Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Mann wie ein Erdbeben

Ein Mann wie ein Erdbeben

Titel: Ein Mann wie ein Erdbeben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Riesenbett in die hinterste Ecke.
    »Laß mich nicht allein, Bob!« stammelte sie. »Bitte … warte eine Minute. Ich will mit …«
    »Du bleibst! Du bist das Corpus delicti.« Bob hob zehn Finger. Malu sank seufzend zurück und kreuzte die Arme vor die Brüste. Zehntausend Francs. Habe keine Angst, meine Seele. Zehntausend Francs. Zehntausend. Sie können der Beginn einer neuen Karriere sein. Eine kleine Wohnung, neue Kleider. Eine Sprosse höher auf der Treppe ins Paradies. Verschlucke deine Angst, mein Püppchen …
    Kaum zehn Minuten später war Bob wieder da. Hinter ihm trat Louis Lafette in die Hütte und überblickte sofort die Situation. Gaston saß noch immer auf seiner Bank, ein dumpfer Klotz Fleisch, der sich nur wehren konnte mit dem Satz: »Ich habe nichts getan! Glaubt mir doch!«
    »Gaston!« sagte Lafette amtlich. Brillier hob den Schädel. Seine Augen waren doppelt so groß wie normal. Der ganze Jammer der zusammenbrechenden Welt war in ihnen, aber keiner erkannte das, am wenigsten Lafette. Für ihn war seit fünfzehn Jahren endlich etwas los. Er konnte ein Protokoll aufsetzen, er konnte ein Verhör leiten, er konnte eine Meldung nach Briançon schicken: In Ludon habe ich einen Mann verhaftet, der ein junges, unschuldiges Mädchen vergewaltigen wollte. Und das in Ludon! Und ausgerechnet Gaston Brillier. Es war ein Fall, den sich Lafette auch durch bettelnde Bärenaugen nicht aus der Hand nehmen ließ.
    »Du hast also das Mädchen aufs Bett gezogen?« fragte Lafette energisch. Gaston zuckte hoch und warf die Arme über den Kopf.
    »Nichts habe ich getan! Nichts! Louis … du kennst mich doch!«
    »Gendarm Lafette, bitte! Ob ich dich kenne oder nicht, spielt keine Rolle. Mademoiselle liegt nackt in deinem Bett. Willst du behaupten, sie sei von allein da hineingesprungen?«
    »Genau das, Louis. So war's.«
    »Ich bring' ihn um!« knirschte Bob Barreis. »Gendarm, meine Braut ist aus bestem Hause! Unberührt! Bitte, notieren Sie: Unberührt! Und dieser Hund reißt ihr die Kleider …«
    In Gaston zerbrach etwas. Er brüllte auf, stürzte zum Ofen, riß ein Holzscheit aus dem Stapel und schleuderte es gegen Bob. Dicht am Kopf vorbei sauste das Geschoß und krachte gegen die Wand. Hätte es Bobs Kopf getroffen, er wäre zersprungen wie unter einem Hammer.
    »Nach Briançon!« schrie Gaston. »Ich will Gerechtigkeit! Ich fahre nach Briançon! Ich habe nichts getan! Gar nichts! Dort werden sie mir glauben!«
    Er faßte sich an den Schädel, der so ehrlich war, daß er dieses Schauspiel nicht begreifen konnte, rannte dann los, stieß Lafette und Bob zur Seite und stürmte aus dem Haus.
    »Festhalten!« brüllte Bob. Er stieß Lafette an, der ruhig stehenblieb und nur sein verrutschtes Käppi zurechtrückte. »Er entwischt uns. Tun Sie doch etwas! Haben Sie eine Waffe?«
    »Ja. Wozu?«
    »Verhindern Sie seine Flucht! Er ist ein Wüstling!«
    »Er will doch nach Briançon …«
    »Und das glauben Sie?«
    »Ja.«
    »Hat er denn ein Auto?«
    »Ein altes Motorrad. Hören Sie … da ist es!«
    Lautes Knattern drang von draußen in die Hütte. Lafette grinste. Malu hatte begonnen, sich wieder anzuziehen. Es fiel Lafette nicht auf, daß sie in ihrer Manteltasche neue Unterwäsche hatte, die man im allgemeinen nicht in dieser Weise mit sich führt.
    »Er entkommt uns nicht«, sagte Lafette. »Ich werde sofort beim Kommissar in Briançon anrufen, und wenn er vor dem Revier hält, wird man ihn verhaften.«
    »Ich fahre ihm nach!« Bob Barreis faßte Malu an der Hand und zerrte sie aus der Hütte. Gaston fuhr gerade an, ein schwarzer Kloß auf zwei hüpfenden Rädern. »Dort ist er. Ich werde ihn nicht aus den Augen lassen, Gendarm! Ich werde meine Aussagen beim Kommissar machen.«
    »Vergessen Sie nicht, mein schnelles Eingreifen zu erwähnen, Monsieur!« rief Lafette und winkte mit beiden Händen.
    Bob rannte zu dem kleinen Fiat, stieß Malu hinein und folgte dann Gaston in einem höllischen Tempo.
    Es war eine Fahrt, die an die Nacht mit Lutz Adams erinnerte. Eine Straße voller Eisbuckel, die einsame, kalte Nacht, durchschnitten von den Leuchtarmen der Scheinwerfer, in denen jetzt das Motorrad mit Gaston Brillier tanzte.
    Serpentinen. Haarnadelkurven. Felsen, mit Eiszapfen behangen.
    Gaston fuhr wie ein Irrer. Er legte sich schräg in die Kurven, balancierte an den Rändern der Abgründe und duckte sich wie ein gehetztes Tier, wenn ihn wieder die Scheinwerfer Bobs ergriffen. Und eine Hetze war es auch, eine

Weitere Kostenlose Bücher