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Ein orientalisches Maerchen

Ein orientalisches Maerchen

Titel: Ein orientalisches Maerchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Brooks
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Ruhe zu kommen.
    Rasch zog sie einen Morgenmantel über ihr Nachthemd und verließ ihr Zimmer, nachdem sie sich vergewissert hatte, dass im Haus alles ruhig war. Dunkel war es – nur der Mond schien hell – und unheimlich still. Bei jedem Knacken und Rascheln hielt sie den Atem an, aber sie blieb nicht stehen. Ging schnell weiter und schlich über die Treppe nach unten in die Küche.
    Im Kühlschrank fand sie eine Karaffe mit Mandelmilch und machte sich eine Tasse davon in einer Kasserolle auf dem Herd warm. Dieser stand frei mitten in der Küche, und unzählige, blitzblank geputzte Töpfe und Pfannen hingen darüber, was dem Raum einen besonderen Charme verlieh.
    Sehr hübsch, doch Kit nahm das alles nur am Rande wahr. Sie fühlte sich am Boden zerstört, sterbenselend und schrecklich allein. Dieser Mann, der gesagt hatte, dass er sie begehrte, hatte sie einfach aus seinem Leben verbannt. Und im Grunde war sie selbst schuld daran.
    Hör endlich auf, dich selbst zu bemitleiden! Tief durchatmend schluckte Kit entschlossen die aufsteigenden Tränen hinunter, schüttete die Milch in einen Becher und ging aus der Küche. Sie würde ihr Gedächtnis wiederfinden. Vielleicht gab es ja auch eine Möglichkeit, ihren englischen Verlobten, dessen Stimme ihr am Telefon übel aufgestoßen war, nicht zu heiraten. Niemand konnte sie zu der Ehe zwingen, wenn sie es nicht wollte.
    Gerade war sie in den Patio gehuscht, als ein Geräusch sie zusammenzucken ließ. Schnell versteckte sie sich hinter einer Palme und wartete. Das Herz schlug ihr bis zum Hals, während sie ihre Blicke durch den Innenhof schweifen ließ.
    „Ich glaube, du musst mich kneifen, um mich davon zu überzeugen, dass du keine Fata Morgana bist.“
    Kit schrak zusammen, als sie Gerards Stimme hinter sich hörte. Im Gegensatz zu ihr wirkte er geradezu furchterregend ruhig – und saß auf der Bank, auf der sie selbst hatte Platz nehmen wollen.
    „Ich dachte, ihr würdet alle schon schlafen“, presste sie hervor und zog verlegen den Gürtel ihres hauchzarten Morgenmantels etwas fester.
    „Nun, ma belle, wie du siehst, habe ich auch noch keine Ruhe gefunden.“ Er seufzte, und Kit, deren Augen sich allmählich an das Zwielicht gewöhnten, entdeckte auf dem Boden eine Flasche Whisky und ein Glas. „Willst du mir nicht Gesellschaft leisten?“ Er machte eine einladende Handbewegung.
    Kit atmete tief durch. Aber auch die kühle Nachtluft konnte es nicht verhindern, dass ihr ganz heiß wurde. Sie hatte versucht, gegen ihre Gefühle anzukämpfen – vergeblich.
    Himmel! Er trug wieder seinen Kaftan und sah aus wie ein geheimnisvolles Wesen der Nacht. Ihre innere Stimme riet ihr zum Rückzug.
    „ Mon Dieu, hör auf, mich so anzustarren! Und keine Angst, ich werde dir schon nichts tun.“ Er stand auf und legte ihr eine Hand auf den Arm. „Und jetzt komm. Du wolltest doch offenbar zu dieser Bank. Dann setz dich auch.“
    Er hielt sie nicht fest. Berührte sie nur leicht. Doch bereits davon wurde ihr schwindelig. Ihre leise innere Stimme mahnte wieder. Aber die Beine versagten ihr den Dienst – und jetzt ließ sie sich von ihm auf die Bank ziehen.
    „Kit“, sagte er, und seine Stimme klang ganz rau. „Willst du mich eigentlich noch? So wie dort oben in den Bergen, erinnerst du dich?“
    Ob sie sich daran erinnerte? Allein bei dem Gedanken zog sich ihr Herz schmerzhaft zusammen. „Aber nach dem, was gestern zwischen uns vorgefallen ist, da glaube ich nicht, dass …“
    Er lachte rau, rückte etwas näher an sie heran. Dann streichelte er sie sanft mit den Fingerspitzen hinter dem Ohr, und sie erschauerte. „Kit, bitte, ich habe gestern versucht, ganz ruhig mit dir zu reden. Willst du mir keine Chance mehr geben?“
    Sie saß abwehrend da und völlig verspannt. Wollte ihm nicht in die Augen sehen – und tat es dann doch. Konnte auch nicht wieder wegschauen – sein Blick hielt sie fest.
    „Was ist? Willst du mir nicht antworten?“
    „Ich …“ Warum sage ich ihm nicht, dass ich Angst habe? „Bitte, lass mich …“
    „Nein. Ich will eine Antwort.“ Heiserkeit schwang in seiner Stimme und der Hauch von französischer Erotik. „Sag mir, dass du mich nicht willst, nichts empfindest, wenn ich dich in meinen Armen halte, und ich rühre dich nie wieder an, das verspreche ich dir.“
    Sämtliche Alarmglocken in ihrem Kopf schrillten. Ihre Nackenhaare sträubten sich, reagierten auf die elektrische Spannung in der Luft. Und sie hörte das Blut in ihren Ohren

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