Ein Magier im Monsterland
vermerken, ja, und vielleicht auch noch den Schwanz, der wie das Hinterteil der größten Schlange aussah, die ich je gesehen hatte. Alles in allem erfaßte mich verständlicherweise ein gewisses Erstaunen.
Das Wesen, offenbar wegen des Ausbleibens meiner Antwort erbost, knurrte erneut.
»Noch einmal«, sagte es, »hast du Gold?«
Was sollte ich sagen? Ich hatte nicht den blassesten Schimmer, ob wir Gold besaßen oder nicht. Ebenezum kontrollierte eifersüchtig alle unsere Geldangelegenheiten. Doch in der Nähe dieses nur zu offensichtlich magischen Wesens verlor sich mein Meister unrettbar in den Fängen eines Niesanfalls.
Das schlangenartige Ende der Kreatur begann in einer nervösen Weise hin und her zu peitschen. Der Mund des Wesens öffnete sich und entließ einen Ton, der weit gräßlicher war, als jedes Wort es sein konnte. Es begann als Adlerschrei und endete als Löwengebrüll, wobei es die bösartigen Varianten beider Lautarten in bedrohlichen Mißklang brachte. Insgesamt wirkte es auf mich eher unangenehm.
»O Papa, laß sie doch in Ruhe!« Ein weiteres magisches Wesen, diesmal mit Kopf und Flügel eines Adlers und Körper eines Pferdes, galoppierte zwischen uns. »Siehst du denn nicht, daß die beiden sich vor Angst in die Hosen machen?«
»Es gibt gewisse Verhaltensmuster, die man einhalten muß«, erwiderte das erstere steif. »Greife sind immer auf Gold aus!«
»Wir sind aber doch hier, um all das zu ändern, erinnerst du dich nicht mehr?«
»Ähm, ja.« Der Greif produzierte tief in seiner Kehle einen erstickten Laut. »Wir werden das später bereden, wenn wir alleine sind. Er ist ein helles Köpfchen«, äußerte er zu niemand Bestimmtem, »ein bißchen stur, aber sonst ganz helle.«
»Aber Papa! Du solltest es ihnen sagen!«
Der Greif wandte sich um und röhrte seinen Sohn an.
»Ich muß gar nichts!«
»Aber Papa! Warum hätten wir sie sonst herbringen lassen!«
»Hm, ja.« Der Greif legte wieder eine Pause ein. »Das ist wahr.« Er wandte sich mir zu. »Ihr seid nämlich aus einem bestimmten Grund entführt worden.«
Das Adler/Pferd begab sich zu meinem Meister.
»Findest du nicht auch, Papa, daß der hier so aussieht, als wenn er ganz schön in Schwierigkeiten steckt?«
»Mußt du mich immer unterbrechen?« Der Greif fuhr mit seinen Klauen durch das Gras zu seinen Füßen. »Kinder! Nichts ist ihnen mehr gut genug! Hör mir zu, Sohn, ich habe jetzt die Nase voll von deinen ewigen Widerworten!«
»Ich wollte nur helfen!« Das Jung-Adler/Pferd stampfte trotzig mit dem linken Vorderhuf auf. »Du brauchst wieder tagelang für deine Aktionen!«
»Überhaupt keinen Respekt!« Der Greif ließ ein sonores Grollen ertönen. »Als ich in deinem Alter war, hat niemand gewagt, seine Federn so lang zu tragen! Du bist eine Schande für die mythologische Gemeinschaft!«
Ebenezum zog die Roben dichter um sich. Das Niesen setzte sich unvermindert fort.
»Wir müssen diesem Typ hier helfen.« Der Junge stupste Ebenezum sanft mit dem Schnabel an. »Es bringt nichts, mit ihnen zu reden, wenn sie tot sind.«
»O ja, sehr klug.« Der Greif drehte sich wieder zu mir um. »Bist du sicher, daß du kein Gold hast?« Er wies mit seinem Schnabel auf eine Gruppe von Lebewesen in der Nähe. »Stellt sie auf den Kopf und seht nach, ob es klimpert.«
Das Junge hatte übrigens recht. Ebenezum befand sich in einer traurigen Verfassung. Ich bezweifelte, daß ein kräftiges Durchschütteln seiner Gesundheit zuträglich sein würde. Hastig bemerkte ich, daß, sollten wir jemals Gold bei uns gehabt haben, wir es bestimmt während unseres Fluges hierher verloren hätten.
Der Greif seufzte. »Leider wahr. Das ist das Problem mit diesem Rok. Er ist zwar fix, aber nicht besonders helle.« Das Biest starrte mich mit seinem Adlerauge an. »Er ist selbstverständlich die Ausnahme. Die Mehrzahl von uns ist überaus begabt.«
»Vielleicht sollten wir sie ein wenig zu sich kommen lassen«, schlug der Junge zartfühlend vor. »Da drüben die alte Bruchbude…«
»Sei still und laß die Älteren nachdenken! Kinder!« Der Greif dachte nach, dann hob er triumphierend einen Flügel. »Natürlich! Die alte Bruchbude da drüben! Sie steht auf der windabgewandten Seite; dort wird dieser niesende Mensch es warm und trocken haben. Und nach ein paar Stunden wird er womöglich auch in der Lage sein zu sprechen.«
»Du meinst eher zuhören, nicht wahr, Papa?«
Der Greif unterbrach sich mitten in einem Röhren. »Ah ja, mein Sohn
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