolzere Männer habe ich noch nie gesehen. Keiner von beiden wird einen Rückzieher machen.«
»Da bin ich vollkommen Ihrer Meinung, Mylady. Da die Verhandlungen für eine friedliche Lösung aller Voraussicht nach scheitern, werde ich ihm einen Ort und eine Zeit vorschlagen.«
Gillian nagte an ihrer Unterlippe, als sie mit krausgezogener Stirn über diese Sache grübelte. Geistesabwesend spielte sie mit den Knöpfen ihrer mitternachtsblauen Robe. Plötzlich entspannte sich ihre Stirn, und ihre Augen begannen zu leuchten, während sich ihr Mund zu einem charmanten Lächeln verzog.
Und wieder überkam Rosse dieses Gefühl, dass sie und Noble sich einfach hatten finden müssen. Wenn sie doch nur sehen könnten, wie viel Liebe sie einander zu geben hatten, dachte er und sprach die Frage aus, die ihm auf der Zunge lag. »Sie haben sich etwas überlegt, damit es nicht zum Duell kommt, Mylady?«
»Ja, Mylord, ich würde sagen, das habe ich.«
»Und …?«
»Das sollte ich besser für mich behalten, Lord Rosse, damit mein Mann Ihnen später nicht vorwerfen kann, Sie hätten Ihre Finger im Spiel gehabt.«
Die meiste Zeit der Fahrt zum Berkeley Square über versuchte Rosse, ihr auszureden, was auch immer sie sich ausgedacht hatte, jedoch ohne Erfolg.
Gillian musste dringend mit Charlotte sprechen. Da sie die einzige Person war, die wusste, dass sie Nachforschungen über Nobles Vergangenheit anstellte, waren Charlottes Rat und Unterstützung unbezahlbar, besonders jetzt, da sie mit zwei gleichermaßen dringenden Problemen zu kämpfen hatte – herauszufinden, was Lord Carlisle wollte, und dafür zu sorgen, dass das Duell nicht stattfand. Und da sich beide Probleme um denselben Mann drehten und die Gesundheit und das Glück ihres geliebten Ehemannes bedrohten, fühlte sie sich absolut im Recht, gegen das ausdrückliche Kontaktverbot ihres Gatten zu
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