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Ein Mensch namens Jesus

Ein Mensch namens Jesus

Titel: Ein Mensch namens Jesus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerald Messadié
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drinnen gerade zu Gericht sitzt?«
    »Ich kenne niemanden, der vor Gericht steht«, murmelte der Alte. »Doch, doch!« Der Knecht ließ nicht locker, während er sich vorbeugte, um dem Alten besser ins Gesicht zu sehen. »Ich habe dich schon oft mit ihm auf der Straße gesehen. Du weißt schon, mit diesem Jesus.«
    »Ach, der«, meinte der Alte, »dem habe ich ein- oder zweimal zugehört, als er seine Reden hielt.«
    Der Knecht grinste hämisch. »Na, da kommen sie ja wieder. Die Verhandlung scheint beendet.«
    Gedalja überquerte den Hof in Richtung des Gebäudetraktes, in dem Pilatus residierte. Hinter ihm folgten die Tempelwachen mit Jesus in ihrer Mitte. Vielleicht hatte er den alten Mann bemerkt, denn er schien für den Bruchteil einer Sekunde seinen Schritt zu verzögern, wandte den Kopf nach ihm und suchte seinen Blick. Der alte Mann brach plötzlich in Tränen aus.
    »Jetzt kann ich mich sogar an deinen Namen erinnern«, sagte der Knecht. »Du bist Simon Petrus!«
    Ein junger Mann tauchte neben dem Alten auf. Wie ein Nachtwandler bewegte er sich. Er sah Jesus nach, wie er unter dem Gewölbe des hasmonäischen Palastes verschwand, und ging dann in derselben gedankenverlorenen Haltung wieder fort.
    »Den da kenne ich auch«, meinte der Knecht. »Johannes heißt er. Hör auf zu flennen, Alter, sonst verhaften sie dich auch noch! Dein Messias ist geliefert. Erledigt, verstehst du? Paß nur auf, nun werden sie sich an seine Gefolgsleute halten.«
    Simon Petrus erschauerte und ging.
     
    Obwohl sein Sekretär neben ihm stand, vermochte Pilatus ein Gähnen nicht zu unterdrücken; er hatte wenig geschlafen.
    »Erhabener Prokurator, der Sanhedrin läßt dir durch eines seiner Mitglieder, Gedalja ben Jeasar, mitteilen, daß er über Jesus die Todesstrafe verhängt hat. Der Gefangene wurde wegen Gotteslästerung verurteilt. Der Sanhedrin vertraut nun ganz auf die Macht Roms, wobei er dringendst die sofortige Vollstreckung des Urteils empfiehlt.«
    »Gotteslästerung«, wiederholte Pilatus.
    »Der Mann behauptet, der Sohn des jüdischen Gottes und sein Gesandter auf Erden zu sein«, erklärte der Sekretär.
    »Ich weiß, ich weiß«, winkte Pilatus ab.
    »Der Gefangene ist unten, von vier jüdischen Tempelwachen eskortiert.«
    »Veranlasse, daß die Wachen fortgeschickt werden und der Angeklagte heraufgeholt wird!« wies Pilatus den Sekretär an.
    Dieser ging, den Befehl auszuführen. Offensichtlich unwillig, verständigten sich die Tempelwachen mit Blicken und sahen abwartend Gedalja an. Er sollte entscheiden.
    »Ihr habt den Befehl des Prokurators gehört«, sagte der Sekretär. »Also geht!«
    Gedalja zögerte einen Augenblick und erklärte dann: »Der Mann ist ein Gefangener des Sanhedrin. Er muß unter unserer Aufsicht bleiben.«
    Der Sekretär musterte sein Gegenüber abschätzig. »Wir sind hier in einer Provinz des römischen Reiches. Der Gefangene untersteht der Rechtsprechung des Statthalters von Judäa. Ihr habt keine Inhaftierungsgewalt«, sagte er kühl. »Ihr habt hier nichts mehr verloren.« Gedalja ließ sich die Worte durch den Kopf gehen. Er war mit seinem Manöver gescheitert. Und so zogen die fünf Männer unter dem spöttischen Blick des Römers ab.
    Jesus wurde in das obere Stockwerk zu Pilatus geleitet. Der Prokurator setzte sich, während Jesus vor ihm stehenblieb.
    »Sprichst du Latein?« fragte Pilatus.
    »Ein wenig.«
    »Gibt es irgendwelche Gründe dafür, dich als König der Juden zu bezeichnen?«
    »Ich verlange nicht nach einem Königreich.«
    Durch die Fenster auf der anderen Seite des Raumes drang lautstarkes Geschrei von der schmalen Gasse herauf, die die Mauern des Palastes von denen der Festung trennte.
    »Fließt in deinen Adern königliches Blut?«
    »Nicht daß ich wüßte.«
    »Ich kenne eure Gepflogenheiten nicht, aber ich weiß, wenn jemand euer Messias ist, wie man es sich von dir erzählt oder wie du es von dir behauptest, dann ist er dazu bestimmt, das Amt des Hohenpriesters zu übernehmen. Und ich weiß auch, daß die Mitra des Hohenpriesters, zumindest bis dieses Land eine römische Provinz wurde, traditionsgemäß mit der königlichen Krone identisch war.«
    »Du bist gut unterrichtet.«
    »Schön, wenn du also sagst, du seist der Messias, erhebst du Anspruch auf den königlichen Thron. Ist es nicht so?«
    Das Geschrei auf der Straße unten wurde immer lauter. Dabei wurden drei oder vier Worte unablässig wiederholt. Pilatus schien dem kaum Beachtung zu schenken.
    »Ich

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