Ein nackter Arsch
haben Sie die Leiche gefunden. Das haben sie in den Nachrichten gesagt. Bleibt also ein überschaubarer Tatzeitraum.“
Simarek dachte, dass Bergmanns analytische Fähigkeiten so manchem Ermittler zur Ehre gereicht hätten. Er hörte dem Fertigungsleiter weiter aufmerksam zu.
„Ich habe zu Hause jedenfalls direkt die erste Flasche Bier geköpft und dann weitergetrunken, auch harte Sachen. Irgendwann bin ich hier auf dem Teppich vor der Glotze eingeschlafen. Als ich aufwachte, war es früh am Morgen und mein Hals kratzte fürchterlich.“
Simarek erinnerte sich daran, dass er am Samstagmorgen in einem vergleichbaren Zustand erwacht war. Allerdings immerhin in seinem Bett.
„Und Ihre Frau kann nicht bestätigen, dass Sie die ganze Zeit zu Hause waren und auf dem Teppich eingeschlafen sind?“, hakte er nach.
„Kann sie nicht. Katharina war mit den Kindern in Britten bei einer Cousine zum Geburtstag. Dort haben die drei dann auch übernachtet und sind erst am Samstagmorgen wiedergekommen. Da war ich aber schon rasiert und geduscht.“
„Also kein Alibi.“
„Nein.“
„Ihr Chef hat Ihnen also vorgeworfen, Ihre Leistung lasse nach. War das alles?“
„Nein. Das war nur der offizielle Vorwand, mir zu drohen. Der inoffizielle war ein anderer.“
„Und?“
Bergmann stockte.
„Sie haben gestern bei ASP auch nach Gesine Mollet gefragt. Jeder bei uns ahnte, dass Schmidtbauer ein Verhältnis mit ihr hatte. Und jeder, der unseren Chef kannte, wusste auch, dass er sich nimmt, worauf er meint, ein Recht zu haben. Als ich damals merkte, dass Gesine Mollet immer angegriffener aussah, habe ich sie angesprochen und gefragt, ob sie Hilfe brauche. Sie hat nur traurig den Kopf geschüttelt und ist mir ausgewichen. Danach hat sie gekündigt. Aber es gehört nicht viel Fantasie dazu, sich vorzustellen, wie die Beziehung zwischen Schmidtbauer und Gesine Mollet ausgesehen hat.“
„Sie können eins und eins zusammenzählen.“
„Zumal der Chef in letzter Zeit ein Auge auf eine neue Mitarbeiterin in meiner Abteilung geworfen hatte. Wieder eine junge Frau von Ende zwanzig. Gut aussehend. Und auch etwas zerbrechlich wirkend, genau wie Gesine Mollet. Doch bei der ist er offenbar erstmal abgeblitzt.“
„Woher wissen Sie das?“
„Weil er von mir verlangt hat, der jungen Kollegin zu sagen, wenn sie eine Perspektive bei ASP haben wolle, dann müsse sie zugänglicher sein.“
„Und das haben Sie abgelehnt.“
„Selbstverständlich habe ich das abgelehnt. Er hat mir gedroht, sich richtig in Rage gebrüllt. Was ich mir denke. ‚Ich ruiniere dich‘, hat er gesagt, Familie und Haus könne ich vergessen. Er hat noch gebrüllt, als ich das Büro verlassen habe.“
„Und dann sind Sie nach Hause gefahren?“
„Ja. Und jetzt bin ich erleichtert, dass Schmidtbauer tot ist. Denn er wird mich nie mehr anbrüllen und mir nie mehr drohen. Aber umgebracht habe ich ihn trotzdem nicht.“
„Darf ich mal einen Blick in den Kofferraum Ihres Landrovers werfen?“ Der Kommissar folgte einem plötzlichen Impuls.
Bergmann begleitete Simarek vor die Haustüre und öffnete die Heckklappe. Blitzblank präsentierte sich der Laderaum, der mit einem neuen Teppich ausgelegt war.
„Sie haben das Auto nicht kürzlich erst geputzt?“
„Doch, gestern. Gemeinsam mit den Kindern.“
Bergmann zuckte mit den Schultern, als wolle er sagen: „Dumm gelaufen.“
„Sie tun wirklich alles, meine Verdachtsmomente zu zerstreuen.“ Simarek wusste, dass die Indizien genug hergaben für eine vorläufige Festnahme. Aber er war ein Polizist, der sich auf seinen Instinkt in der Regel verlassen konnte. Und der sagte ihm, Wolfgang Bergmann war nicht der Täter, selbst wenn hier einige Verdachtsmomente anscheinend zusammenpassten. Simarek irrte sich selten in solchen Dingen. Und deshalb bekamen Wolfgang Bergmanns Kinder zum Mittagessen etwas anderes vorgesetzt als Hamburger mit Fritten. Simarek war sich nicht ganz sicher, ob diese sich wirklich darüber freuten.
„Und du hast ihn nicht vorläufig festgenommen?“
„Fabio, mein Gefühl sagt mir, dass das ein Zusammenspiel blöder Zufälle ist. Das frisch geputzte Auto und die durchsoffene Nacht ohne Alibi. Das ist dumm gelaufen für Bergmann, mehr nicht.“
„Und wenigstens die Kriminaltechniker das Auto untersuchen zu lassen?“
„Na ja, das können wir ja immer noch machen. Ich bin mir aber eigentlich sicher, dass das nichts bringen wird.“
„Va bene“, antwortete Trulli, der zudem
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