Ein nackter Arsch
Und ich glaube, Frau Mollet war nicht dafür gemacht. Ich habe sie sehr gemocht, aber sie hat mir auch immer leidgetan.“
„Und was hat Sie jetzt bewogen, mich anzurufen?“
„Nun, Sie haben ja gemerkt, dass wir auf Betriebsdisziplin großen Wert legen. Das war Herrn Schmidtbauer immer sehr wichtig. Und ich kann auch nicht wirklich konkreter werden. Denn es gab nur diese Gerüchte. Aber ich fand es schon merkwürdig, dass Herr Schmidtbauer nicht wollte, dass der Personalchef sich weiter um Frau Mollet bemüht. Da muss irgendwas zwischen dem Chef und seiner Assistentin vorgefallen sein.“
„Darf ich Sie etwas Persönliches fragen?“
Simarek deutete das Schweigen am anderen Ende der Leitung als Zustimmung. „Mochten Sie Ihren Chef?“
„N…ein.“
Die Antwort kam zögerlich, war aber dennoch bestimmt. Emilie Schrader hatte gewusst, was sie tat, als sie Simarek anrief. „Ich mochte ihn nicht. Wir sind uns nie besonders nahegekommen, und ich bin froh darüber. Ich glaube, er war ein roher Mensch, der tagsüber im Büro eine Maske trug. Die machte ihn zwar nicht sympathisch, ließ ihn aber bürgerlich normal erscheinen. Aber auch wenn in der Firma an der Oberfläche immer alles korrekt verlief, es gab Vorfälle, da hat er auch sein anderes Wesen erkennen lassen. Er soll einzelne Mitarbeiter bedroht haben. Und ich denke, er war es gewohnt, sich zu nehmen, was er wollte.“
„Wen hat er bedroht?“
„Herr Simarek, auch das sind nur Gerüchte, ich reime mir da einiges zusammen, denn in der Firma wird über solche Dinge nicht gesprochen. Wir mögen kein Gerede. Das ist Hauspolitik. Aber zwischen dem Chef und Herrn Bergmann hat es erst vor einer Woche eine heftige Auseinandersetzung gegeben. Das konnte ich durch die geschlossene Bürotüre hören. Natürlich nicht, was gesprochen wurde, aber dass laut gesprochen wurde, das war zu hören. Und als Herr Bergmann das Büro verließ, hatte er einen hochroten Kopf.“
„Sie meinen, er könnte einen Grund gehabt haben, Schmidtbauer umzubringen?“
Der Kommissar wusste intuitiv, dass Emilie Schrader diesen Zusammenhang keinesfalls herstellen wollte und gab ihr so die Chance, vehement zu widersprechen.
„Um Gottes Willen, nein! Wolfgang ist ein weicher Mensch. Er ist ein Grübler und Zweifler. Aber doch keiner, der einen anderen tötet.“
„Wolfgang?“ Simarek hatte sehr genau hingehört. Unter der Fassade betriebspolitischer Korrektheit gab es also auch bei ASP menschliche Kontakte unter einzelnen Mitarbeitern. „Wie gut kennen Sie Herrn Bergmann, Frau Schrader?“ Simarek hörte die gar nicht mehr so graue Maus am anderen Ende der Leitung etwas erröten.
„Kann das unter uns bleiben?“
„So lange es für die Ermittlung nicht von Bedeutung ist, selbstverständlich. Und wenn Herr Bergmann mit dem Tod von Alfons Schmidtbauer nichts zu tun hat, dann verspreche ich, wird Ihre Beziehung zu ihm nicht von Bedeutung sein.“
„Gut, wir hatten mal ein kurzes Techtelmechtel, wie man so sagt. Aber Wolfgang ist glücklich verheiratet und hat zwei Kinder. Uns ist schnell klar geworden, dass wir am besten einfach Freunde sind, mehr nicht.“
„Und da hat er Ihnen nicht gesagt, um was es bei dem Streit mit Schmidtbauer ging?“
„Dazu war er an dem Tag viel zu aufgeregt. Er ist wie ein Verrückter aus dem Büro gerauscht. Das war am Freitag vor einer Woche. Und seitdem hat er Urlaub. Ich habe ihn nicht gesehen und nicht gesprochen bis heute morgen. Er war nur da, weil Duvall ihn angerufen hatte. Und ehrlich gesagt, nachdem Herr Schmidtbauer nun tot ist, wollte ich das Thema lieber nicht ansprechen.“
„Das finde ich sehr umsichtig von Ihnen“, sagte Simarek. „Sie werden verstehen, dass ich trotzdem mit Herrn Bergmann sprechen muss. Ich werde das diskret tun. Darf ich ihm sagen, worüber wir gesprochen haben?“
„Selbstverständlich. Wolfgang wird verstehen, dass ich mit Ihnen sprechen musste. Und er wird nicht der Einzige sein, mit dem unser Chef so umgesprungen ist.“
„Sie meinen, Feinde könnte es genug geben und nicht nur außerhalb von ASP , wie Ihr Prokurist behauptet hat?“
„Das meine ich, und auch Herr Duvall wird dem zustimmen, wenn er darüber mal zwei Minuten nachdenkt.“
Das Gespräch war beendet und Simarek überrascht, wie offen Emilie Schrader mit ihm gesprochen hatte. Er würde ihr Geheimnis hüten.
„Und, was hast du rausbekommen?“
„An Blies und Saar ist jedem klar, dass Alfons so beliebt nicht war“, paarreimte
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