Ein Lotterielos. Nr. 9672
wenn wir uns mit den
erfahrensten Seeschiffern von Bergen ins Einvernehmen
setzen, mit solchen, die jene Meeresteile öfter besucht ha-
ben oder noch zu besuchen pflegen, welche die allgemeine
Richtung der Winde und besonders der Strömungen ken-
nen, sollten wir da nicht den von der Flasche eingehalte-
nen Weg festzustellen vermögen? Berücksichtigt man dann
schätzungsweise deren Geschwindigkeit und die bis zur
Stunde ihrer Auffindung verflossene Zeit, wäre es dann so
unmöglich, annähernd zu bestimmen, an welchem Ort sie
von Ole Kamp ins Meer geworfen worden sein oder, mit
anderen Worten, wo der Schiffbruch stattgefunden haben
müßte?«
Help junior schüttelte in wenig zustimmender Weise
den Kopf. Eine ganze Reihe von Nachsuchungen auf so un-
zulängliche Anzeichen hin, bei deren Verwertung noch so
vielerlei Fehler unterlaufen konnten, anzustellen, bedeutete
ihm kaum etwas anderes, als mit großem Aufwand einen
Mißerfolg zu erzielen. Der Reeder, ein kalt berechnender,
praktischer Mann, glaubte das Sylvius Hog sagen zu müs-
sen.»Zugegeben, Freund Help! Doch wenn man andere, als
so unbestimmte Hindeutungen nicht erlangen kann, ist das
doch kein Grund, die ganze Angelegenheit verloren zu ge-
ben. Ich bin vielmehr der Meinung, es müsse alles versucht
werden zugunsten jener bedauernswerten Leute, denen ich
für meine Lebensrettung verpflichtet bin. Ja, wenn es nö-
tig wäre, würde ich keinen Augenblick zögern, alles was ich
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mein eigen nenne zu opfern, um Ole Kamp aufzufinden
und ihn seiner Braut Hulda Hansen wieder zuzuführen.«
Sylvius Hog erzählte nun die Einzelheiten seines Aben-
teuers beim Rjukanfos; er schilderte, in welcher Weise der
unerschrockene Joel und dessen Schwester ihr Leben aufs
Spiel gesetzt hatten, um ihm Hilfe zu bringen, und wie er
ohne deren Dazwischenkunft heute nicht das Vergnügen
haben würde, der Gast seines Freunds Help zu sein.
Dieser Freund Help war, wie schon bemerkt, gewiß nicht
der Mann, der sich von Illusionen gefangennehmen ließ,
doch er widersprach auch nicht, selbst etwas Fruchtloses, ja
Unmögliches zu unternehmen, wenn es ein Werk der Men-
schenliebe galt. So stimmte er schließlich also dem, was Syl-
vius Hog versucht wissen wollte, bedingungslos zu.
»Sylvius«, antwortete er, »ich werde Ihnen mit all meinen
Kräften zur Seite stehen. Ja, Sie haben recht! Und wäre nur
die schwächste Aussicht gegeben, von der ›Viken‹ irgend-
welche Überlebende und unter diesen vielleicht den braven
Ole Kamp aufzufinden, dessen Verlobte Ihnen das Leben
gerettet hat, so dürfen wir sie nicht vernachlässigen.«
»Nein, Help, nein, und hätten wir auch nur Aussicht im
Verhältnis von 1 zu 1000.«
»Noch heute, lieber Sylvius, werd’ ich nach meinem Kon-
tor die besten Seeleute von Bergen zusammenrufen, werde
eine Aufforderung an alle diejenigen erlassen, die gewöhn-
lich die isländischen oder neufundländischen Meere befah-
ren haben. Da werden wir sehen können, was diese zu tun
anraten . . .«
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»Und was sie zu tun anraten, das werden wir ausführen!«
antwortete Sylvius Hog mit der ihm eigenen, sozusagen an-
steckenden Wärme. »Ich erfreue mich der Unterstützung
der Regierung und bin ermächtigt, einen staatlichen Aviso
bei der Suche nach der ›Viken‹ mitwirken zu lassen; außer-
dem rechne ich darauf, daß niemand zögern wird, wenn es
sich darum handelt, ein solches Werk zu fördern.«
»Ich gehe sogleich nach dem Hafenkontor«, sagte Help
junior.
»Wollen Sie, daß ich Sie begleite?«
»Das ist nicht nötig. Sie müssen ja ermüdet sein . . .«
»Ermüdet? . . . Ich? . . . In meinem Alter?«
»Gleichviel; ruhen Sie aus, mein lieber und ewig junger
Sylvius, und warten Sie hier auf meine Rückkehr.«
An demselben Tag noch fand im Haus der Gebrüder
Help eine Versammlung von Kauffarteikapitänen, Hoch-
seefischern und Lotsen statt. Hier fanden sich eine große
Anzahl Seekundiger ein, die noch jetzt fuhren, und auch
einige ältere, die sich zur Ruhe gesetzt hatten.
Zunächst machte sie Sylvius Hog mit der Sachlage be-
kannt. Er berichtete ihnen, an welchem Datum – dem
3. Mai – das betreffende Dokument von Ole Kamp ins Meer
geworfen, und an welchem Datum – dem 5. Juni – sowie in
welcher Gegend – etwa 200 Seemeilen im Südwesten von
Island – es von dem dänischen Kapitän aufgefunden wor-
den sei.
Darauf entspann sich eine ziemlich lange und sehr
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