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Ein Mensch namens Jesus

Ein Mensch namens Jesus

Titel: Ein Mensch namens Jesus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerald Messadié
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gekommen? Würden sie wieder vom Täufer sprechen und Rache fordern? Er mußte ihnen zuvorkommen.
    Er breitete die Arme aus.
    »Jetzt wird er zu uns sprechen!« flüsterten die Versammelten in seiner Nähe, und die Nachricht eilte von Mund zu Mund den Hang hinab. Sie verstummten, und aller Augen richteten sich auf ihn. »Kommende Woche«, sprach er mit klarer, weithin hörbarer Stimme, »beginnen die Tage des Passah-Festes. Ich möchte, daß ihr euch den Sinn dieses Festes ins Gedächtnis ruft. Vor Moses’ Zeit kündigte er das neue Jahr an und diente dem Volke Israels dazu, sich mit Hilfe eines dem Herrn dargebrachten Opfers vom Schmutz des vergangenen Jahres zu reinigen. Es bedeutete also für jeden Mann und jede Frau, die daran teilnahmen, eine Befreiung von der Vergangenheit.«
    Er begann den Hügel hinabzusteigen. Sie hörten ihm alle zu, aber verstanden sie ihn auch? Sie hatten Essenskörbe dabei, vor allem Brot und getrockneten Fisch, die Seeluft hatte sie sicher hungrig gemacht. Sie warteten, daß er zu essen begann, um dann auch selbst essen zu können.
    »Früher wollten die Ägypter den Juden dieses Fest nicht erlauben«, fuhr er fort, »deshalb beschloß Moses, unserer Knechtschaft ein Ende zu setzen, und führte uns aus Ägypten. Als wir in das Gelobte Land einzogen, bekam das Passah-Fest einen anderen Sinn für uns. Es versinnbildlichte die Freiheit, für die wir mit der Hilfe des Allmächtigen gekämpft hatten. Das ungesäuerte Brot soll uns an die Opfer erinnern, die man auf sich nehmen muß, um die Freiheit zu erlangen. Denn wenn wir uns Zeit genommen hätten, unser Brot mit Sauerteig zu backen, hätten uns die Armeen des Pharaos ergriffen.« Er drückte sich so einfach wie nur möglich aus, war sich aber doch nicht sicher, ob sie die Aussage seiner Rede verstanden. »Und bis zum heutigen Tag ist diese Bedeutung des Passah-Festes geblieben, es ist ein Sinnbild der Freiheit.«
    »Er redet wie ein Rabbi. Ist er vielleicht auch einer?« flüsterte eine Frau, aber er hörte es dennoch. Wie viele von ihnen würde er wohl noch von ihrer Blindheit und Taubheit heilen müssen?
    »Das Passah-Fest ist gleichzeitig Ausdruck der Hoffnung. Ich sage euch, der neue Weizen wächst erst, wenn der reife Weizen abgeemtet und das neue Korn ausgesät ist. Jedes vergangene Jahr in eurem Leben muß für euch wie das Stroh sein, auf dem das neue Korn sprießt.«
    Judas Iskariot und der Zelot, die nur einige Schritte von ihm entfernt saßen, hörten mit gleichgültiger Miene zu.
    »Kein Mensch«, sagte Jesus, »kann seine ganze Ernte einbehalten, wenn er auf eine neue hofft. Der auf den Herrn vertrauende Mensch behält für zehn Scheffel Korn, die er ernten will, einen Scheffel zurück.«
    Er drehte sich um. Auch Andreas und Jakobus wirkten unbeeindruckt. Danach würden sie ihn dann sicher wieder fragen, was er damit hatte sagen wollen und warum er in Gleichnissen geredet habe.
    »Der Vogel steigt vom Himmel herab, um die nötige Nahrung aufzunehmen und sich dann wieder emporzuschwingen. Seht die Vögel, nehmt sie euch als Beispiel. Das Brot wird nicht gebacken, um den Gläubigen zu mästen, sondern um ihm zu ermöglichen, den kommenden Tag zu erleben. Die einzige Nahrung, die man sein Leben lang in sich ansammeln kann, ist das Wort Gottes. Die Nahrung, die ihr jetzt gleich zu euch nehmen werdet, hilft euch nur bis zum nächsten Tag weiter, doch das Wort Gottes wird euch in die Ewigkeit führen. Laßt uns alle den Herrn um Seinen Segen für diese Mahlzeit bitten.« Auf dem Hügel erscholl ein vielstimmiges Gebet, das der Wind auf den See hinaustrug. Jesus kehrte zu seinen Jüngern zurück. Die Menschen begannen zu essen, Geflügel, hartgekochte Eier, Fisch.
    »Habt ihr auch etwas zu essen mitgebracht?« erkundigte sich Jesus bei den Jüngern.
    »Wir haben nur fünf Gerstenbrote und sieben getrocknete Fische«, antwortete Matthäus beschämt.
    »Die teilen wir unter uns auf«, meinte Jesus.
    Als er alles verteilt hatte, bemerkte Johannes bestürzt, daß Jesus ja gar nichts für sich selbst zurückbehalten habe.
    »Ich esse später«, entgegnete Jesus.
    Ein paar Leute aus der Menge hatten es gehört. Kurz darauf wurden bis an den Rand gefüllte Körbe herangeschleppt.
    »Unglaublich«, murmelte Matthäus, »er hatte nichts für sich selbst, und jetzt sitzt er vor ganzen Körben!«
    Jesus nahm sich, was er brauchte, und ließ alles übrige wieder an die Spender zurückgehen. Dann mußte er sich erneut um die Kranken kümmern.

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