Ein Mord von bessrer Qualität: Ein Fall für Lizzie Martin und Benjamin Ross (German Edition)
erzählen.
»Es gab keinen anderen Grund, an jenem Samstagnachmittag nach London zu reisen – abgesehen von dem Wunsch, eine Brosche zum Juwelier zu bringen?«, fragte ich, als sie geendet hatte.
»Aber wir haben die Brosche zum Juwelier gebracht!«, sagte sie sofort, erschrocken und halsstarrig zugleich.
»Allerdings, das haben Sie. Ein Constable hat mit dem Juwelier gesprochen, Mr. Tedeschi.«
Bei diesen Worten blickte sie auf. »Was hat er gesagt?«, sprudelte sie hervor.
»Dass Mrs. Benedict und Sie bei ihm gewesen wären und eine Brosche dagelassen hätten.«
»Sehen Sie!«, sagte sie schnell. »Genau das haben wir. Ich habe es Ihnen doch gesagt. Warum fragen Sie erneut danach?«
»Weil ich, Miss Marchwood, ein kleines Problem habe. Es ist folgendermaßen: Sie haben das Juweliergeschäft gegen vier Uhr dreißig verlassen, aber Sie sind erst kurz nach fünf Uhr dreißig in der Galerie erschienen. Mr. Angelis ist sich sicher, was den Zeitpunkt betrifft. Dazwischen liegt eine ganze Stunde. Was haben Sie beide in dieser Zeit gemacht? Oder, genauer gefragt – was hat Mrs. Benedict in dieser Zeit gemacht?«
»Ich weiß es doch nicht!«, heulte sie los. »Ich weiß nicht, um welche Zeit genau wir den Laden von Tedeschi verlassen haben! Wir wurden im Nebel getrennt. Ich bin die Straße auf und ab gelaufen und habe nach ihr gesucht. Ich habe keine Ahnung, wie lange ich gebraucht habe.« Sie zupfte an ihrem Ärmel und brachte ein kleines, spitzenbesetztes Taschentüchlein zum Vorschein. »Woher soll ich wissen, wo die arme Allegra war? Ich hatte sie verloren … für immer, wie sich herausgestellt hat. Vielleicht hat sie schon tot auf der kalten Erde gelegen … oh, es ist mehr, als ich ertragen kann!«
Ich empfand Mitleid mit der armen kleinen Frau, doch ich musste meine Fragen stellen.
»Dann lassen Sie mich ganz offen fragen – gab es einen weiteren Grund für Ihre Reise nach London an jenem Nachmittag? Eine andere Besorgung vielleicht? Oder wollte eine von Ihnen beiden sich mit einer dritten Person treffen?«
»Nein, nein!«, heulte sie zu Tode erschrocken auf. »Es ist so, wie ich es gesagt habe! Sie glauben mir nicht, aber es ist wahr, ich schwöre es! Ich habe Allegra im Nebel verloren! Mr. Benedict gibt mir die Schuld, natürlich tut er das. Nachdem Sie gestern hier waren, bekam er einen furchtbaren Wutanfall. Er hat ein paar entsetzliche Dinge gesagt, aber nichts kann schlimmer sein als das, was ich selbst zu mir sage. Ich gebe mir die Schuld! Seit Ihrem Besuch will er mich nicht mehr sehen. Ich muss in meinem Zimmer bleiben und meine Mahlzeiten allein einnehmen. Wenn ich nach draußen in den Garten gehe, muss ich mich außer Sicht der Fenster seines Arbeitszimmers halten. Und wenn ich ihn kommen sehe, habe ich mich zu entfernen und woanders hinzugehen. Ich habe alle Ladys in meiner Bekanntschaft angeschrieben und angefragt, ob sie eine Möglichkeit wissen. Ich will hier fort. Ich will nicht länger bleiben! Er hasst mich! Ich hasse mich selbst. Es ist alles meine Schuld, ganz allein meine Schuld!«
Tränen kullerten über ihre Wangen, während sie dies sagte. Als sie fertig war, schluchzte sie unkontrolliert und wirkte völlig aufgelöst – genau so, wie sie nach den Worten von Angelis in der Galerie aufgetaucht war, um Allegras Verschwinden zu melden. Das winzige Taschentüchlein war völlig unzulänglich, um ihren Tränenfluss aufzufangen.
Eine schluchzende Zeugin ist außerstande, eine zusammenhängende Aussage zu machen. Ich versuchte sie zu beruhigen. »Hören Sie, es ist nicht Ihre Schuld, dass ein Mörder unterwegs war. Aber ich muss wissen, wieso Mrs. Benedict im Green Park herumgelaufen ist. Wenn sie die Piccadilly auf und ab geirrt wäre, ja – das könnte ich verstehen. Aber dass sie bei derart schlechtem Wetter in den Park gegangen sein soll, obwohl Sie beide nach Ihren Worten nur bis zur Galerie wollten …«
Draußen vor der Tür erklang ein Rascheln, und das Stubenmädchen Parker öffnete.
»Verzeihung, Miss Marchwood und Inspector Ross, aber der gnädige Herr kommt die Auffahrt hoch. Er unterhält sich gerade auf ein Wort mit dem Gärtner, doch er wird jeden Moment hier sein.«
Isabella Marchwood sprang auf. »Er darf mich nicht sehen! Er wird mich auf der Stelle hinauswerfen! Ich weiß nicht, wo ich hinkann. Bitte, Inspector, Sie müssen sofort gehen! Ich kann nicht länger mit Ihnen reden!«
Mit diesen Worten stürzte sie aus dem Salon, und ich konnte hören,
Weitere Kostenlose Bücher