Ein Mann für eine Nacht (German Edition)
aus.
„Und wo ist dein Freund?“, fragte er mit hochgezogener Augenbraue. Er strahlte eine selbstsichere Gelassenheit aus. Geheimnisvoll. Na ja, verglichen mit den Flegeln, die sie sonst in den Clubs traf. Sehr intelligent. Er versuchte wohl, aus ihr schlau zu werden. Sie schien ihn zu faszinieren. Gut so. Genau deswegen war sie hier.
Sie kicherte: „Der alte Knabe von der Tanzfläche? Der ist nicht mein Freund.“
„Ach so.“ Er formte ein paar perfekte Rauchkringel. Anna schaute zu, wie sie zur Decke schwebten.
Aber sie konnte das gleiche Spiel spielen. „Wo ist deine Freundin?“
„Ich hab keine“, sagte er, „noch nicht“.
Sie war froh, dass es so dunkel war. Dunkel genug, dass er nicht sehen konnte, wie sie rot wurde. Was bestimmt nicht von der Hitze kam.
„Wer war dann die Frau auf der Tanzfläche?“, fragte Anna direkt.
„Eine Bekannte.“
„Verflixt, er war ziemlich zugeknöpft. Aber sie musste zugeben, er war weder schäbig noch schleimerisch, eher schwärmerisch und smart. Auch wenn Anna natürlich nicht in ihn verknallt war, konnte sie sich vorstellen, wie er auf Frauen wirkte.
„Hör mal“, sagte er ruhig, „ich kann hier noch eine halbe Stunde rumstehen und dich vollsülzen, was für eine wunderschöne Frau du bist, und dass ich nicht wie die anderen Männer bin und all den Mist, oder?“
„Ja“, antwortete Anna und fragte sich, wohin das Ganze führen sollte.
„Oder ich kann ehrlich sein.“
Ehrlich. Das Wort mochte Anna, obwohl sie nicht auf vertrautem Fuß damit stand.
„Ja?“, hauchte sie.
„Also, ich mag dich. Oder besser gesagt, ich glaube es. Ich habe dich beim Tanzen gesehen und gedacht: ‚Nicht schlecht!‘ Und jetzt bin ich hier, weil ich gerne deine Nummer haben will. Falls du sie mir nicht geben willst, gebe ich dir meine.“
„Schon gut, du kriegst sie“, sagte Anna. „Ich rufe Männer nicht von mir aus an“, fügte sie hinzu. Das entsprach nicht ganz der Wahrheit. Sie versuchte zwar, sich zurückzuhalten, besonders bei den Kerlen, die nichts von sich hören ließen, aber es gelang ihr oft nicht. Doch sie war lernfähig. Inzwischen rief sie in solchen Fällen nur noch dreimal an (das war ein Fortschritt im Vergleich zu früher!), um sicher zu gehen, absolut sicher zu gehen, dass er bestimmt nichts mehr von ihr wollte.
Er ließ sich von dem Barmann einen Stift geben und schrieb sich ihre Nummer auf den Handrücken.
„Danke.“ Er hauchte ihr einen Kuss auf die Wange. „Wir bleiben in Kontakt.“
„Aber ... wohin gehst du?“ Anna war erschrocken. Er musste sie nach Hause begleiten. Aber echt! Sie konnte doch den Club nicht alleine verlassen. Wenn das jemand sah. Es gab nichts Peinlicheres, als alleine zu gehen.
„Es ist, äh, ... meine Bekannte. Ihr geht’s nicht gut. Sie hat zu viel getrunken. Ich muss mich um sie kümmern.“
„Ach so. Dann könnten wir sie ja nach Hause bringen und dann weiterziehen“, sagte Anna zaghaft und hätte sich im nächsten Moment am liebsten auf die Zunge gebissen. Was tat sie da? Herrje, da konnte sie gleich auf einen der Lautsprecher steigen und herunterschreien HELFT MIR! Bleib cool, ermahnte sie sich. Es gelang ihr, die coole Fassade wieder zu errichten. „Eigentlich ist es besser, wenn du gehst. Meine Freunde würden mich killen, wenn ich einfach so verschwinde.“
„Wo sind sie?“ Er sah sich um, als erwarte er, dass eine Horde kreischender Mädchen plötzlich hinter dem Tisch des DJs aufsprang und auf ihn zulief.
„Ach, die sind drüben bei der anderen Bar“, sagte Anna blitzschnell. „Da ist die Schlange nicht so lang.“
„Fein, ich melde mich.“ Er küsste sie noch einmal flüchtig auf die Wange.
Weg war er!
So viel zu einem vergnügten Abend. Im flackernden Discolicht betrachtete Anna ihre roten Fingernägel mit dem abgeplatzten Nagellack. Sie verstand jetzt genau, wie allein man unter vielen Menschen sein konnte. Sie musste hier raus. Sie als Single konnte sich unmöglich bis zum frühen Sonntagmorgen in einem Nachtclub herumtreiben. Aber leider durfte sie nicht sofort gehen. Wenn sie jetzt beim Hinausgehen den Typen mit seiner Freundin traf, dann würde ihre Flunkerei auffliegen. Sie fühlte sich im Club hinter imaginären Gittern gefangen. Verflixt, sie wusste noch nicht einmal, wie der Typ hieß. Sie fischte ein zerknittertes Papierchen aus ihrer Handtasche. Rick. Er hatte seinen Namen über seine Telefonnummer gekritzelt. Er hätte ihr seine Nummer nicht aufnötigen müssen. Als
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