Ein nackter Arsch
sie bitten, den Verein zu checken? Vielleicht gibt es den schon gar nicht mehr. Vierzig Jahre sind ja echt eine lange Zeit.“
Simarek kratzte einmal mehr seinen Handrücken. Er dachte nach. Schmidtbauer war also offenbar ein Gewohnheitsmensch, dessen Leben festen Abläufen folgte. Jeden Freitag derselbe Spruch beim Abschied aus seiner Firma. Darauf folgte der Besuch in seiner Hundezucht im Bliesgau. Jemand, der in seinem Leben gerne festgelegten Routinen folgte, war für einen Mörder natürlich leichter auszurechnen als jemand, der immer wieder spontan wechselnden Eingebungen nachgab.
„Wenn Schmidtbauer immer bestimmte Rituale pflegte“, dachte Simarek laut nach, „dann kriegen wir doch bestimmt raus, was er gewöhnlich nach seinem Besuch in der Hundezucht machte.“
„Zuerst besuchte er noch die Mutter von Marius im Pflegeheim und dann ging er in die Sauna“, antwortete Fabio wie aus der Pistole geschossen.
„Bitte, seit wann und woher weißt du das denn?“
Bei Simarek hatte etwas plopp gemacht.
„Marius hat das erzählt. Er sagte, dass Schmidtbauer freitags immer dasselbe Programm hatte. Erst besuchte er die Hundezucht, dann Marius’ Mutter und anschließend ging er in die Sauna.“
Plopp! Minze und Seife. Schmidtbauer war also in der Sauna gewesen. Und Simarek war sofort klar, dass dieser nur dort gestorben sein konnte. Aber wo war diese Sauna? Und warum besuchte er Marius’ Mutter im Pflegeheim? Da waren so viele neue offene Fragen, dass der Kommissar für einen Moment nicht wusste, wo er ansetzen sollte. Er sammelte sich.
„Fabio, zwei Fragen. Erstens, hat Marius gesagt, warum Schmidtbauer die Mutter regelmäßig im Pflegeheim besuchte?“
„Nein, er sagte, er habe keine Ahnung. Schmidtbauer kenne sie einfach von früher.“
„Und weißt du, wo diese verdammte Sauna ist, in die Schmidtbauer immer ging?“
„Sorry, Cheffe, aber auch das wusste Marius nicht. Du denkst auch, dass Schmidtbauer dort gestorben ist?“
„Ein nackter Toter mit Seife unter den Fingernägeln und einem Minzeblatt an der Hand, der regelmäßig freitagabends in die Sauna ging, wo sollte der sonst gestorben sein? Da passt doch alles zusammen.“
„Scusi? Schmidtbauer ist doch an Giftgas gestorben.“
„Richtig, und ich weiß auch wie. Wir reden später drüber. Ich muss jetzt dringend telefonieren. Und du rufst Michelle an.“
Der Kommissar saß in seinem Büro und starrte an die Wand. Commissario Montalbano aus Vigata kam ihm in den Sinn. Er hatte am Morgen, noch bevor er seine Wohnung verlassen hatte, vier weitere Kapitel auf dem Klo sitzend verschlungen. In diesen Kapiteln ging es um die „Form des Wassers“, die dem Krimi von Camilleri auch seinen Titel gegeben hatte. Die Frage nach der Form des Wassers ergab, dass Wasser keine eigene Form besitzt. Es nimmt immer die Form an, die man ihm gibt. Bei Montalbano war das ein Gleichnis dafür, dass in einer politischen Intrige verschiedene Interessensgruppen die Todesumstände eines Opfers für ihre Zwecke zu nutzen versuchten. Das hieß, man drapierte die Leiche in eindeutiger Situation an einem Straßenstrich und versuchte so, den Ruf des Opfers zu ruinieren. Na ja, charakterlich so ganz astrein, fand Simarek, war der ermordete „Ingegnere“ bei Montalbano nicht gewesen. Das galt so ähnlich auch für Simareks Opfer. Auch Schmidtbauer sollte der Lächerlichkeit preisgegeben werden und war nicht gerade ein beliebter Zeitgenosse gewesen. Und auch hier spielte die Form des Wassers eine Rolle. Oder vielmehr der weitere Inhalt, die Form des Giftgases, das Schmidtbauer später eingeatmet hatte. Simarek wählte die Nummer der Rechtsmedizin.
„Fischmayr.“
Der Kommissar hörte schon an der Stimme, dass der Mediziner wie immer nicht auf Smalltalk programmiert war.
„Herr Doktor, ich glaube, ich weiß, wie und wo Schmidtbauer gestorben ist.“
„Ich nehme an, Sie sagen es mir auch gleich.“
„Einen Moment noch. Sie haben mir erklärt, dass Blausäure in flüssiger Form nicht gefährlich ist, aber bereits bei sechsundzwanzig Grad siedet und dann tödliches Gas freisetzt.“
„Korrekt.“
„Schmidtbauer ist in der Sauna gestorben und hat sich vermutlich selbst vergiftet.“
Fischmayr dachte schnell und ergänzte: „Ah. Er war allein in einer Sauna und hat sich einen Aufguss gemacht. Und im Wasser war ein guter Schuss Gift. Und als das in die Luft kam, war es vorbei mit Schmidtbauer.“
„Genau so muss es gewesen sein.“
„Dann muss es aber
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