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Ein Mensch namens Jesus

Ein Mensch namens Jesus

Titel: Ein Mensch namens Jesus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerald Messadié
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Jünglinge ihre Ideen öffentlich, möglichst noch vor einem mißgünstigen Rabbi darlegen! Und Simon, der mit Andreas inzwischen wieder eingetroffen war und Thomas’ Gedanken erraten zu haben schien, flüsterte ihm ins Ohr, daß er erst sehen wolle, was dieser Wein, der in ganz junge Schläuche gefüllt werde, wert sei. Jesus, der ein gutes Gehör hatte, trat später, als sie wieder in der Stadt waren, zu Simon und bemerkte, daß auch alte Schläuche einmal jung gewesen seien.
    Die beiden Jungen wurden schnell kühner und ereiferten sich. Sie fragten, wann die neue Missionierung der Juden denn beginne, und Johannes fügte hinzu, daß Jesus sofort in der Synagoge predigen solle, ein Vorschlag, dem die anderen mit Protest begegneten. Wie verblüfft waren sie, als Jesus erklärte, dies sei ein guter Vorschlag, und er wolle ihn sofort in die Tat umsetzen. Jakobus und Johannes sollten also ihren Helden bald in Aktion sehen, und Philippus und Natanael, die sich vom Unternehmungsgeist der zuletzt Hinzugekommenen anstecken ließen, erklärten, sie seien begeistert. Simon, Andreas und Thomas setzten sich also murrend ans Ende der Schar, die an einem Spätsommervormittag vor dem Sabbat zur Synagoge zog.
    Jesus stieg leichten Herzens die Stufen hinauf. Im Innern waren kaum zwölf Personen, alles Leute, die sich mit langsamen und gemessenen Schritten bewegten, und die sicher hier waren, um Beschneidungen zu regeln oder Danksagungen und Gelübde abzulegen. Zwei oder drei erkannten ihn, und im Nu verbreitete sich die Kunde wie ein Lauffeuer. Eine halbe Stunde später waren zwei Dutzend Menschen in der Synagoge, bald darauf konnte man sie nicht mehr zählen. Jesus blieb auf der Seite der Männer, seine sieben Jünger hinter sich, vor sich die Menge, die schweigend auf ein Ereignis wartete. Jesus schritt zur Kanzel.
    »Volk von Kafarnaum«, sagte er, »der Vogel am Himmel sucht nach reifem Korn auf dem Felde, und die Narzisse wartet auf den Morgentau, um sich zu öffnen. Der Mensch aber wartet auf das Wort Gottes. Das Korn ist schnell verspeist, und der Tau trocknet in der Sonne. Aber das Wort Gottes nährt den Menschen in Ewigkeit, und die, die sich daran laben, werden nie mehr hungrig sein.« Er ließ den Blick über die Menge schweifen, die noch dichter geworden zu sein schien. »Manche unter euch sind hergekommen in der Hoffnung, nicht nur einen Gesandten zu sehen, der ihnen das Wort Gottes bringt, sondern auch einen Herold, der Schwert und Banner aufheben möge, die schon so lange am Boden liegen. Ich möchte diejenigen daran erinnern, daß das Wort Gottes stärker ist als jedes Schwert und ruhmreicher als jedes Banner. Unzählig sind die Anführer der vergangenen Jahrhunderte, die durch das Schwert gesiegt haben und ihre Banner haben flattern lassen, ohne dadurch nur einen Deut in der Gunst des Herrn gestiegen zu sein. Ich erinnere auch die, die das Schwert und das Banner erwarten, daran, daß der Besitz aller Reichtümer der Welt nicht den des Wortes Gottes aufwiegt.«
    Stirnrunzeln, offene Münder: Überraschung.
    »Ich bin jedoch gekommen, um euch zu sagen, daß keiner für sich das Wort Gottes besitzt. Dieses Wort ist nicht wie das Vieh, das man einsperren kann, oder das Korn, das man einlagert. Es gibt niemandem Autorität über einen anderen. Es ähnelt der Luft, die wir atmen, und dem Wasser, das wir trinken, mit dem Unterschied, daß wir ohne dieses Wort wie Tiere oder Sklaven wären. Und nur weil das Volk Israels diesem Wort nicht gut zugehört hat, ist es heute in einem Zustand der Sklaverei.«
    Leichte Unruhe, die sich zum Lärm steigerte.
    »Beten wir also dafür, daß unsere Herzen immer für das Wort Gottes offen bleiben, damit wir unsere Kraft wiederfinden! Aber keiner soll es sich in den Sinn kommen lassen, mit dem Herrn zu handeln, Ihm zu sagen, daß, wenn er das gibt, Er jenes haben wird, wie man es nur zu oft sieht. Das göttliche Wort kann man gegen kein irdisches Gut eintauschen.« Jetzt, dachte er, heißt es ein Gefühl der Einheit schaffen. Rezitiere den zweiten Psalm, mit Pausen, damit sie ihn nachsprechen können: »Warum nur sind die Staaten erregt / Warum schmieden die Menschen ihre sinnlosen Ränke / Die Könige der Erde haben sich bewaffnet / Und die Mächtigen haben sich verschworen / Gegen den Herrn und seinen Messias...«
    Er wurde unterbrochen. Eine Stimme, zu der ein knorriger, emporgereckter Arm gehörte, schrie: »Wer bist du, daß du von der Kanzel aus sprichst? Bist du ein Rabbi?«
    Ein

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