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Ein Mensch namens Jesus

Ein Mensch namens Jesus

Titel: Ein Mensch namens Jesus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerald Messadié
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Kreuzigung völlig umsonst«, murmelte Kaiphas.
    »Wir hatten keine andere Wahl«, bemerkte Gedalja trocken.
    »Aber wer hat Jesus verschwinden lassen?«
    »Keine Ahnung. Vielleicht Leute des Pilatus, vielleicht auch solche von Herodes. Schließlich hat der Tetrarch bis jetzt nicht verwunden, daß er Jokanaan enthaupten lassen mußte. Es ist aber auch möglich, daß es seine Stieftochter Salome war oder Maria, die Witwe des Kleophas. Tja, auch Josef von Arimathäa und Nikodemus könnten natürlich dahinterstecken. Wir wissen nicht, welche Kreise die Verschwörung gezogen hat, denn daß es eine ist, steht außer Zweifel.«
    »Welches Interesse hätten all diese Leute daran, Jesus am Leben zu erhalten?«
    »Sie könnten ihn gegen uns ausspielen, wenn er wieder auftaucht...«
    »Ja, was dann?« fragte Kaiphas.
    »Dann wäre der Sanhedrin geliefert«, antwortete Gedalja und sah Kaiphas vielsagend an.
    »Wo kann Jesus jetzt nur sein? Möglicherweise wird Judas uns das sagen können.«
    »Judas hat sich gestern erhängt.«
    »Das wird Pilatus mir büßen müssen!« knurrte Kaiphas.
    »So einfach liegen die Dinge nicht«, bemerkte Gedalja nach einer Weile. »Wenn Jesus wieder auftaucht, steckt Pilatus ebenso in der Klemme wie wir. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob die römische Legion imstande wäre, den Aufstand in Schach zu halten, der dann stattfinden würde. Rom müßte aus Nachbarprovinzen Truppen schicken und die gesamte Bevölkerung von Jerusalem und den umliegenden Städten niedermetzeln, um wieder alles in den Griff zu bekommen. Und wenn ruchbar wird, daß Pilatus der Verantwortliche dafür war, weil er Jesus das Leben gerettet hat, ist sein Los ebensowenig beneidenswert wie das unsere. Und was Herodes betrifft, den würden sie auf offener Straße massakrieren.« Er verstummte einen Augenblick lang. »Deswegen glaube ich auch, daß Jesus sich nicht wieder blicken läßt. Ob wir wollen oder nicht, Kaiphas, wir sitzen alle im selben Boot.« Er erhob sich.
    Kaiphas saß, in trübe Gedanken versunken, da.
    »Wenn du mich nicht mehr brauchst«, sagte Gedalja, »dann werde ich mich jetzt um die Festtagsangelegenheiten im Tempel kümmern.« Er steuerte auf die Tür zu, zögerte dann jedoch einen Augenblick und wandte sich noch einmal zum Hohenpriester um: »Ein letztes Wort. Auch Jesus hat mit Sicherheit begriffen, daß Pilatus alles andere als begeistert wäre, wenn er wieder auftauchte, so daß es womöglich der Prokurator selbst wäre, der ihn hinrichten ließe.«
    Er öffnete die Tür. Für Augenblicke drangen die Geräusche der Straße und das Gurren der Tauben in den Raum. Dann hüllten Kaiphas wieder Stille und Einsamkeit ein.
     
    Der Mann, der bei der warmen Quelle von Ammathus in der Nähe von Tiberias gerade seine Kleider ablegte, erweckte eigentlich nicht den Eindruck, als bedürfe er der Heilkraft dieses Wassers, zumindest nicht so sehr wie die übrigen Badenden, Kranken, die an Wassersucht, Rheuma oder Geschwüren litten, wobei letztere ein separates Becken zu benutzen hatten. Kräftig gebaut und schlank, wie er da stand, hätte man sich fragen können, was er überhaupt hier verloren hatte, wären nicht die tiefen Narben an seinen Handgelenken gewesen, die ihn bei jeder seiner Handbewegungen zu behindern schienen. Das war auch der Grund, weshalb er im warmen Wasser ihre Beweglichkeit übte. Seine Gesichtszüge hätten einwandfrei auf einen Juden schließen lassen, wenn er nicht glatt rasiert gewesen wäre, was bei einem Juden in seinem Alter undenkbar war, denn der Mann hatte die Vierzig überschritten.
    Sein Blick streifte gedankenverloren über das Geschehen um ihn her und blieb an einem kleinen Mädchen hängen, das von seiner Mutter behutsam an den Beckenrand getragen wurde. Ein Bein der Kleinen war völlig ausgezehrt, man hatte den Eindruck, daß es mißgestaltet und gelähmt war. Die Mutter stieg mit ihr auf den Armen in das Becken. Er trat hinzu, um ihr behilflich zu sein, da sie offensichtlich fürchtete, am Boden auszurutschen.
    »Ich werde sie für dich halten«, sagte er.
    Ohne dem Mann mehr als einen traurigen, zerstreuten Blick zu schenken, atmete die Mutter erleichtert auf. Aufmerksam jedoch wurde sie, als der Fremde, der ihre Tochter dicht unter der Wasseroberfläche hielt, so daß nur der Kopf über Wasser blieb, zu dem Kind zu sprechen und ihm zart das Bein zu massieren begann. Endlich einmal einer, der Mitleid für Kranke und Kinder empfand! Er sprach leise, während er der Kleinen Worte

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