Ein Mann von Ehre
Hoheit. Knurrend und die Zähne fletschend schnappte sie immer wieder nach den beiden Angreifern.
Sie biss einen von ihnen ins Bein. Vor Schmerz schrie er auf. Der andere hatte einen Degen in der Hand, mit dem er versuchte, den mutigen Hund abzuwehren. Plötzlich sauste die Klinge durch die Luft, und Sheba brach jaulend zusammen. Aus einer tiefen Halswunde ergoss sich ein Blutstrom.
Einer der Männer versuchte, den Prinzen zu ergreifen, der wie gelähmt den toten, von ihm so geliebten Hund anstarrte. Ein dritter Mann, vermutlich Rajib, lag mit dem Gesicht nach unten im Gras.
Rosalyn tat das Einzige, das ihr in diesem Moment einfiel. Sie schoss auf den zweiten Angreifer, der sich sein Bein hielt und es seinem Kumpan überließ, den Prinzen zu ergreifen. Leider war Rosalyn nicht nahe genug bei den Männern und auch nicht so gut geübt war, um das Ziel zu treffen. Der Schuss hatte jedoch erstaunliche Auswirkungen. Die beiden Angreifer starrten sie an, als sie ein weiteres Mal und nunmehr genauer auf sie zielte. Dann schrie der Verletzte etwas Unverständliches und humpelte so schnell fort, wie es ihm möglich war. Einige Augenblicke später folgte ihm der andere Mann.
Mittlerweile hatte Rosalyn die Stelle erreicht, stützte mit der linken Hand die rechte, legte an und schoss ein zweites Mal. Diesmal war der Abstand kürzer gewesen. Die Kugel flog an dem zweiten Mann vorbei, der vor Angst aufschrie. Entsetzt rannten er und sein Begleiter fort, als sei der Teufel hinter ihnen. Das Triumphgefühl, das Rosalyn empfand, schwand jedoch sogleich, als sie den Prinzen den Hund in den Armen halten sah. Er schaute auf, und Tränen rannen ihm über die Wangen.
„Sheba hat mir das Leben gerettet!“, sagte er halb erstickt. „Die Männer hätten mich getötet. Sie hat mich jedoch gerettet, und nun ist sie tot.“
Rosalyn schossen die Tränen in die Augen. Leider hatte der Prinz recht. Traurigkeit erfüllte ihr Herz. Sie hatte die muntere, temperamentvolle Hündin gern gehabt, aber nicht in dem Maße wie Seine Hoheit. Sie hatte nicht so an ihr gehangen wie er. Sie sah ihm an, wie sehr er litt. Kläglich schaute er sie an, und in seinen dunklen Augen drückten sich Kummer und Zorn aus.
„Sheba hatte Sie in ihr Herz geschlossen“, sagte sie und legte dem Prinzen die Hand auf den gesenkten Kopf. Angesichts seines Leids und seiner Einsamkeit flog ihr Herz ihm zu. Nur der Hündin hatte er seine Zuneigung schenken können. „Sie war ein mutiges Tier und ist so gestorben, wie sie sich das gewünscht hätte. Sie hat ihr Leben für ihren geliebten Herrn hingegeben und ihn gerettet.“
„Sie war Ihr Hund, Madam.“
„Nein, sie gehörte dir“, widersprach Rosalyn. „Sie hatte dich zum Herrn erkoren, und ich war mit ihrer Entscheidung einverstanden.“
Hinter sich hörte sie ein Stöhnen, drehte sich um und ging zu Rajib. Seine Kleidung war blutdurchtränkt. Er hatte mehrere Stiche in die Brust und den rechten Arm bekommen, als er sich bei der Verteidigung seines Gebieters mutig gegen die Angreifer wehrte. In dem Moment, da er die Lider aufschlug, hockte Rosalyn sich neben ihn.
„Seine Hoheit ist in Sicherheit“, sagte sie. „Aber Sie sind schwer verletzt. Sie müssen sofort nach Haus gebracht werden.“
Rajib blickte an ihr vorbei und seufzte erleichtert, weil er den Prinzen neben dem Hund knien sah. Dann schloss er wieder die Augen und flüsterte: „Ich hatte Schüsse gehört. Sie sind rechtzeitig hergekommen, Memsahib. Ich stehe in Ihrer Schuld. Wären Sie nicht gekommen, hätten die Männer Seine Hoheit mitgenommen. Dann wäre ich vor Schmach gestorben.“
„Es war ein Glück, dass meine Großcousine mich so schnell gefunden hat“, erwiderte Rosalyn und bemerkte, dass der Diener sich aufzurichten versuchte. „Können Sie gehen, wenn ich Sie stütze? Oder soll ich Leute holen, die Sie auf einer Trage nach Haus bringen?“
„Ich glaube, ich kann mich auf den Beinen halten.“
Stöhnend kam er mühsam auf die Füße. Rosalyn ergriff ihn am linken Arm und stützte ihn. Leise bedankte er sich bei ihr.
„Kommen Sie, Hoheit“, forderte sie den Prinzen auf. „Jemand wird später Sheba holen. Sie soll in meinem Park begraben werden. Sie können ihr Grab jedoch immer besuchen. Bitte, stützen Sie Ihren Diener mit mir. Er muss sofort ärztliche Hilfe haben, damit er nicht verblutet.“
„Ja.“ Jared richtete sich auf, ging zu seinem Diener und stützte ihn an der rechten Seite. Entschuldigend schaute er ihn an.
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