Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Mund voll Glück

Ein Mund voll Glück

Titel: Ein Mund voll Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
Vom Netzwerk:
du ihm das Hauptbuch vorlegen müssen?«
    »Das nicht, aber er ist einen Warteraum gewohnt, in dem sich die Leute um die Stühle raufen.«
    »Davon träume ich seit drei Monaten.«
    »Sehr originell!« meinte Herr Seehuber. »Jedenfalls legte er mir, als er sich verabschiedete, die Hand auf die Schulter und sah mir mit umflortem Blick ins Auge...«
    »Den Blick kenne ich. Mein Onkel Paul Berwanger — Getreide, Futtermittel und Braugerste — hat bei mir Bürgschaft für die Praxiseinrichtung übernommen. Er kann es sich leisten. Aber mir ist nicht sehr wohl...«
    »Und weißt du, was mein Erzeuger zum Schluß sagte?«
    »Laß mich raten«, schlug Werner Golling vor.
    »Zwecklos, du kommst nie im Leben darauf!«
    »Such dir eine Dame mit Pinkepinke — stimmt’s?«
    Herr Seehuber setzte den Keferloher so hart ab, daß das süffige Märzen auf den Tisch schwappte.
    »Wie kommst du darauf?« fragte er verblüfft.
    »Siehst du den Ring an meinem Finger?«
    »Noch sehe ich ihn deutlich...«
    »Nun, vor längerer Zeit machte mir mein guter Onkel Paul — eben jener, der dran glauben muß, wenn die Papierchen platzen, die ich quergeschrieben habe — genau den gleichen Vorschlag. Aber nicht nur so platonisch wie dein alter Herr, sondern mit ganz konkreten Vorstellungen. Brauerstochter mit vierzig bis fünfzig Mille auf jedem Bäckchen...«
    Herr Seehuber ließ einen respektvollen Pfiff hören: »Donnerwetter, zweihundert Mille?«
    »Ich meine nur die Bäckchen im Gesicht!«
    »Na immerhin! Und hast du den Goldfisch tatsächlich an den Haken bekommen?«
    »Ich habe, wie du siehst. Aber, Freund, das ist eine lange und verzwickte Geschichte. Denn recht eigentlich hat die Dame mich an den Haken genommen, um den Knaben zu angeln, den sie wirklich kriegen möchte...«
    »Moment mal«, sagte Herr Seehuber und untersuchte den Bierfilz, auf dem er die genossenen Krüge abgezeichnet hatte, »wir sind doch erst bei der dritten Maß, und du redest, als ob du mindestens sechs intus hättest.«
    »Ich erkläre es dir später...«
    »Da bin ich wirklich gespannt! Aber wer sagt dir denn, daß mir mein Alter nur mit platonischen Absichten kam? Er offerierte mir die Tochter eines Heizöl-Grossisten. Einziges Kind auf einem Haufen Kies. Von ihrem Gebiß war er geradezu begeistert. Nur ein einziger Weisheitszahn macht ihr Kummer, das Biest liegt quer...«
    »Na, denn mal ran an den Speck! Weshalb sollst du es besser haben als ich?«
    »Ich bin Romantiker, das ist mein Unglück. — Eine andere Sache: Wie sieht’s bei dir im Geldbeutel aus?«
    »Was soll die romantische Frage?«
    »Ich schlage einen Tapetenwechsel vor. Kannst du mir bis zum Ersten zwanzig Emmchen pumpen? Du kannst sie von der nächsten Monatsmiete abziehen...«
    »Du bist wirklich ein Romantiker, aber du sollst die zwanzig Piepen haben.«
    Als Elfriede ihn am nächsten Tag gegen Mittag aus dem Bett trommelte, hatte Werner bis zum dritten Tapetenwechsel noch alles deutlich in Erinnerung. Der Rest lag hinter Milchglas. Aber er fühlte sich pudelwohl und bemerkte mit Vergnügen, daß Tante Hedi, die die Zügel bei Onkel Paul doch so straff hielt, für seinen Bummel fast Worte der Anerkennung fand und so tat, als wäre er ihr ein wenig unheimlich geworden, wenn er nicht endlich einmal über die Stränge geschlagen hätte. Seinetwegen wurde sogar das übliche Samstagessen, gesottenes Rindfleisch mit Meerrettich, abgesetzt, und Elfriede brachte pikante Sardellenschnitzel auf den Tisch.
    »Um mich hast du niemals solches Trara gemacht«, maulte Onkel Paul.
    »Bei dir hätte ich jeden Tag Trara machen müssen«, antwortete Tante Hedi kühl und schob Werner die Schale mit den scharfen Gewürzgürkchen zu.
    »Falls du morgen nach Harpfing fahren willst, kannst du meinen Wagen nehmen«, sagte Onkel Paul. Er schien darauf zu warten, daß Werner ihm den Vorschlag machen würde, mitzukommen. »Dein VW sieht wirklich aus, als ob ihn nur noch der Lack zusammenhält...«
    »Schönen Dank für das Angebot, Onkel Paul, aber ich fahre nicht. Hannelore hat sich für morgen nachmittag angemeldet. Das übliche Programm: endloser Schaufensterbummel, Kino, und zum Schluß irgendein Spezialitäten-Restaurant.«
    »Übrigens bin ich davon überzeugt, daß der Danner Schorsch hundert Mille ausspucken wird«, sagte Onkel Paul. »Deine Hannelore scheint ihm schwer auf der Brust zu knien. Und seit er sich deine Praxis angesehen hat, muß er wohl zu der Ansicht gekommen sein, daß das Geld gut investiert

Weitere Kostenlose Bücher