Ein Lotterielos. Nr. 9672
richtete, geschah es nur, um ih-
nen offene und versteckte Vorwürfe wegen des Lotterieloses
zu machen, von dem diese sich nicht trennen wollten.
Angebote darauf liefen nämlich wiederholt ein, ja, es ka-
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men solche von allen Ecken und Enden der Welt. Es war,
als ob sich gewisser Köpfe der reine Wahnsinn bemächtigt
hätte. Nein! Es schien unmöglich, daß es einem solchen Los
nicht vorherbestimmt wäre, den Preis von 100.000 Mark
zu gewinnen; es schien, als ob es nur eine einzige Num-
mer in dieser Lotterie gäbe, und diese Nummer wäre jene
9672! Der Engländer aus Manchester und der Amerikaner
aus Boston bemühten sich noch immer um die Wette; der
Engländer hatte seinen Konkurrenten jetzt um einige Pfund
Sterling überholt, aber auch er wurde von jenem bald mit
mehreren hundert Dollar überboten. Das letzte Gebot be-
lief sich auf 8000 Mark – was sich nur durch eine ausge-
brochene wirkliche Monomanie erklären läßt, wenn es sich
dabei nicht um eine Frage der Eigenliebe zwischen Amerika
und Großbritannien handelte.
Wie dem aber auch sein mochte, Hulda lehnte alle Ange-
bote, und wenn es die vorteilhaftesten waren, rundweg ab,
was natürlich zur Folge hatte, daß Frau Hansen sich recht
bitter darüber beklagte.
»Und wenn ich dir befehle, jenes Los zu verkaufen«,
sagte sie eines Tages zu ihrer Tochter, »ja, wenn ich dir’s
nun befehle?«
»Das würde mich höchst schmerzlich berühren, Mutter,
und dennoch müßt’ ich mit einer Ablehnung antworten.«
»Wenn es aber sein müßte?«
»Warum könnte es sein müssen, Mütterchen?«
Frau Hansen gab keine Antwort. Sie war gegenüber die-
ser unverblümt an sie gerichteten Frage ganz bleich gewor-
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den und zog sich, einige unverständliche Worte murmelnd,
betroffen zurück.
»Hier muß etwas sehr Wichtiges zugrunde liegen und
zwar eine Angelegenheit, die unsere Mutter und Sandgoist
angeht«, meinte Joel.
»Jawohl, Bruder, und daraus drohen uns in Zukunft noch
recht unangenehme Vorkommnisse zu erwachsen.«
»Sind wir, meine arme Hulda, nicht seit einigen Wochen
schon hart genug geprüft, und welches Unglück könnte uns
noch besonders schrecken?«
»Ach, warum zögert Herr Sylvius so sehr zurückzukom-
men? Wenn er hier ist, fühle ich mich gar nicht so verzwei-
felt . . .«
»Und doch, was könnte er für uns tun?« unterbrach sie
Joel.Was lag nun wohl in der Vergangenheit von Frau Hansen
verborgen, das sie ihren Kindern nicht anvertrauen wollte?
Welche mißverstandene Selbstliebe hinderte sie, ihnen den
Grund ihrer Befürchtungen mitzuteilen? Hatte sie sich ir-
gendwelche Vorwürfe zu machen? Und warum versuchte
sie andererseits, auf ihre Tochter Hulda wegen Ole Kamps
Los und des Wertes, den es jetzt darstellte, einen solchen
Druck auszuüben? Woher kam es, daß es sie so sehr danach
verlangte, es in Geld umgesetzt zu sehen? – Hulda und Joel
sollten es endlich erfahren.
Am Morgen des 4. Juli hatte Joel seine Schwester nach
der kleinen Kapelle begleitet, wo diese jeden Tag für den
Schiffbrüchigen ein Gebet verrichtete.
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Er wartete dann und führte sie wieder nach Hause.
An jenem Tag sahen sie auf dem Heimweg schon von
fern ihre Mutter, die sich raschen Schritts nach dem Gast-
haus begab.
Sie war nicht allein, ein Mann begleitete sie, ein Mann,
der mit lauter Stimme sprach und dessen ganzes Auftreten
etwas Befehlshaberisches an sich hatte.
Hulda und ihr Bruder waren verwundert stehengeblie-
ben.»Wer ist dieser Mann?« fragte Joel.
Hulda trat einige Schritte weiter vor.
»Ich erkenne ihn wieder«, erklärte sie.
»Du erkennst ihn?«
»Ja, das ist Sandgoist!«
»Sandgoist aus Drammen, der schon in meiner Abwe-
senheit in unser Haus gekommen war?«
»Ja!«
»Und der sich da benahm, als wäre er der Herr und hätte
gewisse Rechte . . . über unsere Mutter . . . vielleicht auch
über uns?«
»Derselbe, Bruder, und zweifelsohne kommt er heute,
um diese Rechte geltend zu machen . . .«
»Welche Rechte denn? Oh, heute werde ich also erfah-
ren, welche Ansprüche der Mann zu haben meint, um in
dieser Weise zu verfahren!«
Joel schwieg, wenn es ihn auch schwer ankam, und
suchte, begleitet von seiner Schwester, unbemerkt etwas
seitwärts zu kommen.
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Einige Minuten später erreichten Frau Hansen und
Sandgoist die Tür des Gasthauses. Sandgoist überschritt
deren Schwelle zuerst. Die Tür schloß sich hinter ihm und
Frau Hansen und
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