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Ein Mensch namens Jesus

Ein Mensch namens Jesus

Titel: Ein Mensch namens Jesus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerald Messadié
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niederlassen sollte, gar nicht mitgerechnet.
    Er nahm die Karawane der Nabatäer; sie brach bei Morgengrauen in Thesmophorion, einem Marktflecken östlich von Alexandria, auf, zog nach Süden, in Richtung des Idku-Sees, und wandte sich dann entlang der Sümpfe des Burullus-Sees wieder nach Norden. Wie Eleasar vorhergesagt hatte, lehnten die Nabatäer eine Bezahlung für die Reise ab. Bei Sonnenuntergang hatten sie das Westufer des Nilhauptarms erreicht. Die Kamele knieten nieder, und innerhalb einer halben Stunde war ein Lager von drei Dutzend Zelten errichtet. Feuer wurden entfacht, auf das umliegende Gebüsch wurde mit Stöcken eingeschlagen, um die Vipern zu vertreiben, und die Steine drehte man um, damit die Skorpione getötet werden konnten. Eine Stunde, nachdem Fladen über den Feuerstellen gebacken und mit Sauermilch und Zwiebeln verteilt worden waren, schlief bereits ein jeder unter dem Schutz der Wächter.
    Jesus konnte lange nicht einschlafen. An diesem Tag hatte er mehr zu sehen bekommen als sonst in einem Jahr, und ihm schwirrte der Kopf von all den rätselhaften Dingen. Wen stellten wohl die zwei großen weißen Marmorstatuen dar, die er zu beiden Seiten eines Tempels in Thesmophorion gesehen hatte? Was waren das für Pyramiden, die sie in der Ferne bemerkt hatten? Wer waren diese sonnenverbrannten Leute, mit denen sie reisten? Und weshalb waren seine Eltern die einzigen ihrer Art in dieser Karawane?
    Im Morgengrauen wurden sie von knappen Zurufen geweckt. Ein türkisblaues Netz überzog den Himmel am östlichen Horizont, ein Schwarm wilder Enten zog dicht über sie hinweg gen Norden, schlaftrunkene Gestalten kamen aus ihren Quartieren hervor und mischten sich unter die anderen. Die Zelte wurden wieder zusammengepackt, die Kamele erhoben sich und ließen sich zur Tränke führen, und schon formierte sich die Karawane neu. Noch am Morgen passierte sie eine Brücke, dann eine weitere bei Busiris und gegen Mittag noch eine bei Bubaste. Als es Abend wurde, hatte sie die Stadt Daphne am Rande eines Schwemmtales erreicht, wo sie erneut haltmachte. Jesus hörte seinen Vater mit einem Nabatäer über das Tal reden und erfuhr, daß dieses früher ein Kanal gewesen war, der die beiden Meere miteinander verbunden hatte. * Aberweiche Meere? Maria wußte es nicht. Wieder verging eine Nacht. Die Wüstenspringmäuse vollführten im Sternenlicht ihre federnden Sprünge, die Schakale heulten. Die folgende Nacht wie auch die beiden Nächte darauf verbrachten die Reisenden in einer Oase; dort aßen sie frische Datteln. Dann schlugen sie die Straße entlang der Küste ein, und zwei Tage später bereits nahm Josef unter vielen Danksagungen Abschied von den Nabatäern. Derselbe Esel, mit dem sie nach Ägypten gekommen waren, stellte nun ihr einziges Reittier dar. Solange er, an das letzte Kamel angehängt und mit zwei Säcken beladen, der Karawane nur hatte folgen müssen, war er noch mühelos dahingezockelt. Jetzt aber, da er abwechselnd Josef und Maria mit Jesus zu tragen hatte, kam er erheblich langsamer voran.
    Sechs Tage brauchten sie, bis sie nach Galiläa gelangten. Zuvor zogen sie am Fuße des Karmel-Gebirges entlang, überquerten den Fluß Kischon und gelangten dann erst in die Ebene Estrelon. Hier war Josef nun allmählich am Ende seiner Kräfte. Erschreckt bemerkte Maria, wie blaß er war. Sie führte den Esel, während Josef auf dem Rücken , des Tieres gefährlich hin und her schwankte. Als es Abend wurde, tauchte unweit vor ihnen eine kleine Ansiedlung auf. Maria half Josef aus dem Sattel und überließ ihn der Obhut ihres Sohnes, während sie Hilfe holen ging. Begleitet von zwei Bauern, kam sie zurück. Mit vereinten Kräften wurde Josef zu einem benachbarten Haus gebracht, wo man ihm ein Lager richtete. Zwei Tage lang schlief er. Sein Atem war kaum spürbar. Maria sah sich bereits als Witwe und weinte. Am dritten Tag öffnete er die Augen und erklärte, er habe Hunger und Durst. Man gab ihm Milch zu trinken.
    »So hat es diesmal also noch nicht sein sollen«, murmelte er. »Wo sind wir? Und wer sind diese Leute?«
    »Ich bin Samäus«, sagte ein am Kopfende seines Lagers stehender Mann, »und du befindest dich in meinem Haus, in dem du uns willkommen bist. Das Dorf hier heißt Nazaret.«
    »Das war nur recht und billig, daß ein Nazarener einem anderen seine Tür öffnet«, * sagte Josef und schlief wieder ein. Keiner verstand, was er meinte.
    Erstaunlich schnell kam er wieder zu Kräften, so als stiegen

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