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Ein Lord zu Tulivar (German Edition)

Ein Lord zu Tulivar (German Edition)

Titel: Ein Lord zu Tulivar (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van den Boom
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der das Protokoll der Verhandlung führte. Er kritzelte dienstbeflissen auf seinem Pergament. Ich sah Lorkos an.
    »Du hast diesen Mann an jenem Tag vom Hof geholt?«
    Der Soldat nickte. »Er hat tief und fest geschlafen.«
    »Was hast du noch vorgefunden?«
    »Eine lange, blutverschmierte Metzgerklinge, die direkt neben ihm im Stroh lag.«
    »Was hast du getan?«
    »Ich habe den Mann geweckt und in den Kerker der Stadt geworfen.«
    »Du hast ihn befragt?«
    »Ich habe gefragt, ob er Lorki getötet hat.«
    »Hat er?«
    »Er erklärte, sich nicht erinnern zu können, aber er hielt es für wahrscheinlich.«
    Ich sah den Knecht fragend an. Der hob die Schultern.
    »Wahrscheinlich?«, vergewisserte ich mich.
    »Lorki war unerträglich. Ich hätte ihn schon lange umbringen sollen. Ging mir auf die Eier. Wenn ich betrunken und wütend war und er mir vor die Klinge gekommen ist, habe ich ihn wahrscheinlich umgebracht. Wenn dem so ist, bereue ich es nicht.«
    Ich verengte meine Augen. »Das ist keine sonderlich überzeugende Verteidigungsstrategie, Beltur. Wenn dieses Gericht dich des Mordes überführt, dann droht dir der Galgen.«
    Der Knecht starrte mich überrascht an. Seine Augen schienen förmlich aus dem Schädel treten zu wollen. Ein Gemurmel erhob sich in der Menge. Auch Selur sah mich mit unverhülltem Entsetzen an. Lorkos schien nicht recht zu begreifen, was gerade gesagt worden war. Sein Kopf wanderte hin und her, in offenbar nicht gespielter Verwunderung. Ich setzte ein ernstes Gesicht auf. Offenbar wurde meine Milde hier für selbstverständlich gehalten. Aber ich war bereit, klare Grenzen zu ziehen.
    »Galgen?«, stammelte Beltur.
    Ich nickte. »So ist es. Diese Strafe sieht der Codex vor. Ich würde mich an deiner Stelle etwas besser verteidigen. Willst du nicht doch einen Beistand?«
    »Galgen?«, wiederholte Beltur fassungslos.
    »Vielleicht unterbrechen …«
    »Den Galgen – für einen verdammten Hund?«, brach es aus Beltur hervor.
    Erwartungsvolle Stille legte sich über den Marktplatz. Ich fühlte, wie mir Temperatur ins Gesicht stieg. Es war ein heißer Tag heute, daran bestand kein Zweifel.
    Mit betonter Ruhe drehte ich meinen Kopf in Richtung Frederick, der die Anklageschrift aufgesetzt hatte.
    »Kastellan.«
    »Herr?«
    »Wer war Lorki?«
    Frederick räusperte sich.
    »Nach Aussage des Bauern eine fast zehn Jahre alte Mischung diverser Hunderassen. Ein nach allgemeiner Kenntnis bemerkenswert übellauniger kleiner Hund, der seine mangelnde Größe durch extrem lautes Kläffen zu allen Tages- und Nachtzeiten ausglich.«
    »Bewegte sich aber keine zehn Meter«, murmelte Beltur. »Schlief direkt vor meiner Kammer. Ich musste nur einen fahren lassen und er hat mich stundenlang angebellt. Ein entsetzliches Viech.«
    Ich bemühte mich um Fassung.
    »Der Ermordete ist ein Hund.«
    »War eh schon halb blind und hat gehumpelt. Hätte es nicht mehr lange gemacht«, wandte Beltur ein.
    »Es war mein Hund!«, begehrte der Bauer auf und warf seinem Knecht einen finsteren Blick zu.
    Ich seufzte. Frederick und Selur feixten. Ich nahm mir vor, mit beiden ein ernsthaftes Wort zu reden, sobald ich mich aus der Affäre gezogen hatte. Ich zwang mir ein Lächeln auf.
    »Dann bin ich erleichtert«, verkündete ich. »Ich bin froh, dass wir doch kein so ernsthaftes Verbrechen verhandeln müssen. So finden wir …«
    »Es war mein Hund!«, beharrte Dremus.
    »Eine Landplage war das«, erwiderte Beltur.
    »Ja, ja«, machte ich und hob die Hände. »Mein Urteil: Der Knecht Beltur ersetzt dem Bauern Dremus den Wert seines Hundes und zahlt diesem zusätzlich ein Schmerzensgeld, entweder in bar oder in unentgeltlicher Arbeitskraft. Ich setze den Wert auf ein Silberstück fest.«
    Beltur verzog das Gesicht. Natürlich war kein Hund in Tulivar ein Silberstück wert. Aber ich wollte ihm eine Lektion erteilen. Dafür würde er einen Monat arbeiten müssen, mindestens. Und da ich schlechte Laune bekommen hatte, wollte ich auch noch etwas haben.
    »Darüber hinaus schuldet der Knecht Beltur der Obrigkeit zwei Tage zusätzlichen Frondienst.«
    Ich hatte wie gesagt noch einige Projekte im Hinterkopf.
    Beltur senkte den Kopf. Er ahnte wohl, dass weitere Aufmüpfigkeit seinerseits nur meine Fantasie bezüglich weiterer Strafen anregen würde. Das Urteil wurde gemeinhin akzeptiert, ich schloss das Gericht.
    Frederick und Selur waren ziemlich schnell verschwunden. Wichtige Dienstgeschäfte wahrscheinlich.
    Ich fand mich am Abend auf einem

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