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Ein Lord zu Tulivar (German Edition)

Ein Lord zu Tulivar (German Edition)

Titel: Ein Lord zu Tulivar (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van den Boom
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Verfügung standen. Ich konnte nur hoffen, dass Throcius sein Handwerk verstand, ein gutes Kastell errichtete und ansonsten die Sache mehr oder weniger im Griff hatte.
    Ich beschloss, im Sommer selbst einmal dort nach dem Rechten zu sehen. Als Grenzlord war es unter anderem meine Aufgabe, alle geeigneten Maßnahmen zur Grenzsicherung zu treffen. Und daher war es mein Recht, die Wirksamkeit meiner »geeigneten Maßnahme« zu überprüfen.
    Ich hatte Throcius zum Abschied von der Existenz des Schamanen berichtet – und meiner Vermutung, dass dieser nicht der Einzige seiner Art sein würde. Der Hauptmann hatte im Krieg gedient, wie alle seine Männer, und er wusste, was für ekelhafte Dinge Magie bewirken konnte. Er hatte mir dann eine Truhe voller Kriegsamulette gezeigt, offenbar aus den Beständen des Imperiums abgezweigt, nicht zuletzt mit Gorans tatkräftiger Hilfe. Ich sah, dass der gute Mann gerne gut vorbereitet in die Schlacht ging. Ein Profi. Das beruhigte mich immens.
    Mit dem Abzug der Besucher gen Norden beruhigte sich die Situation in der Stadt wieder. Die Dinge lagen bis auf Weiteres nicht mehr in meinen Händen. Ich wurde auch durch andere Ereignisse voll in Beschlag genommen. Zum einen stellte sich schon kurz nach der Aussaat heraus, dass Neja in einem Punkt zumindest zuverlässig gewesen war: Das Getreide spross mit einer Geschwindigkeit und in einer Fülle, die selbst die gute Ernte des Vorjahres in den Schatten stellte. Woldan berichtete von wohlgefüllten Fangkörben in Floßheim und achtete darauf, dass die Vorgaben der Sprecherin über Ort und Zeit des Fischens peinlichst eingehalten wurden. Viele hielten ihn wohl aufgrund der etwas erratisch wirkenden Anweisungen für ein wenig verrückt, aber letztlich war nichts erfolgreicher als der Erfolg. Die Fischbestände wurden gepökelt und Floßheim begann, Fisch nach Bell zu exportieren – das erste Mal seit gut zehn Jahren. Es war so etwas wie eine Revolution.
    Die zweite Revolution bestand in der Geburt meines Kindes. Ich hatte Zeit meines Lebens vielen Geburten beigewohnt. Marketenderinnen, die zum Tross der Heere gehörten, wurden schwanger, und nicht nur von Gestalten wie Selur. Geburten am Rande von Feldlagern und auf Märschen waren alles andere als eine Ausnahme gewesen. Obgleich die Frauen den eigentlichen Vorgang meist unter sich regelten, war ich des Öfteren Zeuge geworden.
    Hier in Tulivar sah man die Gegenwart eines Mannes bei einer Geburt nicht nur als unnötig, sondern gar als schlechten Einfluss an. So musste ich, als es so weit war, unruhig auf und ab spazierend vor unserem Haus ausharren, und es wurde eine sehr, sehr lange Wartezeit, die mich mit Besorgnis erfüllte. Die Tatsache, dass ich Dalina zwei Wochen zuvor geheiratet hatte, würde immerhin dafür sorgen, dass das Kind nicht als Bastard galt. Mir selbst waren diese Zuschreibungen egal, der Krieg hatte so viele Bastarde gezeugt, dass sie im Reich sicher bald die Mehrheit ausmachten, aber hier im konservativen Norden sah man diese Dinge nicht ganz so gelassen – und das, obwohl Selur sein Möglichstes getan hatte, die Idee salonfähig zu machen.
    Nach langem Warten kam mein Sohn zur Welt und wurde in dem Moment, als er den Mund aufriss und zu schreien begann, zum jungen Baron und Nummer 1 in der Erbfolge von Tulivar. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang, dass binnen zweier Wochen die drei Gespielinnen des Selur drei gesunde Töchter zu Welt gebracht hatten. Aus irgendeinem Grunde bereitete mir diese seltsame Koinzidenz eine ziemlich schlaflose Nacht.
    An einem Abend zwei Wochen nach Geburt meines Sohnes Geradus (der Jüngere) tauchte Neja in meinem Haus auf, wie immer nach Einbruch der Dunkelheit. Die Sprecherin redete nicht lange um den heißen Brei herum: Sie bot mir eine Möglichkeit an, an der Nordgrenze schon mal nach dem Rechten zu sehen.
    Ohne dorthin reisen zu müssen.
    Ich war skeptisch.
    Neja saß auf einem Sessel wie eine zufriedene Katze, das ihr dargebotene Huhn hatte sie bereits nur mit einem Mindestmaß an Blutspritzern und Knochenkrachern verspeist. Sie schien ob meiner Zweifel relativ unbekümmert, wie sie sich generell über meine Befindlichkeit relativ selten Sorgen machte. Hier nahm wirklich nie jemand auf mich Rücksicht.
    »Es ist ein Ritual, das schon vor vielen Jahrhunderten praktiziert worden ist«, erklärte Neja. »Als die Menschen noch stärker mit dem Land verbunden waren. Damals hätte sich über meinen Vorschlag niemand aufgeregt.«
    »Ich

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