Ein Mann für eine Nacht (German Edition)
in eine verlotterte Vogelscheuche verwandelt hätte, die nur noch über den Preis von Pampers reden kann, was dann?“
Er drehte sich bestürzt zu ihr. Entsetzt erkannte Claire, welchen Riesenfehler sie gemacht hatte. Du meine Güte, wie konnte sie nur so einen Unsinn reden. Tom hatte die Frau verloren, die er heiraten wollte. Natürlich hatte er nie daran gedacht, sie mit einer Vogelscheuche zu vergleichen. Für den Rest seines Lebens würde er sie so erinnern, wie sie gewesen war – jung, strahlend und voller Lebensfreude. Für einen Moment spürte Claire eine merkwürdige Eifersucht auf die tote Frau. Sie würde nie alt werden. Tom hatte einfach nicht die Gelegenheit, sie jemals satt zu bekommen.
„Tut mir leid, ich habe es wirklich nicht so gemeint“, sagte sie unbeholfen. Sie stand unschlüssig auf. Er streckte die Hand aus, zog sie wieder herunter und sah ihr in die Augen. „Du denkst doch nicht ... du denkst nicht, dass du selbst eine ...?“
„Nein.“ Claire starrte auf den Beton unter ihren Füßen.
„Weil ...“, sagte er und brach ab.
„Was?“
„Weil ... Himmel, ich weiß nicht, ob ich so etwas sagen darf, aber du bist eine der attraktivsten Frauen, denen ich je begegnet bin.“
Und er drehte sich schnell weg, bevor er ihr Gesicht sehen konnte.
Kapitel 23
Vor der Geschäftszentrale zupfte Anna ein paar Haare von ihrem schlichten schwarzen Kostüm. Mit zittrigen Fingern versuchte sie, eine Zigarette anzuzünden. Einfach unmöglich bei dem Wind. Verdammt. So ging das nicht. Sie war mit den Nerven am Ende. Ein Blick auf die Uhr sagte ihr, dass sie noch fünfzehn Minuten totschlagen musste. Wie bestellt und nicht abgeholt in der Rezeption zu sitzen, brachte nichts. Sie flüchtete sich in ein nahe gelegenes Café.
Sie bestellte sich einen schwarzen Kaffee und verbrannte sich daran die Zunge. Sie stellte die Tasse wieder ab, und jetzt gelang es ihr, die Zigarette anzuzünden. Warum war sie so verdammt aufgeregt? Vor ein paar Monaten hätte sie sich einen Dreck darum geschert. Aber inzwischen war viel passiert – Elaines Feindseligkeit, June mit ihrem ständigen Ich weiß, du wirst scheitern, alte Loserin Grinsen, und außerdem waren Steve and Jake plötzlich von der Bildfläche verschwunden. Sie musste diesen Job haben. Allein schon für ihre Selbstachtung. Sie musste einfach.
Zu ihrem Entsetzen entdeckte Anna, dass das kleine, unauffällige Loch in ihren schon etwas fadenscheinigen schwarzen Strumpfhosen größer geworden war und eine Laufmasche ihren Schenkel hinaufkletterte. Auch das noch. Womit hatte sie das verdient? Sie zog den knielangen Rock so weit wie möglich hinunter. Zum Teufel, mehr konnte sie jetzt nicht tun.
„Welche persönlichen Qualitäten bringen Sie nach eigener Einschätzung für diese neue Stellung mit?“ Mr. Walton schob seine Brille auf die Nase zurück.
Anna holte tief Luft, bevor sie antwortete
„Professionalität, Einsatzbereitschaft ...“
„Einsatzbereitschaft, hm.“ Mr. Walton schrieb etwas auf. Seine Assistentin war heute nicht dabei. Hatte sie Urlaub? Hatte sie gekündigt? Als ob das wichtig wäre, schalt sie sich. Warum beschäftigte sie sich mit solchem albernen Kram, während sie das wahrscheinlich wichtigste Gespräch ihres Lebens führte.
Unter dem prüfenden Blick des Personalchefs, der gut ein Nachfahre spanischer Inquisitoren sein konnte, saß sie steif auf ihrem Platz. Seine Befragung war gründlich.
„Für diese Stellung haben wir fünfzig betriebsinterne Bewerber, Miss Allstone. Erklären Sie mir bitte, warum wir gerade Ihnen den Vorzug vor all diesen hoch qualifizierten Mitbewerbern geben sollten?“
Fünfzig Mitbewerber! Verdammt, sie konnte ihre Hoffnungen begraben.
„Weil ich die Stellung unbedingt haben möchte, Mr. Walton.“ Anna bemühte sich, die nötige Professionalität und Begeisterung in ihre Stimme zu legen.
„Weil ich Ihnen versichern kann, dass ich für diese Arbeit bestens geeignet bin und dass ich Sie nicht enttäuschen werde, wenn Sie mir die Stelle geben.“
Mr. Walton schien mit dieser Antwort irgendwie zufrieden zu sein. Er rückte noch einmal seine Brille zurecht, lehnte sich zurück und betrachtete eingehend seine Bewerberin.
„Was halten Sie von einem Ortswechsel?“, fragte er dann weiter.
„Eine Veränderung würde mir gefallen“, erwiderte Anna ruhig. „Es würde meinen Horizont erweitern und mir die Chance geben, eine andere Seite von Lolta zu entdecken. Ich möchte, so viel wie möglich
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