Ein Lord zu Tulivar (German Edition)
Mann zu, warf einen Blick auf seine Parlamentärsfahne, nickte gemessen. Er wiederum sah mich mit ein klein wenig Überraschung an. Ich ahnte, worauf dies zurückzuführen war – der Austausch von Nachrichten mit seinem Mittelsmann bei den Gebirgskriegern war offenbar nicht so einfach und vor allem nicht so schnell, wie er der Sache angemessen wäre.
Mein Freund hier hatte wohl im Stillen angenommen, mich gar nicht in Tulivar anzutreffen. Punkt für mich.
»Wer seid Ihr?«, fragte ich dann. Ich bemühte mich, selbstbewusst zu wirken, ohne eine Arroganz auszustrahlen, die mir ohnehin niemand abnehmen würde. Erst recht niemand, dem Arroganz als Geburtsrecht in die Wiege gelegt worden war.
Mein Gegenüber maß mich mit einem Blick, der anscheinend signalisieren sollte, dass es eine Ehre für mich sei, überhaupt von ihm mit Lautäußerungen bedacht zu werden. Ich wappnete mich.
»Mein Name tut nichts zur Sache«, näselte der Mann, was seiner ansonsten markanten und stattlichen Erscheinung Abbruch tat.
»Ich bin Geradus, Baron von Tulivar, und damit der Herr dieses Landstriches«, stellte ich mich nun vor. »Ich bin über jeden Besuch meiner Baronie erfreut, aber etwas bestürzt ob der Tatsache, dass Ihr so viele Bewaffnete mit Euch führt.« Ich neigte meinen Kopf in Richtung der lagernden Söldner. »Darf ich fragen, wozu Ihr diese recht beachtliche Leibwache mit Euch führt?«
Das Gesicht des Unbekannten rötete sich etwas.
»Das weißt du ganz genau, Baron!«, zischte er. Er sprach meinen Titel eher wie ein Schimpfwort aus, aber ich nahm ihm dies nicht übel. Von meiner Sorte gab es bei Hofe Dutzende, und manche waren nicht mehr als die Verwalter des imperialen Pissoirs.
»Nein, das muss mir entgangen sein. Ich bin mir sicher, Ihr plant keinerlei Aktion gegen den rechtmäßigen Herrn von Tulivar und seine Getreuen. Seid Ihr auf dem Weg nach Norden? Ich darf Euch vor wilden, aber leider letztlich nicht übermäßig intelligenten Gebirgskriegern warnen.« Ich legte die Stirn in gespieltem Ernst in Falten. »Andererseits könnte es natürlich sein, dass Ihr von diesen wilden Männern gar nichts zu befürchten habt.«
Das Gesicht wurde noch roter, was immerhin meine letzte Aussage bestätigte.
»Rechtmäßig!«, spuckte er dann hervor. »Eine Farce! Deine Ernennung ist inakzeptabel! Du magst einen wilden Haufen in die Schlacht führen können, aber hier geht es um die Regierung! Der Imperator wird bald einsehen, dass du nicht geeignet bist, ein Baron des Reiches zu sein.«
Das traf mich natürlich tief.
»Ich bin in der Tat nur ein unwürdiges Mitglied des Adels, ernannt noch dazu, nicht von illustrer Reihe, mit Generationen von hochwohlgeborenen Vorfahren«, erwiderte ich beschämt. »Aber ich bin ordentlich ernannt und rechtmäßig mit diesem Gebiet bedacht worden.«
»Das wird sich bald ändern.«
»Oha. Ich bin bestürzt! Ihr wollt die rechtmäßige Ordnung des Reiches zum Umsturz bringen, hier in Tulivar?«
»Ich beschütze das Reich vor einem lästigen Emporkömmling!«
Ich nickte lächelnd. Wie erwartet war das die wahre Motivlage meines Freundes hier. Es ging nicht um meine Unfähigkeit, sondern um meine erwiesene Befähigung, mein Ansehen bei vielen Generälen, die die Art und Weise, wie ich betrogen wurde, für ehrlos hielten, und meine Freunde und Gönner bei Hofe, die sich leider in der Minderzahl befanden, aber dennoch das Ohr des Imperators genossen. Ich war eine Bedrohung, zumindest eine potenzielle, für die Machtspiele bei Hofe, und diese Familien, zu denen auch mein Gast gehörte, planten langfristig. Auch, wenn ich jetzt zehn Jahre hier nur rumsitzen würde, es war besser, mich auszuschalten und durch einen gefügigen Kandidaten zu ersetzen, als in zehn Jahren mit einem möglicherweise mächtigeren Kontrahenten zu tun zu haben.
Sehr weise und vorausschauend.
Ich hatte für langfristiges Denken eine gewisse Bewunderung übrig.
»Ich verstehe«, sagte ich wahrheitsgemäß und zuckte dann ostentativ mit den Schultern. »Dann wird es sich wohl nicht vermeiden lassen.«
Mein Gast lächelte triumphierend und wandte sich an die mittlerweile aufmerksam lauschende Schar an Kämpfern und Bürgern.
»Männer Tulivars!«, rief er markig, den beachtlichen Anteil von Frauen geflissentlich ignorierend. »Kämpft keinen aussichtslosen Kampf! Sagt Euch ab von diesem schwachen Fürsten! Es soll Euer Schaden nicht sein!«
Irgendwie fehlte seiner Ansprache das Feuer. Nicht einmal die mir nicht
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