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Ein Mann wie ein Erdbeben

Ein Mann wie ein Erdbeben

Titel: Ein Mann wie ein Erdbeben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Welt!
    Was bleibt, sind die Autos. Rasende Blechkästen auf heulenden, rotierenden Gummireifen. Fauchende Ungeheuer, die einen verdaut haben, bevor sie einen gefressen haben. Huren, die das Rückenmark aussaugen mit 180, 100, 200, 210, 240 km Geschwindigkeit. Götter, die sich lenken lassen. Und dann prallt man gegen einen Felsen, und ein so treuer Kerl wie Lutz Adams verbrennt und schreit … schreit … schreit …
    Und schließlich die Weiber. Atmende Wunden, die sich nie verbinden lassen, sondern immer wieder aufspalten. Stöhnende Glattheit, süß im Schweiß duftende Fleischblumen, Gliedmaßen voll elektrischer Spannung, Haare, aus deren jeder Locke ein Blitz schießt, Lippen, die eine ganze Welt verschlucken, und die Hölle und das Paradies dazu …
    Mein Leben! Das ist alles, da hört es schon auf.
    Gott, was für ein Mensch bin ich?
    Auch jetzt lag Bob Barreis schweigend auf dem Rücken, während sich Pia neben ihm in einem weißen Frottiermantel wälzte und unentwegt redete. Er hörte gar nicht zu, verstand kein Wort, ihre Stimme erreichte ihn wie verschwommene Töne eines weit entfernten Radiogeräts. Auch als sie ihn küßte, ›mein Bärchen‹ nannte und einen Schwall von Zärtlichkeiten über ihn ausgoß, blieb er unbeteiligt und wie außerhalb seiner Haut stehend.
    Plötzlich sprang er auf, stieß Pias Hände zurück und ging ins Ankleidezimmer. Zehn Minuten später verließ er das Apartment und wunderte sich nicht, daß auch Pia bereits angezogen war und sich neben ihm hielt.
    Am Eingang des Frühstückszimmers blieben sie stehen. Bob nickte zu Hellmut Hansen hin, der in einer deutschen Illustrierten blätterte.
    »Das ist er?« fragte Pia leise. Ihr Blick wurde kalt und gefährlich.
    »Ja. Der große Blonde da.«
    Pia Cocconi warf die langen schwarzen Haare mit einer Kopfbewegung über die Schultern. Warum wiehert sie jetzt nicht, dachte Bob plötzlich. So werfen Wildpferde den Schädel empor, bevor sie hochsteigen und mit den Hufen dem Gegner den Schädel zertrümmern.
    »Hast du etwas dagegen, wenn ich mit ihm flirte?« fragte sie.
    Bob schielte zur Seite. Pias Lippen waren schmal geworden. Eine tödliche Waffe. Das Messer, das Herzen zerstückeln kann.
    »Nein. Aber du wirst es schwer haben.«
    »Ist er ein Eunuch?«
    »Durchaus nicht.«
    »Wirst du eifersüchtig sein?«
    »Willst du einen Grund liefern?« Bob beobachtete Hellmut, wie er die Illustrierte weglegte, einen Schluck Tee nahm und nach einer italienischen Tageszeitung griff. »Einen Flirt erlaube ich. Aber du willst mit ihm ins Bett gehen, nicht wahr?«
    »Ich will, daß er mir wie eine zahme Taube aus der Hand frißt.«
    »Und warum?«
    »Er hat mich beleidigt und unser Glück gestört. Es ist gefährlich, mich zu reizen. Ich habe einen starken Willen, und was ich mir in den Kopf gesetzt habe, diese Wünsche erfülle ich mir. Als ich dich gestern abend kennenlernte, wollte ich dich haben.« Sie legte ihre schmale Hand auf seinen Arm, und plötzlich war es ihm, als sei sie aus Eis und verbrenne mit ihrer Kälte durch Anzug und Hemd hindurch seine Haut. »Haben wir uns nicht die schöne Nacht und einen wunderschönen Morgen geschenkt?«
    Bob nickte schweigend. Sie wollte mich, durchrann es ihn. Und ich träumte in dem Wahn, mit meiner Persönlichkeit den Prinzen Orlanda geschlagen zu haben. Ich Narr! Ich Hampelmann! Ich stammelnder Bajazzo. Schon wieder eine Niederlage, wo ich mich wie der Sieger fühlte. Wieder bist du ein Nichts, eine Vakuum ausspuckende Null.
    Er bezwang sich mit aller in ihm tobenden Gewalt, Pia Cocconi nicht von der Tür des Frühstückszimmers wegzuziehen, in eine Ecke der mit Palmenkübeln ausgeschmückten Halle zu ziehen und ohne weitere Worte, stumm wie ein Roboter, zu erwürgen. Statt dessen lächelte er, maskenhaft, das Grinsen eines Satyrs.
    »Du kannst ihn ablenken«, sagte er gepreßt. »Ich brauche Zeit bis zum Mittagessen.« Er blickte schnell auf seine Uhr. In drei Stunden konnte er in Ludon sein, eine halbe Stunde Unterhaltung mit Gaston Brillier, drei Stunden Rückfahrt … nein, es würde nicht bis zum Fünfuhrtee gelingen. »Bis zum Tanztee, Liebling.«
    »Ich werde mit ihm zum ›Piscine des Terrasses‹ gehen. Einverstanden?«
    »Einverstanden.« Bob nickte kurz. Das Schwimmbad des ›Hotel de Paris‹, ein riesiges, rundes Becken, dessen warmes Wasser alle vier Stunden erneuert wurde, war ein Treffpunkt zweibeiniger Millionen. Hier erholte man sich im Wasser und unter den Sonnenschirmen,

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