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Ein Mensch namens Jesus

Ein Mensch namens Jesus

Titel: Ein Mensch namens Jesus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerald Messadié
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ihnen ließen sich einige Proben in an Seilen hängenden Körben bis an ihre Fenster hochhieven, worauf sie die besagten Wunder, die die ägyptische Erde angeblich hervorgebracht hatte, nur begutachteten, um sie naserümpfend zu verschmähen.
    Die Gefühlswallungen vom Vorabend hatten Josef erschöpft, doch die Aussicht auf die Heimkehr nach Israel erfüllte ihn mit Freude. Erinnerungen schwirrten in seinem Kopf umher, aber er verjagte sie wieder. Er hätte sonst erneut weinen müssen. Er wunderte sich darüber, daß es im Haus so still war, und trat in das Zimmer, das Maria mit Jesus teilte. Auch sie schlief noch. Ihr Atem ging geräuschvoll. Schweiß stand auf ihrer Stirn. Und zum erstenmal, seit er sie geheiratet hatte, empfand Josef Gewissensbisse wegen seines abweisenden Verhaltens, das er ihr gegenüber immer gezeigt hatte. Sie war so jung! Und damals war sie noch jünger gewesen! Was hatte sie schon vom Leben gewußt? Wenn sie gesündigt hatte, so war nun die Zeit der Vergebung gekommen. Es gibt Frauen, die geboren zu werden scheinen, um ewig Kinder zu bleiben, und Maria war eine von ihnen. Als Waise und von allen verstoßen, hätte sie in Armut dahinwelken müssen, wenn er sie nicht geheiratet hätte, oder aber sie wäre längst tot. Nun, er hatte sich dazu aufgerafft, das Kind, das sie empfangen hatte, anzunehmen wie einen kleinen grünen Zweig an einem morschen, abgestorbenen Baum... Er wandte sich zu Jesus’ Lager um und lächelte. Das Kind saß hellwach in seinem Bett.
    »Ich habe mich schon gewaschen«, flüsterte es.
    Maria hörte plötzlich auf zu schnarchen. Wie eine Ertrinkende ruderte sie mit den Armen und murmelte unverständliche Worte, bevor sie mit einem Schlag hochfuhr und erschrocken aufrecht im Bett saß. »Es ist spät!« rief sie aus. »Schrecklich spät! Ich muß krank gewesen sein.«
    »Nur müde«, meinte Josef. »Ich möchte, daß du unsere Abreise vorbereitest und alle Schulden zahlst, die wir womöglich bei dem einen oder anderen haben. Vielleicht brechen wir morgen schon auf, oder übermorgen.«
    »Wer ist Archelaus?« fragte da Jesus aus heiterem Himmel.
    »Der König des Landes, in das wir gehen werden, unser Land und dein Land, Israel. Er ist kein echter König, nein, er ist ein Vasall und Diener der Römer.«
    »Er ist ein schlechter Mensch, nicht wahr?« fragte Jesus.
    »Ja, ein schlechter Mensch wie sein Vater Herodes«, erwiderte Josef, der erstaunt über die Fragen des Kindes war.
    »Haben wir Israel wegen Herodes verlassen?« wollte Jesus weiter wissen.
    »Jesus!« mahnte ihn Maria, die fürchtete, Josef könne die Fragen ihres Sohnes als lästig empfinden.
    »Das ist wahr. Wir haben Israel verlassen, weil Herodes mich und vielleicht sogar uns alle drei sonst hätte töten lassen. Hat dir deine Mutter davon erzählt?«
    »Nein, ich habe mir das ganz alleine so gedacht.«
    »Du denkst nicht unrecht«, meinte Josef lächelnd. »Ich werde mich nach einem guten Rabbiner für deine Erziehung umsehen müssen, sobald wir wieder zu Hause sind. So, und jetzt sprich dein Gebet!«
    »Das habe ich schon getan.«
    »Na, dann komm, und trink mit mir deine Frühstücksmilch!« sagte Josef.
    Das Kind folgte seinem Vater in die Küche. Während ihnen Maria jedoch für gewöhnlich voranlief, um die Trinkschalen zu füllen, sah sie den beiden diesmal gedankenvoll nach. Es war das erstemal, daß Josef sich zugänglich und sanft zeigte. Hastig schlüpfte sie in ihre Sandalen und beeilte sich, sie zu bedienen.
    Ein böser Tag brach im Hause des Krisilaios an. Der Grieche war wütend. Kaum daß er das Frühstück aus Trauben, süßen Zitronen und einem Schälchen zimtbestreuter Sahne, das ihm die Dienerschaft vorsetzte, anrührte.
    »Ein rauschendes Fest für nichts und wieder nichts, was?« brummte er vor sich hin. »Diese Juden! Diese fanatischen Affen! Immer müssen sie Ärger machen! Erst nehmen sie sich die Frechheit heraus, Gewürze zu verkaufen. Dann stirbt auch noch ihr König, und der Präfekt des großen römischen Kaiserreiches hat für nichts anderes mehr Augen und Ohren. Die Pest über sie und alle ihre Könige! Was soll ich nur meinen Handelsbrüdern sagen?«
    Die beiden abessinischen Sklaven hörten sich die Verwünschungen respektvoll an. Ihre Miene blieb völlig unbeweglich. Doch sie wußten, daß diese Juden zumindest keine Sklaven hielten.
     

VII.
     
    Eine Reise nach Nazaret
     
    Josef mußte nun Abschied nehmen vom Rabbiner Eleasar.
    Als er zur Synagoge kam, fegte Jonathan,

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