Ein Mann für eine Nacht (German Edition)
zerstört. Vielleicht war es leichter, weil Steve schon einmal Schluss gemacht hatte. Jedenfalls überkam sie nicht diese abgrundtiefe Verzweiflung wie früher – dass sie niemals wieder eine Liebe finden würde. Wenn sie ehrlich war, liebte sie Steve nicht. Er war ein netter Kerl, ein netter junger Kerl, der weder Zeit, Geld noch Interesse hatte, sie auszuführen.
Das Leben ging weiter. So viel hatte sie über die Jahre gelernt. Sie war jetzt erwachsen. Sie bombardierte ihre Ex-Lover nicht mehr mit verzweifelten Telefonanrufen, um ihnen vorzuhalten, dass sie gedacht hätte, sie wären anders. Als ob ein schlechtes Gewissen sie zurückholen könnte. Sie knallte nicht mehr hysterisch den Telefonhörer auf und verfiel in tagelange Trauer, bevor sie dann ausging und das Ganze von vorn anfing.
Sie war jetzt wirklich erwachsen, das bildete sie sich jedenfalls ein. Sie wollte auf keinen Fall noch einmal zwanzig sein. Wie hatte sie nur so wenig Selbstachtung haben können? Meine Güte, es kam ihr vor wie gestern. Wie sie in Studentenkneipen herumhing und sich Kerlen an den Hals warf, die Null Interesse an ihr zeigten. Typen, die schließlich mit ihr loszogen, weil sie stockbesoffen waren, und sie gerade dastand. Ein schrecklicher Gedanke kam ihr. Wenn zwanzig wie gestern schien, dann war vierzig wie ... wie morgen. Mist. Mist. Mist.
„Du hast recht“, sagte sie zu Steve, während sie nach einer leeren Coladose griff, um ihre Zigarettenkippe loszuwerden.
„Wenn du dich jetzt nicht reinhängst, wird deine Zukunft beschissen sein.“
Steve schien sich über diesen Zuspruch nicht zu freuen.
„Du klingst, als wär‘s dir ganz recht“, sagte er.
„Stimmt.“ Anna zog sich ihr T-Shirt über den Kopf. Ihr Lächeln war wie mit Tesafilm fixiert. Ich möchte einiges hinter mir lassen ... habe jemand anders getroffen, jemand, der älter ist“, sagte sie mit gekünsteltem Lächeln. Sie wusste genau, dass sie ihn damit verletzen würde.
„Na dann“, sagte Steve.
„Na dann“, sagte Anna. „Wo sind denn jetzt bloß meine Socken?“
Kapitel 22
Wie ein kampfbereiter Krieger stürmte Claire mit Andrews Buggy den Dun Laoighaire Pier entlang. Sie hatte die letzte Nacht überhaupt nicht geschlafen. Simon war erst heute Morgen nach Haus gekommen. Um sieben.
Wortlos hatte er geduscht und war wieder verschwunden. Keine Erklärung.
Sie hatte sein nach Zigarettenrauch stinkendes Hemd voller Bierflecken zusammen mit Andrews dreckigen Lätzchen in die Wäsche geworfen. Wie sollte ihre Ehe bloß solche Allüren überstehen?
Am Ende des Piers setzte sie sich auf eine Bank und kam langsam wieder zu Atem.
„Immer noch hier?“ Eine Hand auf ihrer Schulter ließ sie zusammenfahren.
„Tom!“ Auf ihrem Gesicht breitete sich ein Lächeln aus, als sie ihn erkannte. „Wie geht’s? Schön dich zu sehen.“
„Gleichfalls.“ Er lachte und tätschelte Andrews Lockenkopf.
Sie hatte eigentlich nicht damit gerechnet, ihn so schnell wieder zu treffen. Allerdings musste sie zugeben, dass das Treffen nicht vollkommen unverhofft war. Er hatte ihr erzählt, dass er regelmäßig auf dem Pier spazieren ging.
Er setzte sich neben sie.
„Stell dir vor, ich habe gestern mit Emma gesprochen. Sie hat’s nach Aussieland geschafft und ist glücklich.“
„Großartig.“ Er strahlte. „Ich freue mich für sie.“
„Ja, macht mich ganz neidisch. Ich hätte selbst den Sprung wagen und auf Weltreise gehen sollen. So ein schöner Tag heute. Hast du frei?“
„Ja und Nein. Ich bin Computeranalyst und habe flexible Arbeitszeiten.“
„Dann kein Wunder, dass du dein halbes Leben hier verbringst.“
„Na ja, ich kann von dem Job leben. Aber berauschend ist er nicht gerade. Am liebsten würde ich den ganzen Tag malen. Ich liebe Kunst ... aber damit kann man sich nicht über Wasser halten. Was machst du?“
„Ich bin Hausfrau.“ Claire fühlte, wie sie rot wurde. Verdammt, sie kam sich so altmodisch vor. Als ob sie plötzlich aus einer anderen Zeit käme. Das Wort „Hausfrau“ war furchtbar. Es klang, als ob man mit seinem Haus verheiratet wäre oder so.
„Goo ga goo ...“, unterbrach Andrew, wie bestellt. Sie lachten beide.
„Ich finde das großartig“, sagte Tom diplomatisch. „Wenn ich ... wenn ich jemals geheiratet hätte“, fuhr er sehr leise fort, „hätte ich gern meine Frau unterstützt.“
„Das denkst du“, sagte Claire mit erstickter Stimme. „Aber wenn die glamouröse Frau, in die du dich verliebt hattest, sich
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