Ein Mörder kehrt heim
lag noch immer auf seinem Arm. »Es ist doch kein Risiko, den Kronawitter zu besuchen. Der sitzt in Berlin, was sollâs?«
»Ich will dir sagen, was das Risiko ist. Nicht der Kronawitter, sondern dass wir so lange rumfragen, bis es auch der Letzte weiÃ. Vor allem der Typ, der Georg getötet hat. Ich überlege mir, was wir davon haben, wenn wir herausfinden, wer Georg umgelegt hat. Verstehst du das?«
Sie zog die Hand weg. »Wir reden über meinen Vater. Kannst du nicht begreifen, dass mir das nahegeht?« Eine Träne zog ihre Bahn vom Augenwinkel zum Kinn.
Sie tranken, und Matti bestellte per Fingerzeig zwei neue Bier.
»Komm, wenn der Kronawitter sagt: Okay, Georg war bei mir. Er wollte sich stellen, aber vorher noch eine Familiengeschichte klären. Gut, dann lass ich dich in Ruhe. Und den Mörder sollen die Bullen suchen.«
»Die Bullen«, sagte Matti, »die suchen gar niemanden.«
Das Bier kam, beide tranken ihre ersten Gläser leer.
»Hier geht es flott«, sagte die Wirtin.
Als sie wieder hinterm Tresen stand und sich von dem Pärchen anlallen lieÃ, sagte Anja. »Ist schon komisch, plötzlich einen neuen Vater zu haben. Und schon ist er tot.« Wieder eine Träne.
Matti streichelte sie an der Schulter. »Versteh ich«, sagte er. Aber so richtig verstand er es nicht.
»Komm, wir besuchen noch den Kronawitter. Und dann geb ich Ruhe.«
Matti kratzte sich am Ohr. »Na gut.«
Sie neigte sich zu ihm und nahm ihn in den Arm. Ihr Kopf lag an seinem Hals. Das Haar kitzelte. So saÃen sie eine Weile, und Matti wurde warm. Sie setzte sich wieder gerade hin, wischte sich die Träne aus dem Auge und blickte Matti an. »Danke.«
Sie tranken schweigend aus. Matti zahlte. Als sie drauÃen waren, wankte Anja. »Lass uns laufen, ist nicht weit.«
Sie schoben die Fahrräder die HermannstraÃe entlang. Sie lag im Dämmerschein der Laternen und der wenigen Schaufenster, die beleuchtet waren. An einem Türkenimbiss stand eine Gruppe junger Männer mit Baseballkappen, umgekehrt aufgesetzt. Neben dem Eingang der Apotheke in der Kienitzer StraÃe saà ein alter Mann mit Hut auf dem Boden, einen Pappbecher zwischen den Beinen. »Halt mal«, sagte Anja und gab Matti das Rad. Sie warf ein Geldstück in den Becher, der Mann hob nicht einmal den Kopf.
»So möchte ich nicht enden«, sagte sie, nachdem sie ihr Rad wieder neben ihm schob.
»Der Mann wollte auch nicht so enden. Es ist Pech, es kann jeden treffen. Heute, morgen â¦Â«
Sie schwiegen bis zum Hauseingang in der OkerstraÃe.
Twiggy saà in der Küche, Dornröschen tippte in ihrem Zimmer. Es klapperte leise. Twiggy unterhielt sich mit Robbi, der sich darauf beschränkte zu schnurren. Obwohl die WG es manchmal hoffte, wussten doch alle, dass Robbi sein Schweigegelübde nie brechen würde. Der Kater hatte eben Charakter.
»ân Abend«, sagte Matti.
»ân Abend«, antwortete Twiggy, ohne hochzuschauen.
Matti und Anja setzten sich an den Tisch.
»Ihr habt âne Fahne«, sagte Twiggy.
» Bäreneck «, sagte Matti.
»Um Gottes willen.«
Anja fummelte an der Espressomaschine rum. Twiggy zeigte mit dem Finger. »Erst da drücken, dann da. Vorher Kaffee ausklopfen.«
Es hörte auf zu klappern, als die Maschine zu spotzen begann. Dornröschen stand in der Tür. Sie lehnte sich an den Türrahmen, die Brille war auf die Nasenspitze gerutscht. »Na, wie gehtâs Ingrid?«
Matti fasste zusammen, was sie mit Ingrid erlebt hatten. »Die ist echt fertig.«
»Klar«, sagte Dornröschen. »Aber es sind nicht alle fertig, die rauskommen.«
»Woran liegt es?«, fragte Anja.
»Wahrscheinlich an dem da drin«, brummte Twiggy und tippte sich an die Stirn.
»Nicht jeder verträgt den Knast gleich schlecht«, sagte Dornröschen. »Vielleicht, wenn man mit sich im Reinen ist â¦Â«
»Schluss mit der Küchenpsychologie«, sagte Twiggy. »Haben Holmes und Watson eine Spur entdeckt?«
»Idiot«, sagte Matti.
Twiggy lachte.
»Was hatâs gebracht?«, fragte Dornröschen.
»Wir sollen Kronawitter fragen«, sagte Anja.
Dornröschen stieà einen schrillen Schrei aus, dann fing sie an zu lachen. Als sie wieder sprechen konnte, sagte sie: »Diesen Pfau! Macht das, es wird lustig. Darf ich mit?«
»Was hast du denn mit dem
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