Ein Mann für eine Nacht (German Edition)
ernsthaft bedauern würde, wenn sie wegginge? Es war vermutlich nicht besonders schlau, weiter darüber nachzudenken.
„Ich würde mich riesig über diesen Job freuen“, sagte Elaine. Ihre Augen unter dem smaragdgrünen Lidschatten glänzten vor Begeisterung. Ihr ganzes Gesicht leuchtete auf, wenn sie lächelte. Sie sah wirklich apart aus, fand Anna. Wie schrecklich, dass ihr Mann einfach so abgehauen war. Aber es alles hatte einen Grund, überlegte Anna düster. Dass Elaine sich jetzt so auf die Karriere stürzte, war eigentlich nicht verwunderlich. Es war dasselbe, wie sich von einem brennenden Schiff ins Wasser zu stürzen. Frauen machten so etwas manchmal. Beschäftigten sich mit tausend verschiedenen Sachen, nur um über einen Kerl hinwegzukommen. Eigentlich irre. Was für eine unglaubliche Energie da verpulvert wurde. Was taten eigentlich Kerle, um über eine Frau hinweg zu kommen? Wahrscheinlich einfach zur nächsten ziehen.
„Du hast bestimmt sehr gute Chancen. Bei deiner Begeisterung“, sagte Anna freundlich.
„Es gibt nicht viel, was ich sonst machen könnte“, sagte Elaine. Ihre Augen strahlten nicht mehr, und ihre Lippen wurden schmal. „Das hat gar nichts mit Enthusiasmus zu tun.“
„Ja, schon klar.“ Anna tauchte ihren Löffel in ihre Orangen-Schokolade-Mousse mit den vielen bösen Kalorien. „Hör mal“, sagte sie, um schnell das Thema zu wechseln. „Wie steht‘s, wollen wir zusammen losziehen? Nächsten Freitag? So richtig einen draufmachen?“
„Gerne.“ Elaine entspannte sich etwas. Anna meinte es so gut. Sie kümmerte sich um ihre Mitmenschen. Nur schade, dass sie ihr eigenes Leben nicht in den Griff bekam und die Antworten auf alle Fragen immer nur in einer Flasche oder einem Stück Torte suchte. Aber mit ihr ausgehen, das konnte sie schon tun. Vielleicht lernten sie ja dabei jemanden kennen! Auch wenn sie eigentlich nicht die Absicht hatte, sich jemals wieder zu binden. Nein, das würde sie bestimmt nie wieder tun. Nie und nimmer.
Sie beschlossen, ihren Kaffee in einem Pub zu trinken, wo etwas mehr los war.
Dort angekommen sah sich Anna erst einmal nach interessanten Leuten um und fragte dann: „Also, Elaine, wo gehen wir am Freitag hin? In den Sugar Club? Den River Club?“
„Was habe ich da gehört? Ihr wollt ausgehen?“
Elaine sah überrascht hoch. Der Besitzer dieser tiefen männlichen Stimme stand hinter Anna. Er war groß, gut gebaut und unverkennbar gut situiert. Seine grünen Augen blickten unglaublich schelmisch und fröhlich. So etwas war ihr noch nie begegnet. Anna fuhr herum, und ihr Gesicht wurde purpurrot. Sie schnappte nach Luft: „Mark“. Elaine musste lachen. Es war ungewöhnlich, dass Anna sprachlos war.
***
„Danke, dass du mir vorhin beigesprungen bist“, flüsterte Anna Elaine zu, als sie zwanzig Minuten später zurück zu Lolta gingen. „Mark macht mich immer runter. Ich hab das so satt.“
Elaine platzte fast vor Neugier: „Was ist denn nun wirklich am letzten Wochenende passiert? Also: Wir beide waren ja definitiv nicht zusammen unterwegs.“
„Ich hab meine Eltern besucht“, gestand Anna äußerst peinlich berührt.
Elaine lachte: „Das ist urkomisch. Zum Glück hab ich rechtzeitig geschaltet und ihm was von unserer tollen gemeinsamen Freitagnacht vorgeschwärmt.“
„Danke dir“, erwiderte Anna kleinlaut.
„Stehst du auf ihn?“
„Nein! Mark ist ganz und gar nicht mein Typ“, blaffte Anna.
„Ehrlich? Der Typ ist doch Everybody’s Darling. Der ist einfach toll.“
„Und er weiß das auch“, sagte Anna nachdrücklich. „Es gibt nichts Schlimmeres als einen Mann, der sich für die Krone der Schöpfung hält.“
„Och, kann ich ihn dann haben?“, bat Elaine.
„Bedien dich, bitteschön!“ Anna warf trotzig die Haare nach hinten und hoffte, dass Elaine scherzte. „Sally macht es bestimmt nichts aus. Vielleicht ist sie inzwischen auch schon an so was gewöhnt.“
Anna hatte zur Abwechslung mal früh Dienstschluss. Es war ein anstrengender Arbeitstag gewesen. Die Frühjahrskollektion war heute in einer Unmenge von Kartons angeliefert und kreuz und quer im Lager abgestellt worden.
Sie verließ das Geschäft kurz nach sechs und ging zu Fuß nach Hause. Das dauerte zwar vierzig Minuten, aber abends war man zu Fuß immer noch schneller als mit dem Bus. Es hatte aufgehört zu regnen, und sie kurvte vorsichtig um die tiefen Pfützen auf dem Gehweg herum. Ob Claudine inzwischen wieder nach Paris geflogen war? Sie hatte
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