Ein moerderisches Geschaeft
Jungs hatten eine Dauerwette abgeschlossen, bei der es um die Art der Komplimente ging, die Avery bekam. Da Andrews keine Bemerkung über ihre Beine gemacht hatte, war Lou der Gewinner. Ihre Beine waren ziemlich aufsehenerregend, und die meisten Männer nahmen das sofort zur Kenntnis, aber Andrews war offenbar kein Beine-Enthusiast.
»Wieso passiert mir nie so was?«, wollte Margo wissen. »Ich bin doch auch ganz hübsch, oder nicht?«
»Klar bist du das«, bestätigte Lou.
»Und ich möchte eines Tages heiraten und eine Familie gründen«, fuhr sie fort, als hätte Lou gar nichts gesagt. »Avery hingegen hat bei zahllosen Gelegenheiten ganz deutlich gemacht, dass sie niemals heiraten will. Es ist einfach nicht fair. Andrews und ich würden wunderbar zusammenpassen. Ganz bestimmt. Aber er hat mich nicht eines Blickes gewürdigt.«
»Was bringt dich auf die Idee, dass ihr zusammenpasst?«, fragte Lou.
»Er ist ein ganz Heißer«, antwortete sie. »Und kein Mensch mag heiße Typen lieber als ich. Wir wären perfekt füreinander«, sagte sie über die Schulter, während sie sich in ihr Kabuff zurückzog.
Mel steckte seine Geldbörse in die Tasche und ging wieder an die Arbeit. Um Viertel nach vier stand er auf und rief: »Avery, es wird Zeit für dich.«
»Gib mir nur noch zehn Minuten …«
Aus den zehn Minuten wurde eine Dreiviertelstunde und Avery kam erst nach fünf aus dem Büro. Zum Glück tat ihr Knie heute nicht mehr so weh und sie konnte wieder schnell laufen. Trotzdem verpasste sie ihr Flugzeug. Auf der Interstate waren zwei Fahrbahnen wegen eines Unfalls gesperrt gewesen, und als sie schließlich den Flughafen erreichte und zum Terminal sprintete, hatte die Maschine bereits abgehoben.
Avery spielte mit dem Gedanken, nach Hause zu fahren und sich in ihr Bett zu legen. Seit einer Woche hatte sie keine Nacht länger als vier, fünf Stunden geschlafen und sie war ziemlich kaputt. Aber sie gab dem Drang nicht nach. Carrie würde sie umbringen, wenn sie sich um einen ganzen Tag verspätete.
Ein Aufenthalt im Utopia entsprach nicht ihrer Vorstellung von einem angenehmen Urlaub. Sie fuhr nur ihrer Tante zuliebe hin. Wenn sie an einen unbekannten Ort kam, wollte sie sich alles anschauen, was es zu sehen gab, und Land und Leute kennen lernen. Sechs Tage in einer Wellnessfarm eingesperrt zu sein behagte ihr gar nicht, aber sie hatte es versprochen und würde jetzt nicht kneifen.
Der nächste Flug über Denver nach Aspen war ausgebucht und sie musste die Route über D. C. nehmen. Schließlich landete sie in Grand Junction, Colorado. Und sie musste bis zum nächsten Morgen auf den Anschlussflug warten. Nachdem sie ihr Gepäck abgeholt und in einem Hotel in der Nähe des Flughafens eingecheckt hatte, rief sie Carrie auf ihrem Handy an. Die Mailbox schaltete sich nach dem ersten Klingeln ein. Avery vermutete, dass ihre Tante das Telefon gerade auflud und schon zu Bett gegangen war – in Aspen war es bereits Mitternacht. Sie hinterließ die Nachricht, dass sie gegen Mittag in der Schönheitsfarm eintreffen würde.
Dann rief sie im Utopia an, um Bescheid zu geben, dass sie sich verspätete. Da sie auf Carries Mailbox gesprochen hatte, bat sie die Telefonistin nicht, sie mit der Suite ihrer Tante zu verbinden.
In dieser Nacht schlief Avery wie eine Tote, und am folgenden Morgen hörte sie beim Frühstück mit Toast, Saft und Milch ihre Mailbox vom Büro ab. Über zwanzig Nachrichten erwarteten sie, aber glücklicherweise war nichts Dringendes dabei. Sie machte sich Notizen, während sie zuhörte, dann löschte sie eine Nachricht nach der anderen. Carries Redeschwall brachte sie zum Lächeln. Carrie schien richtig aufgeregt zu sein, weil sie in einer Bergvilla übernachtete, in der angeblich schon Tom Cruise Gast gewesen war. Es war typisch für ihre Tante, dass eine solche Banalität sie begeisterte. Avery löschte auch diese Message und fuhr fort, bis sie alle durch hatte.
Um Viertel nach acht war sie aufbruchbereit. Während der Mann an der Rezeption ihre Rechnung ausdruckte, studierte Avery die Landkarte von Colorado. Aspen war nicht allzu weit von Grand Junction entfernt, nur etwa zweieinhalb Fahrstunden. Zufällig hörte sie das Gespräch eines älteren Paares mit an, das von der schönen Landschaft schwärmte, und entschied spontan, sich einen Wagen zu leihen und selbst zur Wellnessfarm zu fahren. Sie nahm den Pendlerbus zum Flughafen, mietete einen Sedan und machte sich auf den Weg.
Avery trug ihre
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