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Ein nasses Grab

Ein nasses Grab

Titel: Ein nasses Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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aufgegabelt? In Liverpool wahrscheinlich.«
    »Nicht ganz«, antwortete Balderstone. »Im Epping Forest.«
    »Menschenskind«, sagte Dalziel. »Da muss sie aber ganz schön falsch abgebogen sein.«
    »Kann man wohl sagen«, sagte Balderstone. »Jemand hat ihr eins über den Schädel gezogen und sie dann erwürgt.«
     
    Die Leiche von Annie Greave war um neun von einem Reiter im Epping Forest entdeckt worden. Sein Pferd hatte gebockt, als er an einem Haufen loser Äste und vermodernder Blätter vorüberwollte, die aussahen, als wären sie hastig in einem flachen Graben zusammengetragen worden. Der Mann stieg ab, zog einen Ast weg, und was er da in all seiner unnatürlichen Pracht durchschimmern sah, war Annie Greaves rotes Haar.
    Mit ihr im Graben lagen ein Koffer und eine Handtasche, was die Identifikation deutlich erleichterte. Als die Polizei in Liverpool über den Tod der Frau informiert und gefragt wurde, ob über sie etwas bekannt sei, erinnerte man sich, dass Cross am Abend zuvor angerufen und darum gebeten hatte, man möge nach der Frau Ausschau halten.
    »Todeszeitpunkt?«, fragte Dalziel und verzog das Gesicht angesichts der Temperatur seines Biers.
    Nachdem er sich vergewissert hatte, dass Herrie es bequem hatte und sich nicht in unmittelbarer Erstickungsgefahr befand, war er unter Hinweis auf sein Berufsethos, das es ihm verbiete, eine derart ernsthafte Angelegenheit auf der Straße zu diskutieren, mit Balderstone ins »Lady Hamilton« zurückgegangen.
    »Noch unbekannt, aber ich glaube nicht, dass es uns viel helfen wird. Was Genaueres als drei Stunden drüber oder drunter bekommt man selten. Aber sie glauben, dass sie vor drei Uhr heute Morgen dort abgelegt wurde.«
    »Wieso das?«
    »Es gab ein Gewitter, das genau um diese Zeit losging. Eine Stunde lang sehr starker Regen. Die Leiche ist dem offenbar ausgesetzt gewesen.«
    »Wen haben die denn da unten?«, fragte Dalziel. »Scheißlock Holmes, oder was? Sonst noch?«
    »Ja, sie wurde nicht ausgeraubt und auch nicht vergewaltigt. Zumindest nicht so, dass man es gemerkt hätte.«
    »Was heißt das wieder?«
    »Sie hatte nicht allzu lange vor ihrem Tod Verkehr. Aber es gibt keine Zeichen von Gewalt. Und ein Essen.«
    »Sind ganz schön auf Zack, diese verfluchten Cockneys«, musste Dalziel widerwillig zugeben. »Unserem Polizeiarzt muss man es zwei Wochen vorher ankündigen, wenn er eine Blutprobe nehmen soll.«
    »Der Pathologe war gerade zufällig zur Hand, als man sie hereinbrachte.«
    »Was hat sie denn gegessen?«, fragte Dalziel.
    »Würstchen.«
    »Das passt«, sagte Dalziel lachend. »Würstchen also. Und ihr Koffer?«
    »Wie bitte?«
    »Sah er so aus, als ob sie ihn selbst gepackt hätte? Hat sich jemand daran zu schaffen gemacht?«
    »Nein, Sir. Alles ordentlich gepackt, haben sie gesagt. Alles sauber gefaltet. Von einer Frau gepackt. Ach ja, und ein paar Flaschen Gin waren da auch drin.«
    »Souvenirs«, meinte Dalziel und dachte, wie gut alles zusammenpasste. Annie Greave war nicht überstürzt abgereist. Nein, sie hatte sich entschlossen zu gehen, gepackt und sich schließlich aus dem Staub gemacht, als alle zu beschäftigt waren, um etwas davon mitzubekommen. Am frühen Nachmittag hatte man sie in Lake House zuletzt gesehen, das hatten zumindest Cross’ Fragen ergeben. Aber irgendwas sagte Dalziel, dass sie ihren Aufbruch wahrscheinlich so lange hinausgezögert hatte, bis die Preisverleihungsparty in vollem Gange war.
    Was war dann geschehen? War jemand gekommen, um sie abzuholen? Ein Taxi vielleicht? Zweifellos wurde das überprüft. Oder hatte sie sich von jemandem im Haus zu einer Bus- oder Bahnstation bringen lassen?
    Er versuchte im Geiste zu rekonstruieren, wo die Leute im Haus sich während des Besäufnisses aufgehalten hatten, doch das war ziemlich aussichtslos. Bonnie hatte Mrs. Greave etwa gegen fünf gesucht und nicht gefunden, doch daraus ließ sich lediglich ableiten, dass sie ihr Zimmer um diese Uhrzeit bereits verlassen hatte. Sie konnte noch in der Nähe gewesen sein und auf ihren Chauffeur gewartet haben.
    »Die Frage ist«, sagte Balderstone, »ob sie überhaupt Richtung Süden wollte. Und wenn ja, wusste sie, mit wem sie da mitfuhr, oder hat sie sich nur mitnehmen lassen und verkalkuliert?«
    »Sie meinen, ein Typ, der seinen Spaß hatte und dann den Preis dafür nicht zahlen wollte? Möglich wär’s«, sagte Dalziel und ergänzte dann beinahe gehemmt: »Sie werden natürlich auch in Raststätten und solchen

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