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Ein Mensch namens Jesus

Ein Mensch namens Jesus

Titel: Ein Mensch namens Jesus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerald Messadié
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uns statt dessen auf den Vorwurf des Anspruchs auf göttliche Herkunft konzentrieren zu können. Oder aber wir lassen auch diesen fallen, da er ja mit dem anderen verknüpft sein dürfte, und beschäftigen uns mit den übrigen von Gedalja genannten Verfehlungen.« Kaiphas runzelte die Stirn. »Können die beiden Anklagepunkte, Messias und von göttlicher Herkunft zu sein, nicht voneinander getrennt werden?« fragte er.
    Bethyra hob seine halb geschlossenen Augen und ließ sie auf Kaiphas ruhen. »Die Gelehrten werden darüber umgehend befinden«, entgegnete er.
    Die dreiundzwanzig Gelehrten des rabbinischen Rechts steckten die Köpfe zusammen und unterhielten sich leise. Gedalja warf Kaiphas einen düsteren Blick zu. Nach einer Weile, die schier endlos schien, verstummten die Gelehrten und nahmen wieder Haltung an.
    »Da ein Messias göttliche und unermeßliche Eigenschaften besitzt, sind die beiden Anklagepunkte nicht voneinander trennbar, wenn der Beschuldigte mit der Begründung, er sei der Messias, göttliche Herkunft geltend macht«, verkündete Bethyra.
    Erneutes Stimmengewirr. »Aber dann würde ja das Gesetz die Schänder unseres Glaubens schützen!« empörte sich Esra ben Matthias. Josef von Arimathäa und Nikodemus saßen wie versteinert auf ihren Bänken.
    »Wenn allerdings«, fuhr Bethyra mit schriller Stimme fort, und sofort wurde es wieder still im Saal, »wenn allerdings die beiden Ansprüche unabhängig voneinander gestellt wurden, wie es möglicherweise aus den dem Gerichtsschreiber vorliegenden Zeugenaussagen hervorgeht, können sie getrennt behandelt werden.«
    »Die Ansprüche wurden unabhängig voneinander gestellt«, sagte Gedalja. »Gerichtsschreiber, laß die Zeugenaussagen einsehen!«
    Die Dokumente gingen von Hand zu Hand. Die Prüfung dauerte fast eine halbe Stunde. Schließlich nickte Bethyra.
    »Ich würde den Angeklagten gerne selbst befragen«, wünschte Levi ben Pinhas.
    »Über alle Anklagepunkte?« fragte Gedalja beunruhigt.
    »Warum nicht?« meinte Levi. »Auf jeden Fall möchte ich ihn mit eigenen Ohren sagen hören, daß er der Sohn des Allerhöchsten ist.«
    »Gut, meinetwegen«, sagte Gedalja, der sich dem Wunsch wohl oder übel beugen mußte.
    »Du hast die Frage gehört«, wandte sich Levi nun an Jesus. »Bist du der Sohn des Allerhöchsten?«
    »Er hat sich mehrmals auf den Allmächtigen berufen, als handle es sich um seinen Vater«, fiel Gedalja ein. »Das sind Tatsachen.«
    »Sind wir denn nicht alle Söhne des Herrn?« antwortete Jesus. Es war seit der Frage zu seiner Person das erstemal, daß er überhaupt den Mund aufmachte.
    »Hast du gesagt, du seist der Messias? Und wenn ja, welche Beweise kannst du dafür Vorbringen?«
    »Ich habe niemals gesagt, ich sei der Messias.«
    »Aber wir haben die beeidigten Zeugenaussagen«, hielt ihm Gedalja entgegen, »denen zufolge du in Kafarnaum gesagt haben sollst: >Es ist der Wille meines Vaters, daß allen, die sich dem Sohn zuwenden und an ihn glauben, das ewige Leben gewiß ist; und ich werde sie wiedererwecken, wenn der letzte Tag gekommen ist.< Hast du nun diese Worte gesagt oder nicht?«
    »Ja, ich habe sie gesagt.«
    »Es scheint also, daß du behauptest, der Sohn des Allmächtigen zu sein, nicht jedoch der Messias?« forschte Levi ben Pinhas nach. »Nicht jeder Same wird zum Baum, und nicht alle Blüten bringen Früchte«, erwiderte Jesus.
    »Du hast ebenfalls gesagt, daß der Tempel ein Schurkennest sei. Deshalb dürfe man ihn getrost zerstören, und du würdest ihn binnen drei Tagen wieder errichten. Mit welchen Kräften, frage ich dich?« wollte Gedalja wissen.
    »Durch den Willen Gottes kann es geschehen, daß ein Mensch Wunder zu wirken vermag«, gab Jesus zur Antwort.
    »Ihr könnt also sehen, meine Väter und Brüder, daß die beiden Ansprüche unabhängig voneinander bestehen. Der Beschuldigte nimmt an, daß er das außergewöhnliche Privileg besitzt, diejenigen, die an ihn glauben, auferstehen zu lassen. Das würde bedeuten, daß er unsterblich ist, da er ja am Tag des Jüngsten Gerichts anwesend sein wird, und daß er dann dieselbe Macht innehaben wird wie der Allerhöchste, der allein fähig ist, die Toten auferstehen zu lassen. Er versteht sich demnach nicht als eines der unzähligen Kinder des Herrn, wie er zuvor angedeutet hat, sondern als Dessen ganz besonderes Kind. Zudem gibt er vor, die außergewöhnliche Macht zu haben, ein Bauwerk zu zerstören, zu dessen Errichtung man sechsundvierzig Jahre gebraucht

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