Ein mörderischer Schatten (German Edition)
lange das dauert.“
„Schon gut. Ich hab es nicht eilig.“
Sie hatten kaum im Wartezimmer Platz genommen, als auch schon eine Ärztin erschien.
Toni erhob sich mit Simon und warf einen zögernden Blick auf Thea.
„Ich warte hier mit ihr“, bot Mark an.
Mit einem ernsten Nicken verschwanden Mutter und Sohn im hinteren Teil der Notaufnahme. Mark atmete erleichtert aus. Jetzt, wo Hilfe da war, entspannte er sich ein wenig. Er legte die Ellbogen auf seine Knie und sah sich in dem verlassenen Wartezimmer um, bis sein Blick auf das Mädchen viel. „Dein Bruder wird schon wieder.“ Sie nickte nur. Dann schnappte sie sich ein Kinderbuch und blätterte darin rum. Mark betrachtete die Kleine. Sie hatte Ähnlichkeit mit ihrer Mutter. Dieselben rotbraunen Haare und braunen Augen. Und im Moment denselben ernsten Gesichtsausdruck mit der gerunzelten Stirn und den leicht zusammengekniffenen Augen. Er hätte sie gern aufgeheitert, allerdings hatte er keine Ahnung, was man so mit kleinen Kindern redete. Er stieß die Luft aus und starrte auf das Poster an der gegenüberliegenden Wand, das Kinder ermutigte, sich immer die Zähne zu putzen. Mark dachte daran, wie Antonia vor seiner Tür gestanden hatte. Sie hatte so verzweifelt ausgesehen. Mark war nur froh, dass er kurz zuvor aufgehört hatte, Playstation zu spielen. Bei dem Krach, den seine Spiele machten, hätte er niemals die Klingel gehört. Er seufzte und sah auf die Uhr. Zehn Minuten. Wie mochte es dem Kleinen gehen? Ihm schauderte jetzt noch, wenn er an die Fahrt hierher dachte. Auf den Schrecken müsste er jetzt eigentlich dringend eine rauchen, aber er wollte das Mädchen jetzt auch nicht alleine lassen. Er sah wieder zu ihr hinüber und bemerkte, dass sie ihn fragend ansah.
„Bist du ein echter Verbrecher?“
Mark starrte sie an. „Äh, nein“, antwortete er verwundert. „Ich bin kein Verbrecher. Wie kommst du darauf?“
„Dann warst du auch noch nie im Gefängnis?“
„Was? Nein!“, stieß er irritiert aus. „Warum fragst du das?“
„Mama sagt, du warst im Gefängnis. Da hast du auch die Tattoos her.“
„Aha! So was erzählt dir deine Mutter? Die sollte-.“
„Nein, ich hab gehört wie sie mit Sabine erzählt hat.“
„Tja, da hat deine Mama sich geirrt“, brummte er wütend. „Nicht jeder, der tätowiert ist, war im Gefängnis!“
„Ich hab auch schon mal ein Tattoo gehabt. Eine Rose. Hier auf dem Arm.“ Sie zeigte auf ihr dünnes Oberärmchen. „Aber kein echtes. Wenn ich groß bin, dann mach ich mir aber eins.“
Mark wusste nicht, was er darauf sagen sollte. Zugegeben, die Tätowierungen hatte er sich zu einer Zeit zugelegt, in der er etwas neben sich gestanden hatte und er gab zu, sie sahen alles andere als ansprechend aus, aber daraus zu schließen, er wäre ein Verbrecher! Die Frau war unglaublich. Er mochte eine Zeit lang am Rande der Legalität gewandelt haben, aber damals war er kaum erwachsen gewesen, Himmel noch mal! Und er hatte rechtzeitig die Kurve gekriegt. Aber nun hatte er die Tattoos nun mal, und er sah keine Möglichkeit, sie wieder loszuwerden. Trotzdem war es eine Unverschämtheit, herumzuerzählen, er wäre ein Krimineller. Sie kannte ihn nicht mal! Wütend schüttelte er den Kopf und wippte nervös mit dem linken Bein auf und ab. Jetzt eine Zigarette!
Als seine Nachbarin dreißig Minuten später wieder mit dem Jungen im Wartezimmer erschien, verpuffte sein Ärger. Die Frau sah furchtbar aus. Das Kind hingegen lächelte, stellte er fest, als er dieses prüfend ansah. „Alles wieder gut?“, fragte er.
Mutter und Kind nickten. „Ja, wie können gehen“, sagte Antonia und lächelte ihrer Tochter zu. Sie machten sich auf den Weg durch das verlassene Krankenhaus. Ein Kind an jeder Hand wandte sie sich Mark zu. „Danke, dass Sie gewartet haben, Herr Fracht.“
Mark winkte ab. „Und es ist Mark.“
Toni zögerte. „Also schön, Mark, danke dass du uns geholfen hast.“ Sie schwieg einen Moment, ehe sie fortfuhr: „Es war ein Krupp-Anfall. Die Ärztin hat ihn inhalieren lassen und zum Glück ist es dadurch besser geworden. Zuerst hat sie gedacht, sie müsse ihn hierbehalten, in dem Zustand, wie er hier eingetroffen ist.“ Sie vergewisserte sich, dass Thea und Simon sich unterhielten und abgelenkt waren und senkte ihre Stimme, ehe sie weitersprach. „Sie hören ja, dass es noch nicht ganz weg ist. Ich muss ihm in einer Stunde noch ein Kortisonzäpfchen geben, aber die Ärztin meint, das Schlimmste ist
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