Ein Mann für eine Nacht (German Edition)
hinten an den Designer-Kragen. Oder an die Eier, um dich daran aufzuhängen. Schrecklich. In gewisser Hinsicht war Claire sogar froh, dass Simon sie davon abgehalten hatte, wieder arbeiten zu gehen. Sie war sich nicht sicher, ob sie einem solchen Druck gewachsen war.
Behutsam öffnete sie die Kinderzimmertür. In der kleinen blauen Kammer duftete es vertraut nach Baby. Vom Flur drang etwas Licht herein. Andrew schlief ruhig in seinem gelben Strampler mit der Ente. Eine Tatze seines Lieblingsteddys Fluffy lag auf seinem Gesicht. Claire schlich auf Zehenspitzen an sein Bettchen und schob Fluffy ein wenig beiseite. Sie kniete sich hin und gab Andrew einen Kuss auf seine warme weiche Babywange. Ein Glücksgefühl durchströmte sie.
Nichts, keine noch so tollen Vergnügungen, keine noch so wilden Zeiten konnten ihr jemals mehr geben als ihre tiefe Liebe zu dem kleinen Burschen. Sie hörte Simons Schritte auf der Treppe. Kein Wunder, dass er so schwer für seine Familie arbeitete. Er liebte Andrew auch über alles. Deshalb verbrachte er so viel Zeit vor seinem Computer im Büro. Er tat es, weil er sich seiner Verantwortung bewusst war. Weil er ein guter Vater war.
Vollkommen verschwitzt wachte Anna auf. Ihre Decke lag auf dem Boden, und durch die Vorhangritzen drangen Sonnenstrahlen.
Wann hatte sie schließlich ein Taxi bekommen? Hatte sie überhaupt eines bekommen? Vage erinnerte sie sich an ein Gespräch mit irgendjemandem darüber , dass es so erschreckend wenig Taxen in dieser Stadt gab. Aber das war jetzt egal. Irgendwie war sie ja schließlich doch nach Hause gekommen. Außerdem hatte sie Kopfschmerzen und absolut keine Lust darüber nachzudenken, was wirklich passiert war und was sie vielleicht nur geträumt hatte. Die ganze Nacht war ein Albtraum gewesen. Reine Zeitverschwendung. Sie überlegte, einfach im Bett zu bleiben und ihre Wunden zu lecken, aber sie hatte einen verdammt trockenen Mund, als wäre ihre Zunge ein alter Teppichfetzen.
Nie wieder, schwor sie sich, als sie von der schalen Limonade trank. Eklig. Ihr knurrte der Magen. Ihr armer gequälter Magen. Ob Models sich immer so miserabel fühlten? Mein Gott, wenn der Magen die ganze Zeit so misshandelt wurde, war es eigentlich nicht erstrebenswert, so ein Hungerhaken zu sein. Wie konnte man damit leben? Sie warf die leere Limodose in die Ecke und verfehlte den Mülleimer. Die hob sie jetzt nicht auf. Was soll’s. Wenn sie sich jetzt bückte, würde sie nicht mehr hochkommen. Die Dose konnte sie auch morgen früh aufheben. Sie würde überhaupt mal gründlich saubermachen. Morgen nach der Arbeit. Herrje, arbeiten. Mist! Anna ließ sich auf einen mit roter Farbe beklecksten Stuhl fallen und legte die erhitzte Wange auf den kühlen Küchentisch. Die Kälte tat gut. Gott sei Dank war heute Sonntag.
Kapitel 9
Sie saßen in einem vegetarischen Restaurant in der George‘s Street. „Hast du eigentlich deine Bewerbung schon geschrieben, Anna?“, fragte Elaine, während sie an einem Möhrensaft nippte.
„Wofür?“, fragte Anna überrascht.
„Schon vergessen? Spätestens morgen musst du die Bewerbung für die Stelle als stellvertretende Filialleiterin abgeben.“
„Ach ja“, sagte Anna und piekste mit der Gabel in ihren vegetarischen Burger. Ja, sie hatte daran gedacht, sich zu bewerben - sie hatte schließlich nicht die Absicht, ihr Leben lang Abteilungsleiterin zu bleiben. Aber was sollte sie verdammt noch mal tun, wenn sie in irgend so ein Kaff kam, wo sich alle das Maul zerrissen, wenn sie nur einmal niesen musste? Es war wenig verlockend, die Koffer zu packen, nur um in einem zwei Mann-Laden eine leitende Stellung auszuüben. Solche Erfahrungen musste sie wirklich nicht sammeln. Nein danke. Hier in Dublin war sie mitten im Geschehen. Und natürlich war Claire hier. Na ja, im Moment sahen sie sich allerdings nicht allzu oft. Jammerschade. Claire war leider zu sehr damit beschäftigt, die perfekte Ehefrau zu spielen. Bedenken musste man aber auch, dass ihre Eltern hier lebten. Die würden sie sehr vermissen. Anna zwang sich, ernsthaft darüber nachzudenken. Würden sie das wirklich? „ Träum doch nicht!“ , ermahnte sie sich schließlich. Sie würden es doch vermutlich überhaupt nicht merken, wenn sie von Aliens entführt und nach Timbuktu gebracht würde. Wen gab es dann noch? Mark? Ach der brauchte doch nur jemanden, den er quälen konnte. Den würde er schon finden. Gab es denn überhaupt jemanden, der es ernsthaft, wirklich
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