Ein Mord von bessrer Qualität: Ein Fall für Lizzie Martin und Benjamin Ross (German Edition)
kontrollieren und zu manipulieren. Meine Frau, die ein äußerst scharfsinniges Gespür für Menschen hat, hält ihn für einen Schwindler.«
»Ich werde Nachforschungen anstellen«, versprach Dunn. »Ich freue mich, dass Mrs. Ross eine so aufmerksame Beobachterin ist.« Er ließ sich zu einem Lächeln hinreißen. »Und ich weiß auch, dass Mrs. Ross ihren Verstand beisammenhat. Es ist eine Schande, dass wir bei der Metropolitan Police nicht ein paar Frauen von ihrem Schlag einstellen können.«
Der Gärtner war in der Nähe des Eingangs zum Anwesen damit beschäftigt, herabgefallene Blätter und Zweige zusammenzufegen. Er blickte auf, als ich vorbeikam, und begrüßte mich freundlich. »Guten Tag, Inspector!«
Ich hatte ihn bei meinem ersten Besuch nicht selbst gesprochen – das hatte Morris erledigt. Irgendjemand vom Personal musste ihm verraten haben, wer ich war. Bedienstete beobachten alles Kommen und Gehen im Haus einer Herrschaft und wissen im Allgemeinen bestens über alle Vorgänge Bescheid. Ich wünschte mir umso inbrünstiger, dass es Morris gelang, den ehemaligen Butler ausfindig zu machen, Seymour. Sein plötzlicher freiwilliger Abschied aus den Diensten von Benedict musste eine ziemlich drastische Ursache haben.
Noch immer zierte das schwarze Trauerband den Klopfer an der Haustür, jedoch waren die Vorhänge nicht länger allesamt zugezogen. Ich fragte mich, ob sie, sobald das Haus vom Tod Isabella Marchwoods erfuhr, aus Respekt erneut zugezogen werden würden.
Parker öffnete mir die Tür und empfing mich diesmal beinahe erfreut. »Oh, Inspector Ross! Sind Sie hier, um den gnädigen Herrn zu sprechen, Sir? Kommen Sie bitte herein!«
Ich war froh, sie nicht länger in Tränen aufgelöst zu sehen, doch ich befürchtete, meine schlechten Neuigkeiten würden ihren vorherigen Zustand erneut heraufbeschwören. Ich hatte mit Burns ausgemacht, dass ich der Überbringer der Nachrichten sein sollte. Ich hatte Benedict bereits im Zusammenhang mit dem Mord an seiner Frau befragt, und er musste weiterhin als Verdächtiger in diesem Fall betrachtet werden (zumindest nach dem Dafürhalten von Superintendent Dunn). Er war nun sogar – angesichts der Tatsache, dass das neue Opfer ebenfalls Teil der Ermittlungen gewesen war und in seinem Haushalt gelebt hatte – weit oben auf der Liste der Verdächtigen. Ich konnte Dunns Argumentation gut verstehen. Es würde interessant werden zu beobachten, welche Wirkung meine Nachricht auf Benedict hatte. Er war intelligent genug, um zu begreifen, dass die Indizien ihn allmählich mehr und mehr belasteten – und in der Vergangenheit waren nicht wenige Männer allein aufgrund von Indizienbeweisen gehängt worden.
Benedict war in seinem Arbeitszimmer. Auf einer Staffelei hatte man ein großes Ölgemälde aufgebaut. Es war eine jener Kompositionen, die man üblicherweise Stillleben nennt, was so viel heißt wie: Alles auf dem Bild ist entweder tot oder unbelebt. Es zeigte leblose Vögel mit herabhängenden Köpfen, einen unglückseligen Hasen, der an den Läufen aufgehängt war, zwei Fische mit glasigen Augen, die aussahen wie Forellen, ein oder zwei Zinnflaschen sowie eine Flasche Wein in einer Bastumhüllung. Ich hätte es bestimmt nicht in meinem Haus aufgehängt, doch ich wage zu behaupten, dass es in großen Landhäusern einen gewissen Bedarf an dieser Art von Werken gibt.
»Nun?«, begrüßte mich Benedict bei meinem Eintreten, indem er sich von seiner neuen Erwerbung abwandte. »Haben Sie endlich Fortschritte bei Ihren Ermittlungen gemacht?«
»Unglücklicherweise habe ich weitere traurige Nachrichten zu überbringen«, erwiderte ich. »Miss Marchwood wurde heute ermordet.«
Er starrte mich an. »Unsinn!«, sagte er nur.
»Ich habe den Leichnam mit eigenen Augen gesehen, Sir, heute Vormittag. An der Waterloo Bridge Station.«
Er entfernte sich von dem Gemälde, während er mich weiterhin ungläubig anstarrte. Entweder war er ein exzellenter Schauspieler, oder die Nachricht war einfach so unglaublich und schockierend, dass sein Verstand sich weigerte, sie zu akzeptieren. Schließlich drehte er sich um und zupfte an einer Klingelschnur.
Parker erschien.
»Wo ist Miss Marchwood?«, wollte Benedict von dem Zimmermädchen wissen.
»Die Lady ist ausgegangen, Sir«, antwortete Parker. »Sie hat am frühen Morgen das Haus verlassen. Ich glaube, sie wollte nach London fahren. Sie sagte, sie wäre nicht zum Mittagessen zurück.«
Benedict entließ das
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