Ein Mann von Welt
das der Po
lizei überlassen, ich wüsste nicht, worauf ich mich da eingelassen hätte. Ich fragte sie etwas, was in der Leuchtturmgemeinde immer eine beliebte Frage war: Was würde Jesus tun? Die Leute beim Leuchtturm sagten das gern, einige trugen sogar kleine Armbänder mit den Anfangsbuchstaben des Spruchs darauf, aber ich fragte das nie, besonders nicht, nachdem ich die Bibel auf Tonband gehört hatte. Weißt du, Jesus hat eine begrenzte Anzahl von Dingen getan, er heilte die Kranken, verwandelte Wasser in Wein, trommelte Fischer zusammen, stieß Tische um, gab dem Kaiser, was des Kaisers war, lief herum, erzählte Geschichten, aß mit Prostituierten und Zöllnern, wusch die Füße von Leuten, fragte Gott, warum hast du mich verlassen, und ist von den Toten auferstanden. Wenn man nicht gerade eines dieser Dinge tat, bedeutete die Frage, was würde Jesus tun?, nichts anderes als über Gottes Gedanken zu spekulieren, und ob man nun an ihn glaubte oder nicht, es erschien mir falsch, erraten zu wollen, was Jesus in anderen Situationen tun würde, es schien völlig der Idee zu widersprechen, dass wir eben nicht wissen können, was Gottes Plan ist. Als Paul unters Dach zog, hatte ich das alles natürlich schon hinter mir gelassen, aber Tante Liz blieb die gute Christin, die sie schon immer gewesen war, und ich dachte, sie davon zu überzeugen, dass Paul geholfen werden sollte, zumindest bis die Polizei kam, wäre eine gute Möglichkeit, an ihre christliche Nächstenliebe zu appellieren, wie man so sagt, und deshalb fragte ich sie, was Jesus wohl in dieser Situation tun würde. Du bist nicht Jesus, sagte sie, du bist Oppen, du bist mein Neffe, und du bist Gast in diesem Haus, und ich verbiete dir, sagte sie,
ich verbiete dir, da unters Dach zu klettern, ich verbiete dir, sie wiederholte es noch einmal, da hochzuklettern. Ich sagte, dass mir die Schwierigkeiten, die ich ihr eventuell gemacht hatte, ehrlich leidtaten, ich sagte, dass ich ihre Gastfreundschaft sehr zu schätzen wusste, genau wie ihren Standpunkt, denn sie hatte einen Standpunkt, sogar einen sehr klaren, was immer Paul Renfro auch dazu sagte, ich sagte ihr, ich verstand genau, was sie meinte, aber trotzdem musste ich meinem Freund helfen.
Tante Liz versuchte nicht, mir zu folgen. Ich kletterte über die Dachbalken und kroch durch die Passagen, um Paul zu erreichen, um zum Raum über der Küche zu kommen, wo Paul auf und ab gegangen und gefallen war. Da war er, er verharrte da vornübergebeugt und stöhnte, sein Arm steckte in der Decke unter ihm fest, sein verletzter Knöchel stand in einem komischen Winkel ab, er sah aus, als würde er schwimmen, als wäre er beim Schwimmen eingefroren worden. Gott sei Dank bist du es, sagte er, als er meine Ankunft bemerkte. Hilf mir, sagte er danach, hilf mir, meinen Arm hier rauszukriegen. Er steckte fest, sein Arm steckte fast ganz bis zur Schulter fest. Ich versuchte, den ganzen Gips und das Holz um seinen Arm herum wegzuschaufeln, aber nur mit den Händen war das nicht zu machen. Ich ging zurück in den Kriechraum und durchwühlte Pauls Papiere, die nicht mehr überall hingen, sondern in unordentlichen Stapeln herumlagen, und ich fand einen Druckbleistift, Tante Liz musste mich gehört haben, sie war immer noch in der Kammer, sie fragte mich, ob ich Vernunft angenommen hätte, sie
bat mich herunterzukommen, ich sagte ihr, Paul steckt fest, sie sagte, gut so, lass ihn stecken, bis die Polizei kommt. Ich ging zurück zu Paul. Ich stellte fest, dass ich ein wenig von dem Holz über dem Gips abziehen konnte, und dann benutzte ich den mechanischen Bleistift, um Stück für Stück den Gips abzuschlagen, bis das Loch groß genug war, dass Paul seinen Arm herausziehen konnte. Die ganze Zeit, in der ich das tat, lamentierte Paul, sein Wort, er lamentierte über das, was passierte, er sagte, was gerade passierte, war das, was jedes Mal passierte, er sagte, es gäbe scheinbar keinen Ausgang aus dieser endlosen Wiederholungsschleife, er hatte das von seinen Eltern geerbt, die perverserweise noch immer am Leben waren. Tante Liz war in der Küche, ich konnte sie von oben durch das Loch sehen, sie starrte mich mit schreckgeweiteten Augen an, und sie hatte immer noch beide Messer in den Händen. Es dauerte überraschend lang, bis die Polizei kam, Tante Liz sollte später sagen, das war typisch für Panorama City, heutzutage war Panorama City allen egal, Panorama City hätte sich diversen asozialen Elementen ergeben, und die
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