Ein Mord am Ende der Welt. Kriminalroman. (German Edition)
durfte, verlassen konnten, ohne weitere Spuren oder direkt nach dem Täter zu suchen. Denn dass es in diesem Hotel spukte oder es vor Dieben wimmelte – daran hatte ich keinen Zweifel mehr!
Mein Vater organisierte einen Wagen, der uns nach St. Levan brachte. Dort hielten wir an der großen Telegraphenstation, die am Rande der Ortschaft lag, und obwohl ich mich am Anfang innerlich sträubte, diesen Ausflug interessant zu finden, musste ich im Nachhinein sagen, dass mich die Größe und die Mächtigkeit der Station tief beeindruckte.
Wir verbrachten einige Zeit innerhalb der Stationen, sahen zu, wie Nachrichten eintrafen und weitergemeldet, Textmeldungen kontrolliert, dechiffriert, kodiert und getippt wurden, und wunderten uns allgemein über die allseitige Betriebsamkeit, die von außen in dieser Form nicht erkennbar war.
Nach zwei Stunden meldete sich bei uns dreien der Magen und wir fuhren in ein Restaurant, einem der wenigen in der Stadt und ließen aufdecken. Entgegen der Familienregel sahen wir davon ab, schweigend das Essen einzunehmen und sprachen schon während der Mahlzeit davon, dass das Essen eine seltsame Würze hatte, die einerseits interessant, aber andererseits merkwürdig schmeckte. Als dann der Koch vorbeikam und bei uns nachfragte, ob es denn geschmeckt hätte, konnte ich nicht an mir halten und musste fragen, welche Gewürze der Koch verwendet habe. Dieser beantwortete die Frage sehr ausführlich und nannte uns mehrere unbekannte Kräuter und Gewürzsorten. Dazu nannte er uns ihre Verwendung in der Küche in Asien, wo er zwanzig Jahre seines Lebens verbracht hatte, und von seinem Versuch, diese Kräuter und Gewürze mit dem traditionellen englischen Essen zu verbinden.
Wir attestierten dem Koch, dass das Essen auf jeden Fall eine neue Erfahrung für unseren Gaumen gewesen war, auch wenn es gewöhnungsbedürftig blieb. Der Koch war erfreut, dass wir den ungewohnten Geschmack seines Essens nicht grundlegend ablehnten, was manch andere Gäste durchaus taten. Dann erhielt er die Speisen mit dem Vermerk zurück, dass er doch bitte anders würzen oder sie sich selbst hineinstopfen solle.
Auch nach dem Essen blieb der Koch noch etwas bei uns sitzen. Wir redeten über seine Jahre in Asien, wie er in diesen unbekannten und weit entfernten Ländern lebte, in denen die Sitten und Eigenheiten der Menschen so anders sein mussten. Doch dann, ohne dass ich im Nachhinein nachvollziehen konnte, wie wir auf dieses Thema stießen, kamen wir zu einer Erzählung, die mir eigentümlich in Erinnerung geblieben ist. Irgendwann fragte mein Vater, wie lange man von St. Levan auf die Scilly-Inseln brauchen würde, von deren mehr als hundert Inseln man bei gutem Wetter von St. Levan gut dreißig sehen könnte.
„Zu den Scilly-Inseln gibt es eine uralte Erzählung“, sagte der Koch, der sich seit seiner Reise nach Asien Eremijah nannte. „Zu dieser Erzählung muss ich aber sagen, dass ich sie anfangs kaum glauben konnte, doch nachdem ich vor Ort war, um mir ein eigenes Bild zu machen, bin ich mir nun nicht mehr sicher, dass sie nicht doch wahr sein könnte.“
„Du erzählst doch nicht schon wieder deine dämliche Geschichte über die Geister von den Scilly-Inseln, oder?“ fragte plötzlich eine weibliche Stimme in meinem Rücken.
Als ich mich vor Schreck umdrehte, sah ich eine Frau im Alter des Kochs, und wie sich herausstellte, war es auch seine Frau, die gemeinsam mit ihm das Restaurant führte.
„Die Geister von den Scilly-Inseln?“ fragte ich interessiert.
„Schon wieder eine Geistergeschichte!“ stöhnte mein Vater auf. „Kannst du denn gar nicht genug von solchen Gruselgeschichten bekommen?“
„Nein, Vater! Es ist doch spannend, sich solche Geschichten anzuhören, denn es sind und bleiben Geschichten!“
„Das würde ich nicht zu laut sagen“, meinte der Koch in einem mysteriösen Tonfall, und plötzlich erinnerte ich mich an die Begebenheiten der Nacht, die ich über die Ereignisse des Tages in den Hintergrund geschoben hatte.
„Erzählen Sie mir bitte von den Geistern der Scilly-Inseln“, bettelte ich fast.
„Na gut, aber sag bitte nachher nicht, dass ich dir Angst gemacht hätte!“
„Nein, ganz bestimmt nicht!“
„Gut! Im Jahr siebzehnhundertsieben focht Sir Cloudesley Shovell als Kommandant einer englischen Flotte einen grausamen Krieg gegen die französische Flotte bei Toulon. Als er nach Hause zurückkehrte, um frischen Proviant aufzunehmen und für das folgende Jahr zu
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