Ein Lottogewinn und 8 Millionen andere Probleme
war ich so froh über Donnas vergleichsweise harmloses Interview im Sunday Mirror , dass ich beschlossen hatte, mich als Mustertochter und Musterschülerin von meiner besten Seite zu zeigen. Darum wäre es mir auch lieber gewesen, wenn Mum sich so provozierende Vorschläge wie den mit der wöchentlichen Massage verkniffen hätte.
»Ich freue mich sehr, dass du dich wieder auf die Schule konzentrierst«, fuhr sie fort. »Nach dem Abitur stehen dir alle Türen offen. Du kannst sogar in Amerika studieren, wenn du das möchtest.« Es klang wehmütig. »Du brauchst auch nicht zu Hause wohnen zu bleiben, weil eine eigene Wohnung zu teuer wäre. Meine Kommilitonen haben damals die Nacht zum Tag gemacht und gefeiert. Ich habe zu Hause bei Granny gesessen und gelernt.«
»Du erzählst mir doch immer, dass Studieren so toll ist.«
»Ist es ja auch … wenn es nicht nur aus zu Hause hocken und Büffeln besteht.«
»Aber hinterher bist du nach London gezogen und hast nach einem Monat Dad kennengelernt.«
»Richtig.«
»Er war deine große Liebe.«
»Ja.«
»Du bist in die Bäckerei gekommen und hast einen Donut gekauft, und er hat dich gesehen und gesagt: »Das ist die Frau, die ich heiraten werde.«
»So war’s. Dein Vater war sehr hartnäckig.«
»Ich kann auch nach New York ziehen, wenn ich nicht studiere«, sagte ich.
»Das stimmt.«
»Ich könnte Kurse über Film und Philosophie belegen. Das fände ich cool.«
»Ja.«
»Oder einfach nur reisen und die Welt sehen.«
»Auch das. Aber ein Schulabschluss ist immer gut.«
Ich sah zwar nicht ganz ein, warum, aber ich hielt den Mund.
»Hör mal, Mäuschen«, sagte Mum, »ich wollte dich mal was fragen.«
Bei mir schrillten sämtliche Alarmglocken. Sie nannte mich Mäuschen! Was kam jetzt?
»Es geht um … naja … ich hab mich schon mal umgehört … also …«
»Spuck’s aus!«
»Es geht um eine Schönheitsoperation.«
»Sag mal, hast du sie noch alle, Paula? Ich weiß selbst, dass meine Nase zu groß ist, aber das geht jetzt echt zu weit!« Ich brüllte sie an, ich geb’s zu, aber es kam schließlich nicht jeden Tag vor, dass einen die eigene Mutter aufforderte, sich unters Messer zu legen.
»Ich rede doch nicht von deiner Nase, Lia! Du hast eine sehr hübsche Nase. Es geht um mich !«
»Um dich? Deine Nase ist doch ganz okay.« (Ich musste das sagen, denn ich hatte schließlich ihre Nase geerbt.)
»Ich rede nicht von meiner Nase, sondern von meinem Busen. Ich würde mir gern die Brüste operieren lassen.«
»Waaas?«
Mum lief rot an. »Na ja … nach zwei Geburten …und abgenommen habe ich auch … und jetzt sind sie ganz schlaff und hängen runter wie zwei alte Luftballons. Ich habe mir immer gewünscht, sie wieder aufpolstern zu lassen …«
»Lass mich mit deinen Brüsten in Ruhe! Ich will das nicht hör … urgh … hicks … ich glaub, mir wird schlecht!«
Die Bedienung brachte unseren Salat. »Geht’s dir nicht gut, Kleine?«
»Doch, doch«, ächzte ich.
Mum funkelte mich böse an. Ich wartete, bis die Bedienung außer Hörweite war, dann ging ich zum Angriff über.
»Die schneiden die Nippel ab und nähen sie wieder an! Und manchmal platzt das Implantat. Und die Brüste bleiben prall und fest, während alles andere runzlig und schlapp wird. Stell dir doch mal vor, wie das aussieht, wenn du siebzig bist! Das ist ja nicht mehr so lange hin. Ich find’s echt … urgh …«
Mum grub die Gabel in ihren Salat. »War ja nur so eine Idee von mir. Vergiss es einfach.«
»Wenn es dir wirklich so wichtig ist … weißt du, Shaz und ich haben mal eine Dokumentation im Fernsehen gesehen. Da ist eine Frau tauchen gegangen und ihre Brustimplantate sind richtig explodiert!«
»Du hast schon recht. Es lohnt sich nicht.«
»War nicht so gemeint, Mum. Wenn du willst, bezahl ich dir neue Brüste.«
»Nein, nein. Nachher explodieren sie noch.«
»Das war in Mexiko. Hier in England passiert so was bestimmt nicht.«
Sie seufzte. »Nein, du hast ja recht. Ich bin zu alt dafür.«
»Du bist erst vierzig. Für dein Alter siehst du noch ziemlich gut aus.« Heimlich dachte ich allerdings, dass ihr eine Botox-Spritze in die Stirnfalten nicht schaden könnte.
»Außerdem kostet so eine Operation sehr viel Geld«, fuhr sie fort. »Siebentausend Pfund, um genau zu sein.«
»Nur? Das ist ja geschenkt! Melde dich ruhig an. Aber uns erzählst du immer, dass es nicht aufs Aussehen ankommt. Vielleicht ist dein Busen nicht perfekt – aber dafür bist du eine
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