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Ein Mann von Welt

Ein Mann von Welt

Titel: Ein Mann von Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antoine Wilson
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mal los.

    Nachdem ich die Tabletts gespült hatte, brachte ich sie zur Theke zurück, wo ich meinen Kollegen zuschaute, wie sie mit den Kunden umgingen und ihre Bestellungen abarbeiteten, ich sah keine Anzeichen von Krieg, ich sah Leute, die versuchten, auf ihre Bäuche zu hören, während sie das Angebot studierten, das erhöht über allen und allem hing und auf dem Bilder von den meisten Speisen waren, und Zahlen, aus denen man auswählen konnte. Ich bin nie ein großer Leser gewesen, aber Zahlen kenne ich, wenn du dich nicht mit Zahlen auskennst, kriegst du alle möglichen Schwierigkeiten, die Worte deines Großvaters. Ich drehte eine Runde durch den Gastraum, um die Tabletts von oben auf den Mülleimern einzusammeln. Und zum ersten Mal befand ich mich unter der Bevölkerung von Panorama City. Sie sahen aus, als könnten sie auch im Fastfood-Restaurant an der Schnellstraße in Madera essen, die Menschen von Panorama City sahen nicht sehr anders aus als die Leute in Madera, außer dass, wenn ich in ihre Gesichter schaute, ich keinen von ihnen erkannte, und sie erkannten mich nicht, sie wussten nicht, dass ich Mayor genannt wurde, sie wussten nicht, dass sie mich fragen konnten, falls irgendwas im Haus gemacht werden sollte, sie sagten nicht hallo, sie sagten nicht Entschuldigung, sie bewegten sich um mich herum, als wäre ich ein Hund, der nicht aus dem Weg gehen will. Einmal lächelte mich ein Mexikaner mit einem Cowboyhut an und sagte guten Tag, auf den Zähnen trug er Silberkronen, er erinnerte mich an den alten Farmhelfer Sergio Cruz aus Madera, und ich sagte, guten Tag, hat das Essen geschmeckt?, und er nickte. Ich stellte mich vor, ließ ihn wissen, dass ich neu in
Panorama City war und erst seit kurzem im Fastfood-Restaurant arbeitete, aber falls er irgendetwas brauchen sollte, er nicht zögern sollte zu fragen. Wenn Kameras dabei gewesen wären, hätten sie das gleich ins Trainingsvideo mit reinnehmen können. Er schüttelte mir die Hand, er stellte sich vor, er hieß Alcibiades Cervantes, er hatte auf Farmen und Ranchos gearbeitet, bevor sie an Immobilienfirmen verkauft wurden, bevor es Panorama City überhaupt gegeben hatte, er lebte auf einem alten Bauernhof mitten in der Stadt, er vermisste seine Pferde, er dachte daran, wieder nach Mexiko zurückzugehen, aber das letzte Mal, als er dort gewesen war, hatte sich da auch so viel verändert, und all die Veränderungen dort brachen ihm das Herz, mehr noch als die Veränderungen hier in Panorama City, und außerdem waren da noch seine Enkelkinder, die bauten sich ihr Leben hier auf, sie wussten nichts von all den Veränderungen, die früher passiert waren, aber das war ihre Aufgabe, seine Worte, das ist die Aufgabe für uns alle, er lachte, nichts zu wissen über das, was früher war, dann sagte er, dass er das eigentlich nicht glauben würde, tatsächlich glaubte er genau das Gegenteil. Er sagte, das einzig Gute, was die Zivilisation hier hervorgebracht hätte, wäre dieses Fastfood-Restaurant, er nannte dessen Namen, wenigstens könnte man jetzt schnell und preiswert essen, früher war es mit der Ernährung eine Herausforderung gewesen, man war vom Wetter und seinen Tieren abhängig. Natürlich redete ich auch, aber ich weiß nicht mehr, was ich sagte. Dann erschien Roger und sagte Entschuldigung zu Alcibiades, nicht, als ob er es ernst meinen würde, sondern, als ob er jemandem sagen würde, er
sollte aus dem Weg gehen. Er führte mich nach hinten und erklärte, dass der Umgang mit den Kunden nicht zu meinen Aufgaben gehörte, meine Aufgabe war Springer, und mein einziger Umgang im Moment sollten Tabletts und die Spülmaschine sein. Er erklärte mir, die Kunden kämen mit vollen Taschen und leeren Bäuchen und gingen umgekehrt wieder raus, bloß keine Zicken.

    An der Bushaltestelle stand ein Junge mit einem Skateboard, der ging immer wieder auf die Straße und stellte sich auf Zehenspitzen, um zu sehen, ob der Bus kam. Ich erwähnte etwas, was dein Großvater immer sagte, nämlich, dass zu warten eine Kunst ist. Er sagte, warum gibst du mir nicht Pommes und eine Cola, dann lachte er, blickte sich um, ob jemand mit ihm lachen würde, das hat aber niemand gemacht. Ich antwortete ihm nicht, sondern holte mein kleines Fernglas aus meiner Tasche und schaute die Straße runter in die Richtung, aus der der Bus kommen sollte. Da war er, flimmerte in der Hitze der Straße und des Nachmittags, ungefähr zwölf Straßenzüge entfernt, sein flaches Gesicht schaute

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