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Ein Mensch namens Jesus

Ein Mensch namens Jesus

Titel: Ein Mensch namens Jesus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerald Messadié
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das Gleichnis hörte, da nur er in Jesus’ unmittelbarer Nähe stand; die anderen waren in Gedanken noch ganz mit der Rangelei beschäftigt. Auch in dieser Nacht kehrten sie nach Betanien zurück, Matthäus führte den Esel am Halfter; mühsam war der Heimweg auf dem Pfad, der sich zwischen den Felsen des Kidron-Tals hindurchschlängelte. Und kalt war es. Gleich nach ihrer Ankunft in dem Haus, das ihnen schon am Vorabend als Unterschlupf gedient hatte, machten Johannes und Jakobus sich daran, das Feuer neu zu entfachen, und füllten dann glühende Kohlen in ein irdenes Feuerbecken. Die anderen bereiteten das Abendessen vor.
    »Das Passah-Fest sollte an jenem Wochentag gefeiert werden, an dem es ursprünglich begangen wurde«, bemerkte Jesus, als sie mit dem Essen fertig waren.
    Erstaunen zeichnete sich auf den Gesichtern der Jünger ab. War das gewöhnlich denn nicht der Fall?
    »In Jerusalem«, fuhr er fort, »wird es am Sabbat gefeiert. Aber wenn man der Überlieferung treu bleiben will, muß man sich an das Buch der Jubiläen halten, wie wir das in Qumran immer taten.«
    Ihre Verwunderung wuchs; zum erstenmal erwähnte Jesus Qumran. Sie alle wußten, daß er der Gemeinschaft der Essener angehört hatte, aber da er nie davon erzählte, hatten sie dieses Thema auch nie von sich aus angesprochen.
    »Wir werden also das Passah-Fest morgen feiern, einem Donnerstag, am zwölften Tag des Nisan«, schloß er.
    »Aber wir haben es doch sonst immer mit den anderen begangen!« meldete sich Andreas zu Wort.
    »Ja, doch diesmal hat das Fest eine besondere Bedeutung. Ich will es in Jerusalem feiern und bitte euch, noch einmal einen Ort auszumachen, an dem wir dieses Mahl unbehelligt teilen können. Matthäus, dir als Zolleinnehmer ist sicher bekannt, daß die Reichen oft Unterkünfte haben, die sie geheimzuhalten pflegen. Du wirst also Nachforschungen anstellen. Judas, Sohn des Jakob, Judas Iskariot, Natanael und Philippus begleiten dich, und Simon Petrus wird dir Geld geben.«
    Simon Petrus kam der Aufforderung sofort nach.
    »Ihr zieht bei Anbruch der Morgendämmerung los! Gegen Mittag erwarte ich euch hier zurück.«
    Sie versuchten, sich an den irdenen Becken zu wärmen. Die Kälte trieb unzählige Nachtfalter ins Haus.
    »Ab morgen abend«, verkündete Jesus, »setzen wir uns mit jedem Schritt großer Gefahr aus. Vielleicht werden wir getrennt. Seid also auf der Hut! Wenn ihr mich aus den Augen verlieren solltet, so mißtraut jedem Boten, der möglicherweise in meinem Namen an euch herantritt! Mißtraut auch all jenen, die Anspruch auf meine Nachfolge erheben! Wenn ihr Kampfgetöse in eurer Nähe oder die Kunde von entfernten Schlachten vernehmt, bewahrt ruhig Blut! Dergleichen muß eintreten, und das Ende wird nahe sein. Völker und Königreiche werden sich gegenseitig bekämpfen, Katastrophen und Hungersnöte werden über die Welt hereinbrechen, aber all dies sind nur die Geburtswehen, die den Anbruch eines neuen Zeitalters ankündigen. Vielleicht wird man euch vor den Richter schleppen, vielleicht werdet ihr in der Synagoge gegeißelt. Könige und Statthalter werden euch zu sich rufen und auffordern, Zeugnis über mich abzulegen. Macht euch jetzt noch keine Gedanken, was ihr dann antworten sollt! Zu gegebener Zeit werdet ihr sagen, was zu sagen ist, denn der göttliche Geist wird euch erleuchten. Wie gesagt, die kommende Zeit wird grausam sein, die Kinder werden sich gegen ihre Eltern erheben und sie in den Tod schicken, und alle werden euch hassen, weil ihr mir treu seid. Jeder von euch, der bis zum Ende durchhält, wird gerettet. Nach dieser Not wird die Sonne sich verfinstern, und auch der Mond spendet dann kein Licht mehr, die Sterne fallen vom Himmel, und die Himmelsmächte werden gestürzt. Dann werden sie den Menschensohn mit Macht und Glanz auf den Wölken kommen sehen, und sie werden sehen, wie er die Engel in alle vier Himmelsrichtungen aussendet, um seine Auserwählten zu versammeln, von den Enden der Erde bis zu den Grenzen des Himmels. Seid auf der Hut!«
    Nach diesen Worten froren sie noch mehr.
    »Ich bin morgen gegen Mittag wieder zurück«, fügte er knapp hinzu, dann ging er zur Tür hinaus.
    Judas Iskariot fühlte sich sichtlich unwohl.
    »Ich werde also Galiläa nie mehr wiedersehen«, klagte Andreas. »Warum mußte das alles nur so kommen!«
    »Freu dich doch!« entgegnete Johannes. »Du gehörst zu den Auserwählten.«
    »Oder aber zu den Lämmern, die am Freitagmorgen noch nicht wissen, daß sie

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