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Ein orientalisches Maerchen

Ein orientalisches Maerchen

Titel: Ein orientalisches Maerchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Brooks
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Seele des Hauses war. Und Gerard schien ein sehr enges Verhältnis zu ihr zu haben – das konnte Kit spüren, als er ihr erzählte, wie sehnlich Amina und ihr Mann Assad sich endlich eigenen Nachwuchs wünschten. Und dass die beiden deshalb sogar Assads Bruder Abou und seine Frau Halima, die ebenfalls zu Gerards Angestellten gehörten, fast ein wenig um ihre kinderreiche Familie beneideten.
    Nicht, dass Kit eine unfreundliche Atmosphäre erwartet hatte, doch mit einem solch warmen Empfang hatte sie auf keinen Fall gerechnet. Gedankenverloren folgte sie Gerard, als er ihre Hand ergriff und sie in ein großzügiges Entree zog, von dem sie über eine breite Marmortreppe und einen Rundbogen in einen Patio, einen angenehm kühlen Innenhof gelangten, an dessen Mauern prächtig blühende Bougainvilleen emporrankten. Inmitten Schatten spendender Bananenstauden plätscherten Springbrunnen, und in der Luft verwehte der betörende Duft exotischer Pflanzen, die in allen Regenbogenfarben schillerten.
    „Na, gefällt es dir?“ Gerard musterte sie schmunzelnd.
    „Liebe Güte! Gefallen ist gar kein Ausdruck!“ Überwältigt strahlte sie ihn an. „Es ist geradezu himmlisch!“
    „Diesen Ort liebe ich auch ganz besonders.“ Er nickte ihr zu. „Ich habe zwar weitere Wohnsitze in Essaouira und Casablanca, weil ich dort oft geschäftlich zu tun habe – aber nur hier fühle ich mich wirklich zu Hause.“ Dann ergriff er hintergründig lächelnd erneut ihre Hand. „Komm, ich zeige dir schnell noch die übrigen Räumlichkeiten. Amina hat ein paar Leckereien vorbereitet. Deshalb sollten wir sie nicht mehr allzu lange warten lassen.“
    Kit nickte stumm. Sie war noch viel zu überwältigt, als sie Gerard jetzt durch die verschiedenen Trakte des verwinkelten Hauses folgte. Ein Großteil der Räume hatte gewölbte Decken. In manchen lud ein Diwan mit seidig glänzenden Kissen zum Verweilen ein. Neben marokkanischen Teetischen mit eingearbeiteten Intarsien aus Gold und Silber gehörten Möbel aus dunklen Edelhölzern zur weiteren Einrichtung: Sekretäre im Kolonialstil oder deckenhohe Bücherwände mit einer Fülle großformatiger Prachtbände eingebunden in goldgeprägtes Maroquin, das kostbare marokkanische Ziegenleder.
    In den Wohnräumen im Erdgeschoss lagen handgeknüpfte Berberteppiche auf rötlich warmen Terrakottafliesen. Und im ersten Stock gab es unendlich viele Schlafzimmer – alle mit eigenem Bad, edlem dunklem Parkett und naturfarbenen Berberbrücken.
    Als sie in den Patio zurückkehrten, war der Himmel über ihnen nachtblau, und darin eingebettet funkelten und glitzerten jetzt Millionen von Sternen. Die laue Abendluft war erfüllt vom betörend süßen Duft nach Jasmin und Magnolien. Und neben der wartenden Amina stand eine etwas größere, aber sehr anmutige und freundlich lächelnde Frau Ende dreißig, die Gerard als ihre Schwägerin Halima vorstellte. Kit spürte, dass die beiden Frauen sich gut verstanden und Aminas Kinderlosigkeit ihr Verhältnis offenbar nicht trübte.
    „Ich hoffe, du hast Lust auf ein paar süße Erfrischungen?“ Gerard musterte sie hoffnungsvoll.
    Kit nickte zaghaft. Die Speisen auf dem großen, niedrigen Tisch sahen wirklich verlockend aus, und wenn sie nicht schon so große Müdigkeit verspürt hätte, wäre ihr wohl auch das Wasser im Mund zusammengelaufen. Auf silbernen Platten lag dort geeistes frisches Obst – fein geschnittene Scheiben von Honig- und Wassermelonen, Aprikosen, Kaktusfeigen und blaue und weiße Trauben. Daneben dufteten auf bunten Tellern selbst gemachte kleine Gebäckstücke aus Blätterteig.
    „Komm, setz dich neben mich.“ Gerard deutete auf eins der Sitzkissen, die rund um den Tisch verteilt waren. „Amina und Halima haben sich so viel Mühe gegeben. Wir sollten sie nicht enttäuschen.“
    „Na gut, überredet“, gab Kit sich lachend geschlagen und probierte eine in würzigen Honig getauchte Köstlichkeit. Auch von den leckeren Früchten naschte sie und trank dazu traditionell mit Zucker aufgegossenen marokkanischen Minztee, der in kleinen Gläsern serviert wurde. Irgendwann aber konnte sie beim besten Willen nicht mehr, stützte den Ellbogen auf die Tischplatte, legte ihr Kinn in die hohle Hand und versuchte angestrengt, die Augen offen zu halten. Nach dem süßen Getränk fühlte sie sich so müde …
    Und dann musste sie doch eingeschlafen sein. Denn als sie wieder aufwachte, lag sie geborgen in zwei starken Männerarmen und wurde eine Treppe

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