Ein Mann wie Mr Darcy
irgendetwas gestoßen haben und bewusstlos geworden sein, und es doch irgendwie geschafft haben, im Sattel zu bleiben, während Lightning nach Hause gelaufen ist … oder vielleicht bin ich auch zu den Ställen zurückgeritten und kann mich nur nicht daran erinnern, weil ich danach das Bewusstsein verloren habe … oder vielleicht -
»Ich habe ein paar Jugendliche getroffen, als ich nach dir gesucht habe«, unterbricht Spike meine wirren Gedanken. »Die haben mir erzählt, sie hätten dich zuletzt gesehen, als du einen Joint mit ihnen geraucht hast.«
»Oh … ach, stimmt ja.«
Das könnte meine Amnesie erklären.
»Und du hättest zwei Gläser Champagner getrunken.«
Das ebenfalls.
»Eins davon war deines«, gebe ich schwach zu.
Spike seufzt und kratzt sich gedankenverloren seinen sprießenden Bart. Ich bemerke, dass er Jackett und Krawatte abgelegt, seinen Kragen aufgeknöpft und die Ärmel hochgekrempelt hat, sodass seine dicht behaarten Unterarme zu sehen sind. Er kratzt sich unbehaglich das Schlüsselbein. Offensichtlich quälen ihn Gewissensbisse. Entweder das, oder er hat Flöhe.
»Hör zu, es tut mir leid«, sagt er. »Irgendwie fühle ich mich verantwortlich – deshalb habe ich angeboten, bei dir zu bleiben, um sicherzugehen, dass alles okay ist. Du warst ziemlich weg vom Fenster.«
»Danke«, sage ich steif. Himmel, wie peinlich.Warum musste es ausgerechnet Spike sein, der mich findet? Das muss Wasser auf seinen Mühlen gewesen sein. »Aber jetzt geht es mir ja wieder gut, also kannst du gehen.« Ich ziehe die Bettdecke über mich. Das ist der Augenblick, in dem mir klar wird, dass ich meinen Pyjama nicht trage. Ehrlich gesagt, habe ich überhaupt nichts an. Ich bin splitterfasernackt.
Entsetzt ziehe ich die Daunendecke noch fester um meine Brust. Ich will nicht einmal darüber nachdenken, wer mich ausgezogen hat. »Wenn du bitte die Tür hinter dir zumachen würdest«, stoße ich hervor. Spike sieht mich an, als wollte er noch etwas sagen, schnappt seine Jacke und geht zur Tür.
Er reißt sie auf. »Scheiße«, zischt er, dann knallt er sie wieder zu.
Erschrocken fahre ich zusammen.
Mit hochrotem Gesicht und zusammengebissenen Zähnen dreht er sich zu mir um. »Hör zu. Da ist noch etwas, was ich dir schon die ganze Zeit sagen wollte, aber es schien nie der richtige Zeitpunkt zu sein, und – na ja – ich werde es jetzt einfach sagen -« Er kommt auf mich zu.
Ich wappne mich für einen wütenden Ausbruch und sammle im Geiste bereits Munition, um zurückzuschießen.
»Ich habe mich Hals über Kopf in dich verliebt.«
Ich unterbreche meine Tätigkeit und starre ihn überrascht an – und verwirrt. Er steht kerzengerade da, die Hände gegen die Seiten gepresst.
»Soll das wieder einer deiner Witze sein?«, bringe ich mühsam stammelnd hervor.
»Nein, ganz und gar nicht«, antwortet er schnell. »Es ist mein völliger Ernst.« Er zieht einen Stuhl heran, setzt sich umgekehrt darauf und stützt die Arme auf die Lehne. Erwartungsvoll schaut er mich an. Wenn ich jetzt sage, dass es mir die Sprache verschlagen hat, meine ich das auch so. Ich starre ihn ungläubig an. Das muss ein Witz sein, oder? Wir hassen einander doch aus tiefster Seele.
Doch er lächelt nicht, blinzelt oder tut sonst irgendetwas, wie sonst, wenn er -
Oh Mist. Er meint es wirklich ernst.
»Ich kann nicht aufhören, an dich zu denken, Emily«, fährt er fort, wobei die Worte sogar noch schneller als gewöhnlich aus ihm heraussprudeln. »Ich weiß, das kommt vielleicht alles ein bisschen überraschend für dich, aber ich wollte dir einfach sagen, dass ich völlig hingerissen von dir bin …« Könnte mir bitte jemand sagen, dass ich immer noch draußen in der Kälte stehe und das hier irgendein bizarrer Alptraum ist. Das kann nicht wahr sein. Es kann einfach nicht.
»… völlig hingerissen …«
Aber es ist wahr.
Oh Gott.
Oh Gottogottogottogott.
Und ich dachte die ganze Zeit, Spike hasst mich, dabei ist er in mich verliebt.
Diese Vorstellung treibt mir die Röte ins Gesicht. Ungeachtet der Tatsache, dass ich Spike hasse, kann ich einen Anflug von Freude nicht leugnen. Ja, ich fühle mich sogar ein wenig geschmeichelt. Ich meine, wer wird nicht gern mit Komplimenten überhäuft? Selbst wenn sie aus dem Mund eines Kerls stammen, der lügt und alte Männer verprügelt.
»… und auch wenn du weißt, dass ich dich am Anfang überhaupt nicht attraktiv fand …«
Moment mal, was war das gerade?
»… ganz im Gegenteil.
Weitere Kostenlose Bücher