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Ein Ort für die Ewigkeit

Ein Ort für die Ewigkeit

Titel: Ein Ort für die Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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Furcht durchzuckte ihn.
    »Könnte sein«, sagte Miller grimmig. »Eines steht fest. Sie ist nicht zu Fuß von hier weggegangen, außer wenn sie sich umgedreht hätte und direkt zum Haus zurückgegangen wäre. Aber wenn das der Fall war, warum hätte man dann den Hund festgebunden und die Schnauze verklebt?«
    »Vielleicht wollte sie sich an ihre Mum heranschleichen? Oder ihren Stiefvater?« rätselte einer der Polizisten.
    »Der Hund hätte sie aber sowieso nicht angebellt, oder? Es hätte keinen Sinn gehabt, ihm die Schnauze zu verkleben und ihn zurückzulassen«, sagte Miller.
    »Außer wenn sie vermutet hätte, daß bei ihr oder ihm ein Fremder war«, sagte George halblaut.
    »Na ja, mein kleiner Finger sagt mir, sie hat die Lichtung hier nicht aus eigener Kraft verlassen«, sagte Miller entschlossen und ging mit seinem Hund den Pfad hinunter.
    George näherte sich dem Collie vorsichtig. Das Winseln wurde zu einem leisen Knurren. Wie hatte Ruth Hawkin ihn genannt? Shep, das war’s. »Okay, Shep«, sagte er sanft und hielt dem Hund seine Hand hin, damit er an seinen Fingern riechen konnte. Das Knurren hörte auf. George zog seine Hose etwas hoch und kniete sich auf den unebenen und erbarmungslos gefrorenen Boden hin. Sofort sah er, daß es Heftpflaster der stärkeren Sorte von einer fünf Zentimeter breiten Rolle war, mit einem zentimeterbreiten Mullstreifen in der Mitte. »Nur ruhig, Mädchen«, sagte er, während er mit einer Hand das dichte Fell im Nacken der Hündin ergriff, damit sie den Kopf stillhielt. Mit der anderen Hand zog er am Ende des Pflasters, bis er es genug gelockert hatte, um es abzuziehen. Er sah auf. »Kann mal einer von euch herkommen und dem Hund den Kopf halten, während ich das Zeug hier wegmache.«
    Einer der Polizisten nahm den nervösen Collie zwischen die Beine und packte ihn fest am Kopf. George ergriff das Heftpflasterende und zog, so fest er konnte. In weniger als einer Minute hatte er das letzte Stück abgerissen und entkam knapp den zuschnappenden Zähnen des Collies, der in Panik geraten war, weil ihm mit dem Pflaster Fellstücke herausgerissen wurden. Der Polizist hinter ihm sprang hastig zur Seite, als der Hund herumfuhr und ihn anfallen wollte. Als Shep merkte, daß ihr Maul wieder frei war, ließ sie sich auf den Boden fallen und fing an, die Männer wütend anzukläffen. »Was machen wir jetzt, Sir?« fragte einer der Polizisten.
    »Ich lasse sie los, um zu sehen, wohin sie uns führt«, sagte George und klang zuversichtlicher, als ihm zumute war. Er trat vorsichtig näher, aber der Hund machte keine Anstalten, ihn anzugreifen. Er nahm sein Taschenmesser heraus und zerschnitt den Strick. Das hatte den Vorteil, daß man den Knoten aufbewahren konnte, für den Fall, daß irgend etwas Besonderes daran war.
    Sofort rannte Shep los. George versuchte, den Hund festzuhalten, war aber nicht auf so viel Wucht gefaßt. »Verdammt!« brüllte er, als der Strick durch seine Finger rutschte und die Haut aufriß. Einer der Polizisten wollte den Strick packen, aber es gelang ihm nicht. George ballte seine blutende Hand zur Faust und mußte hilflos zusehen, wie der Hund den Pfad entlangrannte, auf dem Miller und Prince die Lichtung verlassen hatten.
    Ein paar Augenblicke später hörte man unbestimmte Geräusche, und Miller rief streng: »Platz!« Dann war es still. Und dann hallte ein schauriges Heulen durch die Nacht.
    George suchte in seiner Tasche nach einem Taschentuch und folgte dem Hund. Nachdem er zehn Meter in den Wald hineingegangen war, traf er auf Miller und die zwei Hunde. Prince lag auf dem Boden und hielt die Schnauze zwischen den Pfoten. Shep saß mit zum Himmel erhobenem Kopf da, machte das Maul auf und wieder zu und stieß eine lange Reihe erbärmlicher Klagelaute aus. Miller hielt den Strick und ließ den daran zerrenden Collie nicht los. »Sie will offenbar dorthin«, sagte Miller und wies mit dem Kopf von der Lichtung weg den Pfad hinunter.
    »Dann gehen wir ihr nach«, sagte George. Er verband seinen blutenden Daumen mit dem Taschentuch und übernahm den Strick von dem Hundeführer. »Na komm, Mädchen«, ermunterte er den Collie. »Zeig’s mir.« Er schüttelte den Strick.
    Sofort sprang Shep auf und lief schwanzwedelnd den Pfad entlang. Sie gingen ein paar Minuten im Zickzack durch die Bäume, dann führte der Weg aus dem Wald hinaus ans Ufer eines schmalen, schnell fließenden Bachs. Der Hund setzte sich mit hängender Zunge hin und sah verwirrt zu ihm

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