Ein Mann für eine Nacht (German Edition)
Kindersitz auf der Rückbank mit weiten babyblauen Augen an. Sie unterdrückte ein Gähnen. Seit fast zwei Stunden wartete sie jetzt schon.
Der Pub leerte sich allmählich. Plötzlich fühlte sie sich schrecklich einsam und kam sich albern vor. Was sollte es schon bringen, mitten in der Nacht ihrem Ehemann nachzuschnüffeln? Normal war das nicht.
Andrew fing an zu quengeln. Er hätte schon längst im Bett sein müssen.
„Nicht weinen, Liebling“, versuchte sie ihn mit sanfter Stimme zu beruhigen. „Mama bringt dich gleich nach Hause.“ Sie schaltete das Licht an, startete den Motor und legte den Rückwärtsgang ein. Plötzlich hielt sie den Atem an. Ihre Welt schien stillzustehen. Da waren sie. Oh Gott. Simon und Shelley. Zusammen. Unter Simons großem schwarzem Regenschirm. Sie in ihrem kleinen schwarzledernen Minirock. Und er hatte einen Arm um ihre Schultern gelegt. Sie lachten. Andrew heulte hinten im Wagen.
Claire wurde hundeübel. Andrew weinte immer lauter. Sie geriet in Panik. Sollte sie jetzt aussteigen oder einfach nach Hause fahren und dort entscheiden, was zu tun war?
Plötzlich lief ihr ein eiskalter Schauer über den Rücken. Shelley reckte sich hoch und küsste Simon auf den Mund.
So, JETZT reichte es!
Sie sprang aus dem Auto und knallte die Tür zu. Den Regen, der auf sie niederprasselte, als sie mit festen Schritten auf die beiden zuging, bemerkte sie gar nicht.
„Simon!“, kreischte sie.
Ihr Mann erstarrte. Shelley auch.
„Simon!“ Sie hatte die beiden fast erreicht. „Steig ein.“
„W... was ist denn los?“
„STEIG EIN! VERSTANDEN?“
„Mach schon, Simon“, drängte ihn Shelley.
„Und du? Wie kommst du nach Hause?“
„Das wird sie wohl irgendwie schaffen“, brüllte Claire ihn an. „Wenn sie es fertig bringt, anderen Frauen den Mann auszuspannen, wird sie ihren kleinen Hintern selbst nach Hause befördern können, aus welchem Loch auch immer sie gekrochen ist.“
„Sag mal, wie redest du denn mit mir?“, Shelleys Blick wurde hart. „Als ob ich hinter deinem Mann her wäre. Hast du kein eigenes Leben?“
„Wie du? Nein, danke“, sagte Claire in beißendem Ton. „Komm jetzt, Simon, wir reden zu Hause weiter.“
Wortlos gingen sie nebeneinander her zum Auto.
„Warum hast du Andrew mitgenommen?“, fragte Simon erstaunt, als er seinen Sohn auf dem Rücksitz sah.
„Sollte ich ihn etwa allein zu Hause lassen, während ich seinen Vater dabei beobachte, wie er Huren nachstellt?“
„Huren nachstellt? Sag mal, was ist denn bloß los mit dir?“
„Ich hab gesehen, wie du diese Schlampe geküsst hast.“
„Sie hat mich geküsst. Das ist so Shelleys Art. Sie küsst alle Leute.“ Simon zuckte die Schultern. „Tut mir leid, dass dich das so aufregt. Wird nicht wieder vorkommen.“
„Also, ich werde mir das nicht noch einmal ansehen.“
„Was soll das heißen?“
„Wirst schon sehen“, sagte Claire ruhig. „Das wirst du schon sehen.“
Kapitel 28
„Dad? Hallo, ich bin’s.“
„Deidre? Rufst du etwa aus Amerika an. Aber das ist doch viel zu teuer, Schatz.“
„Nein, Dad, ich bin’s Claire.“
„Ach, du.“ Ihr Vater machte eine Pause. „Also, es ist niemand zu Hause.“
Seine Art, das zu sagen, konnte Claire nicht leiden. Sie war drauf und dran zu antworten, „Ach Dad, eigentlich wollte ich mit dir reden. Wie geht’s, wie steht’s? Irgendetwas Interessantes im Fernsehen gesehen in letzter Zeit? Was macht der Garten?“
Aber sie ließ es bleiben.
„Wann ist Mum zurück?“, fragte sie stattdessen.
„Weiß ich nicht.“ Er klang genervt. „Sie ist mit deiner Oma unterwegs.“
„Ich hab gedacht, ich könnte euch nachher mal besuchen“, sagte Claire und versuchte so munter wie möglich zu klingen.
„Dann denk an deinen Schlüssel. Ich kann nicht auf dich warten.“
„Kein Problem.“
Sie hörte, wie er auflegte.
„Tschüss, Dad“, murmelte sie. Wahrscheinlich stürzte er gerade davon, um Luftballons zu kaufen, dachte sie sarkastisch. Gut, sie hatte sich entschieden. Sie wollte weg. Andrew würde sie mitnehmen, und Simon würde es überleben. Natürlich. Mit einer Busenfreundin wie Shelley, wer brauchte da noch eine Ehefrau? Sollte Simon sich doch den Kopf darüber zerbrechen, was sie jetzt vorhatte. Sollte er doch merken, wie witzig das war.
Sie kritzelte einige Abschiedsworte auf die Rückseite eines Briefumschlags.
Sind bei meiner Mutter. Weiß nicht, wann wir wiederkommen. Claire
P.S. Vergiss nicht, Blackie zu
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