Ein mörderischer Schatten (German Edition)
hatte Simon sich da irgendwas eingefangen. Also war der Badeteich erst einmal gestrichen. Zum Glück ging es Simon am Freitagabend schon wieder gut, und so beschlossen sie, am Samstag Kanu zu fahren.
Die erste Stunde brachte Toni und die Kinder zu der Erkenntnis, dass Kanufahren einfacher aussah als es in Wirklichkeit war. Jeder hatte sein eigenes Paddel bekommen, eine Schwimmweste und einen wasserdichten Behälter. Dann waren sie in das Kanu gestiegen und stießen sich vom Bootssteg ab. Bis dahin war noch alles einwandfrei verlaufen und alle stießen voller Elan ihre Paddel ins Wasser. Dann fingen die Probleme an. Während die anderen unzähligen Kanufahrer an ihnen vorbeizogen, bewegte ihr eigenes Kanu sich nur unwesentlich vorwärts. Es bewegte sich, sogar sehr viel, allerdings in die falsche Richtung. Es fuhr nach links, nach rechts, im Kreis, aber nur minimal vorwärts. Nachdem die vierte Familie an ihnen vorbeigerudert war, hatte Toni genügend Blicke auf die Technik der anderen Leute werfen können und meinte nun zu wissen, wie sie von der Stelle kamen. Ein Kind ruderte links, eines rechts, und Toni, die hinten saß, wechselte immer ab. Damit fuhren sie zwar immer noch im Zickzack von einem Ufer zum anderen, doch wenigstens kamen sie voran. Schließlich waren sie vom See aus in einen der vielen Kanäle abgebogen, die die über sechshundert Seen der Mecklenburgischen Seenplatte miteinander verbanden. „Seht ihr, Kinder. Es klappt immer besser“, schnaufte sie schließlich, als sie es geschafft hatten, eine längere Strecke zurückzulegen, ohne die Mitte des Kanales zu verlassen.
Eine weiter e Stunde später warf Toni einen ratlosen Blick auf ihre wasserdichte Wasserwanderkarte, die der freundliche Angestellte des Kanuverleihs ihr in die Hand gedrückt hatte. „Also, ich weiß nicht, Kinder, hier sind wir bestimmt nicht richtig.“ Der Wasserweg wurde immer schmaler und seit Ewigkeiten hatte sie niemand mehr überholt oder war ihnen entgegengekommen.
„Das sieht hier aus wie im Dschungel, Mama“, rief Simon begeistert. Toni drehte die Karte. Die Seen und die Kanäle, die dort aufgezeichnet waren, sahen alle gleich aus. Eigentlich müssten sie jetzt auf einem großen See sein. Waren sie aber nicht. Toni erinnerte sich an eine Meldung, die sie erst gestern Morgen im Radio gehört hatte. Eine fünfzigjährige Frau hatte sich mit ihrem Boot hier auf der Seenplatte verrudert und war erst am nächsten Tag gefunden worden. Toni hatte noch den Kopf geschüttelt und sich gewundert, wie so etwas passieren konnte. Nun, jetzt konnte sie es sich nur zu gut vorstellen. Einmal falsch abgebogen und schon war man bald darauf in den Nachrichten. „Kinder, wenn hinter der nächsten Biegung nicht ein großer See kommt, drehen wir um.“
„Och, Mama!“
„Nein, wirklich, Thea. Nachher haben wir uns verlaufen. Oder verrudert oder was auch immer. Wir sind hier ganz alleine auf diesem Abschnitt des Gewässers. Das kann doch nicht normal sein. Bis vor einer halben Stunde sind uns die ganze Zeit immer wieder Kanus entgegengekommen. Und hier? Garnichts.“
„Doch Mama, guck doch“ ,rief Simon und Toni blickte hinter sich in die Richtung, in die Simon zeigte. Ein gutes Stück hinter ihnen paddelte wirklich jemand. „Hmm, tja, hoffen wir, er hat sich nicht auch verpaddelt.“
Eine Viertelstunde später, hinter der Biegung war kein See gewesen, gab Toni auf. „Wir drehen um, Kinder.“
„Och, bitte, Mama. Wir können ja den anderen Kanufahrer fragen.“
Toni sah wieder hinter sich. „Der ist zu weit weg. Komisch. So langsam, wie wir von der Stelle kommen, müsste der uns doch eigentlich schon längst überholt haben.“ Toni betrachtete die Person genauer. Von der Statur her würde sie ihn für einen Mann halten. Glaubte sie. Er hatte ein Regencape an und die Kapuze übergezogen. Toni sah zum Himmel. Bewölkt, aber weit und breit kein Regen in Sicht. Merkwürdig. „Na gut, wir warten, bis er uns eingeholt hat und ich frag ihn, ob er mir zeigen kann, wo wir sind.“
Ein paar Minuten später beobachtete Toni beklommen, dass auch der Mann aufgehört hatte, zu rudern und sich treiben ließ. Wenn sie es nicht besser wüsste, würde sie denken, er wolle nicht näher kommen. Nein! Sie würde jetzt nicht wieder so anfangen. Sicher war er müde vom Rudern. Toni taten nach zwei Stunden auch schon die Arme weh und wer weiß, wie lang der Mann schon paddelte. Sicher einer der zahlreichen Wasserwanderer, die wochenlang
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