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Ein Mord am Ende der Welt. Kriminalroman. (German Edition)

Ein Mord am Ende der Welt. Kriminalroman. (German Edition)

Titel: Ein Mord am Ende der Welt. Kriminalroman. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Knieps
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rüsten, kam die Mannschaft bei den Scilly-Inseln vorbei, dort vom Kurs ab und vier seiner einundzwanzig Schiffe mit knapp eintausendfünfhundert Mann Besatzung versanken in den heftigen Fluten.“
    „Das ist ja grausam!“ entwich es mir. „Sind diese Männer zu Geistern geworden?“
    „Nein, nur Cloudesley Shovell und ein Matrose!“
    „Und warum?“
    „Es geht die Legende um, dass Cloudesley Shovell einen Tag zuvor auf seinem Schiff einen Matrosen an der Rah hat aufknüpfen lassen, weil dieser behauptete, die Gewässer zu kennen und dass die Schiffe unweigerlich auf Grund laufen müssten, wenn sie auf dem Kurs blieben. Cloudesley Shovell änderte den Kurs seines Schiffes und trieb damit direkt in einen heftigen Sturm. Einen Tag später starb Cloudesley Shovell in den Fluten und seitdem kämpfen die Geister des von ihm aufgeknüpften Matrosen und Cloudesley Shovell in den Fluten – bis in alle Ewigkeiten.“
    „Das erzählt er jedem Gast, der es hören will“, tönte es von der Frau des Kochs.
    „Und Sie sagen, dass die Geister immer noch gegeneinander kämpfen?“ wollte ich wissen. „Nach all den Jahren?“
    „Ja!“ erwiderte der Koch. „Und ich habe sogar einen Beweis! Denn genau zweihundert Jahre später, vor achtzehn Jahren, im Dezember neunzehnhundertsieben, kam der auf der Welt einmalige Siebenmaster Thomas W. Lawson an den Scilly-Inseln vorbei und wurde in einem heftigen Sturm zum Kentern und Sinken gebracht. Augenzeugen auf den Scilly-Inseln berichteten davon, dass am Morgen des Tages noch gutes Wetter geherrscht hatte, aber dann, als der Siebenmaster am Horizont auftauchte, entwickelte sich binnen weniger Momente ein Sturm, dessen Form das Antlitz eines Kommandanten in voller Montur zeigte.“
    „Der Sturm hatte das Antlitz eines Kommandanten in voller Montur?“ fragte ich ungläubig. „Sie denken da wohl an Cloudesley Shovell?“
    „Nur an den kann ich denken – aber nicht nur ich! Diejenigen, die das Antlitz des Sturms gesehen haben, mit ihm sozusagen Auge in Auge standen, die erzählten, dass es wie das Spiegelbild des alten Captains ausgesehen habe!“
    „Das waren vor allem die beiden größten Schandmäuler der Inseln“, mokierte die Frau des Kochs von jenseits der Theke.
    „Und wenn es zwei Kirchenmäuse gewesen wären! Sie haben beide gesehen…“
    „Der eine ist blind und der andere ständig besoffen! Die sehen alles, was sie sehen wollen – und gar nichts“, schoss sie direkt zurück.
    „Erstens, meine gute Frau, ist das ganze jetzt achtzehn Jahre her, da hatte Bingham noch genug Augenlicht, um das Phänomen sehen zu können und Wolfe war gerade erst dreizehn!“
    „Der war doch schon im Mutterleib betrunken!“ behauptete die Frau des Kochs und mittlerweile musste ich mir ein Grinsen verkneifen – nicht wegen der Geschichte oder dem, was erzählt wurde, sondern wegen der streitbaren Beziehung, die die beiden Inhaber des Restaurants miteinander führten.
    Die Frau des Kochs – wie meine Mutter hieß sie Maria mit Vornamen – brachte uns eine weitere Kanne Tee und servierte dazu einen feinen Apfelkuchen mit Rosinen, den sie gerade aus dem Ofen geholt hatte.
    „Ausgerechnet wieder Apfelkuchen“, dachte ich mir, doch ich ließ mir nichts anmerken.
    „Damit Sie mir bei den Geschichten meines Mannes nicht vor Hunger umfallen!“ lachte sie und schnitt den noch dampfenden Kuchen an.
    „Du bist und bleibst eine olle Meckerziege!“ sagte ihr Mann. „Wenn du doch mal mehr den Menschen Glauben schenken würdest!“
    „Und wenn du mal ab und an deinen Kopf benutzen würdest, kämen dir Gedanken, dass das völliger Schwachsinn ist, was die beiden dir weismachen wollen! Das Bild eines Kommandanten in voller Uniform im Antlitz eines Sturms! Ich glaube, so langsam ist bei dir der Notstand ausgebrochen!“
    Jetzt schien es heftig zwischen den beiden zu werden und in diesem Moment hatte ich das Gefühl, dass sich soeben ein Sturm zusammenbraute, der jedoch weniger das Antlitz eines Kommandanten in voller Montur, sondern vielmehr das Antlitz einer keifenden Ehefrau hatte, die ihrem Mann den Kopf wusch.
    „Aber nehmen wir mal an, dass die beiden die Wahrheit gesagt haben, dann…“ versuchte es der Koch erneut, doch gleich fiel ihm seine Frau wieder ins Wort.
    „Was für einen unglaublichen Grund soll denn der Kommandant gehabt haben, genau zweihundert Jahre nach dem Untergang seines Schiffes, als Sturm wieder auf die Erde zu kehren, um einen Siebenmaster zu versenken, der

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