Ein Mann von Welt
rausschmeißen.
Es war erst am nächsten Morgen, nachdem wir etwas gegessen hatten, vielmehr trank sie Kaffee, ich aß Haferflocken, es dauerte bis zur Morgendämmerung, bis sie irgendwie auf einer neuen Schiene fuhr, eine neue Strategie ausprobierte, die sie nicht wieder an den Punkt der Entscheidung führte, es war etwas, was sie noch nie mit mir ausprobiert hatte, sie stellte ihren Kaffee auf den Tisch und schaute mich direkt an, und sie sagte zu mir, oder eher fragte sie mich, zum ersten Mal, was willst du? Ich sagte, ich will nach Hause.
Die Worte kamen raus, ohne dass ich sie überhaupt gedacht hatte. Dann sagte ich zu Tante Liz, dass ich den letzten Wunsch meines Vaters, ihres Bruders, deines Großvaters, erfüllen wollte, ich wollte ihn da begraben, wo er hingehörte, nämlich neben Ajax und Atlas, also nicht auf irgendeinem Friedhof zwischen den Kutchinskis und Browns. Sie trank einen Schluck Kaffee, sie trank einen großen Schluck, sie schaute mich über den Rand ihrer Kaffeetasse an, sie überlegte, sie überdachte ganz genau, was ich gesagt hatte. Dann stellte sie ihre Kaffeetasse ab und nickte, das klingt vernünftig, ihre Worte. Sie würde mich zum Bus bringen, sagte sie, sie würde mir meine Busfahrkarte zurück nach Madera kaufen, natürlich könnte ich sie jederzeit anrufen, wenn ich etwas bräuchte, aber jetzt konnte sie nicht mitkommen, sie
hatte zu viel zu beglaubigen, sie hatte Leute, bei denen alles Mögliche bestätigt und beglaubigt werden musste, sie musste sich auch erholen, sie führte viele Gründe auf, warum sie nicht mit mir mitkommen konnte, aber ich brauchte gar keine, ich hatte gar nicht erwartet, dass sie mit mir mitkommen würde, ich konnte mich schon um mich selbst kümmern, und das sagte ich ihr auch so. Das rief bei Tante Liz eine Veränderung hervor, sie schien sehr erleichtert, sie hatte versucht, sich zu zwingen, mich rauszuwerfen, in ihrem Inneren hatte sich ein Kampf abgespielt zwischen dem Bedürfnis, mich loszuwerden, und dem Wunsch, immer noch jede meiner Bewegungen und alle meine Gedanken zu kontrollieren, aber zusammen hatten wir einen dritten Weg gefunden.
Sie schwelgte in Erinnerungen an meinen ersten Tag in Panorama City, sie sprach von meinem Gesichtsausdruck, als ich aus dem Bus ausstieg, und über den Anzug, den ich anhatte, sie sprach von meinem ersten Tag im Fastfood-Restaurant und von vielem mehr, alles hätte so vielversprechend ausgesehen. Ihre Erinnerungen nahmen einen dunkleren Ton an, sie trug diesen dunklen Magneten in sich, er übernahm ihre Sprache und führte sie dahin, wohin sie gar nicht gehen wollte, sie schwelgte in Erinnerungen, und dann fragte sie mich, ob ich wüsste, ob ich ihr da Klarheit verschaffen könnte, wo und wie und warum sie gescheitert wäre. Ich sagte ihr, dass sie natürlich überhaupt nicht gescheitert war. Ich sagte ihr, sie wäre während meiner Zeit in Panorama City sehr gastfreundlich zu mir gewesen, und das Einzige, was ich bedauerte, war, dass sie und Paul Renfro sich nicht verstanden
hätten, sonst wäre alles noch schöner gewesen, aber vorbei ist vorbei, wie dein Großvater immer sagte. Und außerdem hatte ich ja getan, weswegen ich gekommen war, oder vielmehr hatte ich aufgehört, das zu tun, weswegen ich gekommen war, ich hatte erkannt, dass meine Prämissen falsch gewesen waren. Ich dachte, ich wäre nach Panorama City gekommen, um ein Mann von Welt zu werden, während ich tatsächlich nach Panorama City gekommen war, um mich in einen Spießer zu verwandeln, weil ich dachte, so würde man zu einem Mann von Welt. Hätte ich Erfolg gehabt, wäre ich nie eines Besseren belehrt worden, wie man so sagt, dann wäre ich wirklich ein Spießer geworden und würde dir jetzt sagen, ich wäre ein Mann von Welt, und als Beweis würde ich meinen Golfschläger hochhalten. Stattdessen habe ich mittlerweile verstanden, dass ein Mann von Welt nicht etwas ist, wofür man sich zusammenreißt, und dann ist man einer – ein Mann von Welt, ein echter Mann von Welt, ist etwas, was man immer wird. Es ist eine Frage und keine Antwort. Deshalb störte es mich gar nicht, Panorama City zu verlassen, denn obwohl ich mein Ziel nicht erreicht hatte, hatte ich es als falsches Ziel entlarvt, oder es war für mich entlarvt worden, was viel wertvoller ist, als das Erreichen eines Ziels je sein könnte, und ich hatte nach und nach verstanden, dass ich überall, auch in Madera, ein Mann von Welt sein konnte oder dass ich immer mehr zu einem Mann von
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