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Ein Mensch namens Jesus

Ein Mensch namens Jesus

Titel: Ein Mensch namens Jesus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerald Messadié
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auf einem Esel und unter dem Jubel Hunderter von Pilgern einen wahrhaft spektakulären Einzug in die Stadt gehalten.«
    Er trank einen mächtigen Schluck hellroten Wein und verzog das Gesicht: Der Wein war gesüßt.
    »Es ist erstaunlich, wie sehr die Vielfalt der Weine seit meiner Jugendzeit zugenommen hat«, bemerkte er. »Damals hatten wir kaum mehr als zwei oder drei Sorten: einen sehr dunklen, den man aus den Trauben von Judäa kelterte und der einen schnell betrunken machte, wenn nicht gar schlimmeres; einen anderen aus den galiläischen oder syrischen Trauben, der mehr oder weniger gewürzt war und den man gefahrlos trinken konnte, wenn man ihn zu einem Drittel mit Wasser verdünnte; und dann war da noch ein sirupartiger Wein, den man aus Chios bezog und zur Hälfte verdünnen mußte. Heute hingegen haben wir zwei bis drei Dutzend verschiedene Weine: die leichten aus Gallien, von denen zwei oder drei angenehm prickeln und sogar hie und da die Krüge sprengen, dann die harzigen, bernsteinfarbenen Weine aus Kreta und Zypern, und sogar italische Weine werden mittlerweile eingeführt, die mir allerdings, muß ich sagen, oft Kopfschmerzen bescheren... Aber, wo war ich doch gleich wieder stehengeblieben? Ach ja, dieser Jesus hatte also mit Glanz und Gloria seinen Auftritt und bereitete dem Sanhedrin damit ordentlich Magenschmerzen. Kaiphas hat sich vor Ärger das Vier-, wenn nicht gar Fünf- oder Sechstagefieber eingefangen. Seltsam, nicht wahr, wie ein frommer Mann gewisse Leute in Aufruhr versetzen kann?«
    Er unterbrach sich, um Herodias mit leerem Blick zu fixieren, nicht anders, als habe er eine Fliege an der Wand entdeckt. Sie funkelte ihn böse an. Joschua lauschte offenen Mundes, während Manassah sorgfältigst an einem Dattelkern herumlutschte.
    »Der hier anwesende Manassah«, sprach Herodes weiter — dabei streckte er sich und betrachtete die getäfelte und mit Weinranken bemalte Zimmerdecke — , »hatte ebenfalls recht mit der Annahme — denn mehr war es doch nicht, nicht wahr, Manassah? — , daß ich wegen Jesus nach Jerusalem kommen wollte. Aber«, und hier hob Herodes den Zeigefinger, um erst nach einer Weile fortzufahren, »Manassah hatte nicht recht, wenn er meinte, daß ich Jesus verhaften lassen wollte. Das war ein Gedanke, den ich mir zwar durch den Kopf gehen ließ...«
    »Ich hatte dir doch davon abgeraten, Pilatus aufzusuchen, oder etwa nicht?« platzte Manassah heraus.
    »Laß deinen Herrn ausreden!« schaltete sich Herodias ein.
    Herodes strafte sie beide mit einem verächtlichen Blick. »Ich sagte, daß dies ein Gedanke war, mit dem ich sehr wohl gespielt hatte. Aber ich habe meine Meinung geändert.«
    Still und heimlich — nur die Luft schien davon in Bewegung zu geraten — schienen sich tausend grimassenschneidende Teufelsfratzen von der Decke herabzulassen. Die Anwesenden zwangen sich, eine gleichgültige Haltung zu bewahren.
    »So, du hast deine Meinung geändert«, sagte schließlich Herodias. »Du hast also beschlossen, ihm den Tetrarchenthron zu überlassen.«
    »Ein Mann ist auf dieser Welt völlig allein!« seufzte Herodes, wobei er erneut seinen Blick zur Decke schweifen ließ, um diesmal die korinthischen Alabasterkapitelle über den Wandpfeilern aus blaugeädertern Marmor eingehend zu mustern. »Seine Freunde neigen dazu, ihn für ihr Eigentum zu halten, ihn mit einem Affen oder Papageien zu verwechseln, und sehen es als ausgemachte Sache an, daß er ihre Vorlieben und Abneigungen teilt. Die Frauen halten ihn für ein Reittier, das nur noch gezähmt sein will. Ach ja, was gäbe ich für einen guten Feind gegen einen Freund oder eine Ehefrau! Glücklicherweise haben mich meine Vernunft und mein Verstand über die mittelmäßige Denkweise meiner Frau und meines nächsten Beraters triumphieren lassen. Jesus ist mein Verbündeter.«
    »Was?« entfuhr es Herodias.
    »Du hast schon richtig verstanden: Jesus ist mein Verbündeter«, wiederholte Herodes. »Aber ihr könnt freilich die tiefere Bedeutung des Ereignisses nicht so ohne weiteres erfassen. Wer ist Jesus? Ein Mann, der der jüdischen Obrigkeit den Krieg erklärt hat, weil er sie als korrupt, einfältig, ja viel schlimmer noch, als für das jüdische Volk schädlich einschätzt. Ist es nicht so? Antwortet mir!«
    »So ist es«, nickte Joschua eifrig und wie immer hingerissen von den unberechenbaren Meinungsumschwüngen seines Herrn.
    »Ja, so ist es«, räumte Manassah ein. Er war vorsichtiger.
    »Schön. Und was war die

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