Ein Mann ein Mord
Getränkekarte, rechts ein messingfarbenes Viereck mit Klingelknopf, der Knopf aus Marmor. Ich klingelte, und eine Stimme von Band schnarrte ›Please wait; attendez s’il vous plaît; bitte warten!‹. Minuten später ging die Tür auf, und eine bleiche Viertelportion mit Damenbart und großen Augen klammerte sich an den Rahmen. Weiße Tennisschuhe, Jeans, ein opalschimmerndes Hemd, bis zum Bauchnabel aufgeknöpft, Goldkettchen und ein Liter Schmiere im Haar.
»Bitte, was wünschen Sie?«
»Ich hätte gern den Chef gesprochen.«
Seine langen, mageren Finger trippelten nervös auf dem Holz.
»Gerhard ist leider nicht zu sprechen.«
»Ist er denn da?«
»Ich habe gesagt, er ist nicht zu sprechen.«
Ehe er die Tür zumachen konnte, hatte ich ihn beiseite geschoben und war in dem nach Alkohol und vollen Aschenbechern stinkenden Barraum. Die Stühle auf den Tischen, dazwischen ein Haufen leerer Gläser mit Fruchtstückchen und Strohhalmen, dahinter eine Art Kleinkunstbühne. Auf der Bühne lag der Rest einer riesigen rosa Torte und daneben schnarchte ein unrasierter Dicker in Reizwäsche. Zwei Neonröhren tauchten die Szene in fahles Licht. Außer der Eingangstür gab es noch drei weitere Türen. Auf der ersten stand ›Pool‹, auf der zweiten ›Safety first‹, auf der dritten ›Privat‹.
Jemand zog mich am Jackett. »Was fällt Ihnen ein! Machen Sie, daß Sie wegkommen!«
Ich drehte mich um und nahm die Viertelportion beim Hemdkragen. Er versuchte zu schlagen, aber ich hielt ihn mir mit der Rechten vom Körper weg. Mit der Linken deutete ich auf den Dicken.
»Ist das Gerhard?«
Keine Reaktion. Plötzlich rührte sich kein Muskel mehr an ihm. Die Augen starr geradeaus, hatte er beschlossen, den Mund zu halten.
»Hör mal, Kleiner, sag mir, wo dein Chef ist, oder du klebst an der Decke.«
Den Körper durchlief ein Zittern - aber das war auch alles. Er senkte den Kopf, als würde er sich dann eben für Gerhard an die Decke kleben lassen. Ich ließ ihn los, ging zu der Tür mit der Aufschrift ›Privat‹ und gelangte über eine eiserne Wendeltreppe in den Flur vom ersten Stock. Wieder drei Türen. Ich peilte die an, hinter der leise ein Radio spielte, und stieß sie auf. Zuerst überraschte mich die Sonne. Nach der Düsternis in Barraum und Flur hatte ich den Tag draußen fast vergessen. Dann die Büroeinrichtung: Computer, Telefax, jede Menge Telefone, Lampen, Bildschirme. Die dritte Überraschung war Gerhard selber, vielmehr die Sicherung seiner Pistole.
»Pfote hoch, mein Liebling.«
Ich hob die Arme und drehte mich langsam um. Er war groß, breit gebaut und gutgenährt. Vielleicht von allem eine Spur zuviel. Aus seiner solariumbraunen Fassade stachen zwei stahlblaue Augen, und von der Stirn über die Ohren bis zum Nacken kräuselte sich wasserstoffblonder Minipli. Eine Art Kalli Feldkamp in Leder. Die Füße steckten in amerikanisch beflaggten Turnschuhen.
»Ooh…«, er rollte mit den Augen, »… aan eschter Scheisch.«
Ich grinste müde. »Kann ich die Arme wieder runternehmen?«
»Wieso dann…? Machst disch doch gut so.«
Die Pistole im Anschlag, tänzelte er um mich herum. Als er wieder vor mir stand, schmatzte er laut. Ich sah zur Decke.
»Süß, werklisch süüß… wenn merr des Bäuscheische da noch wegtrainiere, un ’ne neue Frisur, bissi modernä, un was Nettes zum Aaziehe… aan Don Schonson werst freilisch nie, awwer so klaa Beleibtere hawwe ja aach ihrn Scharm, gell?«
»Meine Arme schlafen ein.«
»Die läßt du ma hübsch obbe, Süßä. Solang es nur die Arm sin…« Er zwinkerte mir vergnügt zu, setzte sich hinter den Schreibtisch und legte die Beine hoch. »… du mußt dein Typ mehr betone.«
»Und das wäre? ’ne Mischung aus Gerd Müller und Gaddhaffi?«
Er stieß einen Jubelseufzer aus, »Gadawwi! Mein Schwarm!« Und, die Augenlider auf Halbmast, »Auf den könnd isch tausend un aane Nacht - mindestens.« Er legte den Kopf schief, »… awwer an deiner Stell, isch würd mehr ins Rustikale gehn. Marineblau, Ämmel hochgegrämbelt, schwere Schuh - bist der Matrosetyp. «
»Ich werd dran denken. Im Augenblick suche ich aber eine Frau namens Sri Dao Rakdee. Sie soll sich hier aufhalten.«
Er stutzte, »E Fraa…?!«, und zog eine Grimasse, als sei ihm der Teufel persönlich über den Weg gelaufen. Dann hellte sich sein Gesicht plötzlich wieder auf und er bleckte eine Reihe weißer Jackettkronen.
»Du meinst die Dolores, unsern Transi! Die is awwer heut net
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