Ein Mensch namens Jesus

Titel: Ein Mensch namens Jesus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerald Messadié

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verstehen bemüht war, was sich ihm hier darbot.
    »Das bedeutet«, fuhr der Priester fort, »daß der Zodiakus, der Tierkreis, der sich um die Sonne dreht, von einem Zeichen ins nächste überwechselt. Mit anderen Worten und nach griechischen Astrologiebegriffen, die dir vielleicht vertrauter sind als die unseren, wechseln wir vom Zeichen des Widders in das der Fische über. In unserer Astrologie hieße das ein Wechsel vom Zeichen des Varak zu dem des Mahik.«
    »Ihr habt diesen ganzen langen Weg gemacht, um uns das zu sagen?« fragte der Höfling mit den gerunzelten Augenbrauen. »Die Mühe hättet ihr euch sparen können.«
    »Ich stelle euch hier unseren Hofastrologen Tisimak vor«, sagte Herodes.
    Der Priester lächelte Tisimak mechanisch zu. Die Ungehörigkeit dieses Kollegen schien ihn völlig unbeteiligt zu lassen. »Geduld, nur Geduld!« meinte er. »Die Geduld ist der Schlüssel zum Himmel, und aller Zorn der Welt wird die Sonne nicht um eine Daumesbreite schneller bewegen. Das soeben Gesagte war lediglich eine Einführung und nur dazu bestimmt, darzulegen, in welch außergewöhnlichen Tagen wir leben. Während eures Monats Ab 2 im vergangenen Jahr haben meine Brüder und ich und zweifellos auch mein vortrefflicher Kollege Tisimak ein weiteres außergewöhnliches Ereignis beobachtet, das diesmal die großen Planeten im Umkreis der Erde mit ins Spiel bringt. Jupiter«, sagte der Hohepriester, wobei er die Arme hob und seine weiten, bestickten Ärmel schwenkte, »Jupiter, der Planet der Könige, hat sich Saturn außerordentlich stark genähert.« Hier machte er eine Pause und wartete auf die Wirkung dieser Enthüllung. Nichts geschah, nur Tisimak wurde unruhig. Es war ihm sichtlich nicht wohl in seiner Haut. »Und wofür steht Saturn symbolisch?« fragte Herodes.
    Der Hohepriester lächelte unterwürfig und antwortete, die Augen fest auf Herodes gerichtet: »Für die Juden.« 3
    Durch die Versammelten ging eine Bewegung, und Tisimak zuckte merklich zusammen.
    »Ist das wahr?« fragte Herodes, während er sich zu seinem Hofastrologen umdrehte. »Das hast du mir nie gesagt.«
    »In der Tat«, begann Tisimak, »könnte es einerseits sein, daß...« Der Parther schnitt ihm das Wort ab: »Mein ehrenwerter Kollege erfreut sich sicherlich des Privilegs, über mehr Zeit zu verfügen als wir, um dir, Herodes, dies zu erläutern. Erlaube uns fortzufahren! Einige Wochen später, noch während wir über dieses Omen unsere Meinung austauschten, zeigte sich ein anderes, noch weitaus erstaunlicheres. Jedermann hat es bemerkt. Ein bestimmter Punkt in der Konstellation des Steinbocks funkelte immer stärker und stärker. Wir nahmen zunächst nicht ohne eine gewisse Besorgnis an, daß es sich um einen Kometen handele. Doch nein. Es war ein Fixstern! Regelmäßig im Morgengrauen trat er in Erscheinung.«
    Herodes schien nun interessierter. Auch waren Stimme und Tonfall des Parthers so überzeugend, daß man sich seinen Äußerungen kaum entziehen konnte.
    »War es ein neuer Stern?« fragte der König.
    »Um die Wahrheit zu sagen, viele von uns im Partherreich vergaßen nach dieser Entdeckung sogar tagelang das Essen. Dann habe ich zu unserem immer größer werdenden Staunen entdeckt, daß Jupiter bis zu eurem Monat Nisan 4 in der Nähe des Saturn bleiben wird. Wiederum ein außergewöhnliches Ereignis.« Er beugte sich über seine Aufzeichnungen, um zu erklären, wie die Bahnen des Jupiter und Saturn in der Tat für den Zeitraum von neun Monaten gewissermaßen ineinander verschmolzen. »Neun Monate lang, Herodes, neun! Das ist das denkbar deutlichste Zeichen für eine bevorstehende Geburt. Im Ab wurde ein Kind gezeugt, im Nisan wird es geboren werden. Ein Knabe ist es, und er wird König dieses Landes sein.«
    Herodes lehnte sich zurück und erblaßte. Tisimak war aschfahl geworden. Der Kammerherr und der übrige Hofstaat hatten Mühe, ihre Befangenheit zu verbergen.
    »Dies«, schloß der Parther scheinbar unbekümmert ob der Wirkung seiner Rede, »hat uns bestimmt, die Reise anzutreten. Wir sind zunächst den Ufern des Tigris nordwärts gefolgt und haben uns dann nach Westen in Richtung Syrien gewandt, bevor wir nach Süden, in euer Land gelangt sind. In allen Städten, durch die wir gekommen sind, haben wir mit den dort ansässigen Sternkundigen Richtigkeit und Sinngehalt unserer Entdeckungen überprüft. Es ist schon so: König Herodes, im Nisan wirst du Vater eines noch größeren Königs sein.«
    Ein unheilvolles